~ Kapitel 1

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Es war düster und kühl im Wald. Wie jedesmal war es so kalt, dass ich meine Füße kaum spüren konnte und meine Hände blau anliefen. Doch ich rannte um mein Leben, trotz höllischen Schmerzen an der Brust. Ich hatte zu sehr Angst nach hinten zu schauen, denn ich wusste, dass die pechschwarze Gestalt direkt hinter mir war. Meine Sicht war tief dunkel. Ich hatte keine Kraft mehr und ließ mich unsanft auf den feuchten Boden fallen, welcher mit vielen kleinen Kieselsteine und Blättern bedeckt war. Mein Gesicht war kalt und tat weh. Ich fing an bitterlich, unkontrolliert zu schluchzen. Schwer stützte ich mit meinen Ellenbogen. Ich schlug einmal kräftig mit meiner rechten Faust auf die Kieselsteine und schrie weinerlich laut auf: "Nein!". Ich packte meine ganze Mut zusammen und stellte mich vor es schnell auf meine Knie und schlug paarmal auf den Boden. "Lass mich gehn'. Lass mich frei. Lass mich verdammt nochmal los", kreischte ich es wie immer an, was natürlich nichts brachte.

Immer wieder schlug ich, diesmal mit meinen Handflächen, auf den harten Boden, bis sie bluteten. Ich hob zittrig und langsam meine Hände, um mein Gesicht zu bedecken und jammerte leise vor mich hin. Mein Gesicht war voller Blut, was mir aber derzeit völlig egal war. Denn ich war es gewohnt. Wie jede Nacht. Ich spürte es langsam auf mich kommen, denn es wurde kälter als sonst. "Ich werde wieder kommen", flüsterte es in einer weiblichen Stimme die aber trotzdem sehr tief und gruselig war. Ich bekam Gänsehaut und schloss meine Augen fester zu. Alles war still, außer ich. Mein Atem war unregelmäßig. Ich zitterte wie noch nie im meinem Leben zuvor. Vor Angst. Vor Kälte. Ich blickte nach oben. Noch einmal kreischte ich laut auf und schloss dabei fest meine Augen.

Plötzlich wachte ich schwer atmend auf. Ich richtete mich sofort und stützte mich mit meinen zittrigen Händen an der Decke ab. Ich war schweißgebadet und mein Hals tat mir unglaublich weh und war trocken. Geschockt und verwirrt starte ich auf die Wand. Ich dachte ich werde es nie wieder träumen. Es sind schon Wochen her seit dem ich das nicht mehr träume. Ich will nicht mehr wie früher fast jede Nacht auf diese Art und Weise aufwachen. Aber Hoffnungen habe ich jetzt endgültig keine mehr.
Klick. Meine Nachttischlampe leuchtete auf. Schnell fuhr ich mir über mein Gesicht und atmete tief ein und aus. Alles ist vorbei, Ally. Du bist im realem Leben und dir kann jetzt nichts passieren. Ich wiederholte es paarmal und versuchte mich so immer zu beruhigen, was teilweise auch klappte. Nachdem ich mich nach einer Weile etwas beruhigte, drehte ich mich leicht zu meinem Nachttisch und blickte auf meinen Wecker. 05:43 Uhr. Ich stöhnte kurz auf und fuhr mir seufzend durch meine Haare. Ich bin erschöpft und brauche eine Entspannung, da hilft wie immer das Duschen am besten. So kann ich sowieso nicht aus dem Haus. Also warf ich meine Decke auf die Seite. Ich hatte überhaupt keine Lust auf die Schule und war antriebslos wie immer. Du musst, kam es mir in die Sinne. Ja ich muss. Ein seufzer entkam mir aus den Lippen.

Ich stand vorsichtig auf, da mir etwas schwindelig war. So ist es immer nach einem Alptraum. Ich schlenderte ins Bad und duschte mich schnell. Nachdem ich aus der Dusche ausstieg, cremte und verband ich meinen rechten Schenkel, da es voll von meinem Werk war. Violet. Blau. Gelb. Aber das hilft mir meine inneren Schmerzen und Sorgen für eine Weile zu vergessen. Dies war meine Art von Beruhigung. Noch sehr neue Narben an meinem linken Arm verband ich ebenfalls. Es tut mir leid Amara. Ich kann dein Versprechen nicht halten. Ich versuche es wirklich...

Ich zog meine Unterwäsche an und kämte meine nassen Haare, was ich sofort trocknete. Ich hasste es einfach zu sehr mit feuchten Haaren zu bleiben. Wer mag das schon? Schnell glättete ich noch meine Haare und ging wieder in mein Zimmer um mich zu schminken. Eyeliner, Wimperntusche und Lippenstift. Egal wie sehr ich es versuche, ich bin nie zufrieden mit mir selber. Viele sagen das ich sehr hübsch sei. Wenn ich es bloß auch sehen könnte. Die meisten Mädchen meiner Schule sind schön und haben ein perfektes Leben. Gesundheit. Familie. Einen festen Freund oder Freundin und sind immer glücklich. Zumindest sehen sie so aus. Auch in den Social Media Seiten. Ich verstehe nicht, was ich in meinem Leben falsch gemacht habe. Warum verdiene ich das alles. Wie gerne hätte ich eine ganze Familie die mich unterstützt und bei mir ist. Aber dies war bei mir leider nicht der Fall weil meine Mutter ständig an das Geld denkt und nur auf Geschäftsreisen ist. Mein Vater? Er ist zu sehr mit seiner Affäre beschäftigt. Das bedeutet ich bin fast durchgehend alleine zuhause, da ich auch keine Geschwister habe. Ich will aber nicht mehr so leben, ich kann das nicht mehr aushalten. Sie kümmert sich ein Dreck um mich. Ihnen ist es egal, dass ihre Tochter Selbstmordversuche hatte und völlig kaputt ist. Sie bekommen es gar nicht erst mit. Wir haben durchgehend eine kalte Atmosphäre zuhause. Keine Liebe. Kein Geborgenheit. Keine Wärme. Und das seit 17 Jahren.
Ich blinzelte paar mal meine kleine Tränen weg und atmete tief aus. Nicht jetzt.

Ich nahm die Tablette, die in einer blauen Box lag, die ich täglich zwei mal zu mir nehmen muss. Sie soll mir angeblich dabei helfen glücklicher zu sein. Bei diesen Gedanken musste ich leicht schmunzeln denn es ist totaler Schwachsinn. Das mach ich schon seit einem Jahr mit und die Dosierung steigt, weil es keine Wirkung mehr zeigt. Außerdem hat es Nebenwirkungen. Schwindel Anfälle, Gewicht Abnahme und Stimmungsschwankungen.
Ich nahm eine Tablette und schluckte sie runter. Ich habe mich daran gewöhnt und es ist kein Problem für mich es ohne Wasser zu schlucken.
Ich ging in meinen begehbaren Kleiderschrank und wählte eine schwarze Jeans mit einem einfachem weißen T-shirt. Dazu meinen roten langen Cardigan und meine Doc Martens in rot. Ich sprühte noch Parfüm bevor ich mein Zimmer verließ und die Treppen runter lief.
"Soll ich dir die Nummer von ihm geben?"
Unten angekommen hörte ich meine Mutter reden. Komisch, wer besucht sie den um diese Uhrzeit? Leicht verwirrt blickte ich in die Küche hinein und sah meine Mutter am Telefon hektisch hin und her laufen. Dabei konnte man laut ihre Absätze hören. Augen verdrehend ging ich rein und nahm meine Trinkflasche mit Limetten aus dem Kühlschrank raus. Dazu noch eine frische Mandarine. Beides packte ich gleich in meinen Rucksack. Da ich es hasse Essen an der Kantine zu holen schmierte ich mir mir schnell was. Das Essen schmeckt mir in der Schule sowieso nicht. Kein Wunder, dass mir dort jedesmal das Appetit vergeht, wenn ich an das schwarze Haar denke, dass ich mal in meinem Spätzle gefunden habe. Und nein, es war nicht mein Haar.
Auch das packte ich ein und schulterte meinen Rucksack. "Ist gut jetzt, leg auf", gestresst legte sie auf und schaltete ihre Kaffeemaschine ein. "Ist es was ernstes?" Eigentlich interessierte es mich garnicht, doch ich war zu neugierig. "Nein", sie seufzte, "Termine haben sich vertauscht, Rick kriegt das schon irgendwie hin". Rick war der Assistent meiner Mutter. Ich hasste ihn über alles. Manchmal nähert er sich zu viel und seine Blicke stören mich. Ich habe ihm schon mal versucht zu erklären er soll aufhören aber so einfach ist es doch nicht. Ich nickte. "Okay, ich muss dann los. Bis später.. vielleicht." "Ja ja jetzt mach schon bevor du zu spät kommst." Leicht enttäuscht schaute ich noch in ihre Richtung und ging in den Flur. Das meine ich eben. Was habe ich schon erwartet. Ich versuche immer wieder etwas netter zu sein oder süße Gesten zu machen. Sie lehnt immer ab. Ich atmete einmal tief ein und hob meinen Kopf. Stark bleiben und ignorieren. Wie immer.

Nachdem ich mich kurz im Spiegel ansah und meine Kleidung zurecht zupfte, machte ich die Tür auf und ging raus. Herbtsluft. Ich atmete einmal tief ein und lief los. Während ich lief versuchte ich ungeduldig meine Kopfhörer zu lösen. Jedes. Mal. Wie passiert das überhaupt? Augen verdrehend stecke ich endlich meine Stöpseln in meine Ohren und wähle bei Spotify ein Album aus. Nevermind - Nirvana. Ich musste ein wenig grinsen. Jetzt habe ich erst Recht keine Lust mehr in die Schule zu gehen, sondern zum 'Strand'. Meinen geheimen Ort kennt niemand. Dort gibt es Steine und einzelne wunderschöne Blumen. Der Platz ist etwas kleiner und hat viele Bäume und Büsche um sich. Es riecht immer frisch nach Meer und Blumen. Dort führe ich oft meinen Tagebuch durch, was zu 90% aus Zeichnen besteht, höre sehr laut Musik oder denke einfach stundenlang nach. Bis in die Nacht. Manchmal schreie ich auch, weil es gut tut.
Auf dem Weg zur Schule rauche ich noch eine Zigarette und mache ein paar Snapchat Bilder damit. Schließlich werfe ich die Kippe weg und sprühe noch einmal Parfüm, damit man auch nichts riecht. Stört mich persönlich nicht, aber die kindischen Mitschüler die ich habe. "Allison Rose Smith, du stinkst schon wieder so, ich sage das jetzt dem Rektor" "Du stinkst genauso. 'Petze' ich das dem Rektor? Nein, also sei still" So oftmals meine Antwort. Dannach folgte einmal ein lautes 'ouhh' von der Klasse. Habe ich zwar nicht erwartet, aber hat mich sehr gefreut und außerdem hat das Sky verdient. Ja, ich kann manchmal fies werden.

Hurricane || e.d.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt