One Shot Collection

Regenzeiten

Der Regen prasselte auf sie hinab. Ihre Klamotten waren durchnässt und ihre nassen Haare klebten an ihren Schultern. Ihr war kalt, doch sie verdrängte es. Sie verdrängte alles. Den Regen, die Kälte, die Dunkelheit. Sie vergaß alles, bis auf ihn. Es war ihr egal, wie sie aussah. Alles war ihr egal. Bis auf er. "Julian!" Sie schrie so laut sie konnte. "Julian!" Sie bemerkte, wie ihre Stimme brach. Verzweifelt schluchzte sie. "Bitte." Ihre Stimme wurde immer leiser. Aus dem Schreien wurde ein Flüstern. "Julian..." Tränen liefen ihr über ihre zarte Wange.

Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihren Schultern. Die Hand war warm und weich. Als sie ihre kalte nasse Haut berührte, war sie wie elektrisiert. Langsam drehte sie sich um und blickte in seine braunen Augen. "Julian!" Sie stürzte sich auf ihn, schlang ihre Arme um ihn und erdrückte ihn fast. Sie wollte ihn nicht mehr loslassen. Sie wollte ihn nicht gehen lassen. Nicht nochmal. Sie spürte die angenehme Wärme seines Körpers und glaubte, nicht mehr zu frieren. Er schlang seine Arme um ihre Hüfte. Sie drückte ihren Kopf an seinen Oberkörper und er legte seinen Kopf auf ihre Schulter. Es schien ihm nichts aus zu machen, dass sie vollkommen durchnässt war. So verweilten sie einige Zeit. Plötzlich ließ er sie los. Überrascht zog sie ihre Arme zurück und schaute ihn mit verständnislosem Blick an. Er schüttelte mit dem Kopf. "Es tut mir Leid. Ich kann nicht." Seine Stimme war ruhig, aber entschlossen. "Nein .... bitte.", flüsterte sie mit letzter Kraft. Er schaute ihr ein letztes Mal tief in die Augen, ehe er sich umdrehte und in dem dunklen Haus verschwand. Sie blieb einsam auf der Straße zurück und starrte gedankenverloren auf das Haus. Eine Träne tropfte in die große Pfütze unter ihren Füßen. Der Regen wurde immer stärker.