Unerwarteter Besuch

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,,W...was machen sie hier?",stottere ich geschockt.In dem Moment kommt eine schlanke Frau von hoher Statur aus der Küche links neben den Polizisten.Ihre blutrot geschminkten Lippen stechen extrem aus ihrem leichenblassen,schmalen Gesicht heraus und dunkelbraune bis schwarze, kurze Haare umrunden ihr Gesicht. Neben ihr steht ein Begleiter, ebenfalls ein Polizist nur eben männlich. Er hat braune, verstrubbelte Haare und einen Bart.
Er ist von schlanker und muskulöser Statur und beide tragen weiße Polizistenuniformen.
Erschrocken lasse ich meine Tasche fallen.
"Miss Sigher, nehme ich an.",sagt die Frau kühl und reicht mir die Hand, "Mein Name ist Gels Haet. Und das ist Cooq Prot. "
Ich schüttle ihre Hände schüchtern. Was haben die hier wohl zu suchen? Freundlich sehen sie nicht gerade aus. Jedenfalls lächelt keiner von den beiden.
"Wa... Was wollen Sie?",frage ich überrumpelt.
Hoffentlich ist nichts schlimmes passiert....
"Ihr Vater ist verschwunden."
Erschrocken öffne ich die Augen, die ich vor Angst zusammengekniffen hatte.
Sekunden lange starre ich sie nur an.. In Starre und unbeweglich.
Dann rühre ich mich.
Ganz, ganz langsam sinke ich auf den Boden und berühre geschockt mein Gesicht.
Dann läuft die erste Träne meine Wange hinunter. Sie ist heiß und nass.
"W... Wo.. Wie... Was?Wissen sie...?",bringe ich hervor, viele der Wörter wollen einfach nicht ausgesprochen werden.
Gels Haet sieht mich mitleidig an. "Genaueres wissen wir noch nicht. Wir wissen nur, dass er zwischen 10 und 13 Uhr alleine im Haus war. "
Die Tränen kullern jetzt schnell über mein Gesicht und tropfen auf den Boden, sicherlich kann man damit einen ganzen See füllen.
Ich hieve mich hoch und Versuche größtenteils alle Tränen wegzuwischen. Ich muss für meine Mutter stark sein. Ich muss für meinen Bruder da sein.
"Wo sind meine Mutter und mein Bruder?",Frage ich tonlos.
"In der Küche. ",sagt der Mann Cooq Prot,der bisher nur schwieg.
Ich laufe zur Küche.

Unsere Küche ist gelb ausgekleideten und ziemlich leer. Nur die nötigen Sachen stehen rum.
Eigentlich herrscht in der Küche immer eine ruhige und friedliche Atmosphäre, wird jedoch jetzt von dem Schniefen meiner eigentlich so strengen Mutter gestört. Sie ist 32 und hat rot-orangenes Haar, insgesamt ist sie eigentlich ziemlich klein.
Neben ihr liegen auf unserer Karierten Tischdecke ein Haufen benutzter Taschentücher.
Mein Bruder sieht mich mit besorgter Miene an.
Er ist 18 und somit zwei Jahre älter als ich.

Bevor ich mir meine Haare blau färbte, hatte ich blonde, ebenso wie mein Bruder und mein gesuchter Vater.

Ich setze mich immer noch ungläubig an den Tisch, auf den knarzenden Eichenstuhl.
"Das... Ist alles doch nicht war?",Frage ich immer noch fassungslos.
Doch meine Mutter heult weiter und mein Bruder schaut erschöpft weg.

Und dann mache ich etwas unglaubliches:Ich lache.
Ich lache laut,viel und halte mir den Bauch, während mir heimliche Tränen aus den Augen kommen.
"Amira alles ok?",mein lieber Bruder Tuker mustert mich misstrauisch.
"Alles... Ok."
Japsend komme ich zu Ruhe und fange an zu heulen.Warum das ganze?Warum unser Vater?Warum ausgerechnet er?Es gibt sieben Milliarden Menschen auf der Welt!Warum er?Das letzte,an das ich mich erinnern konnte,war dass mein Bruder mich in mein Zimmer getragen hat ,mich in mein Bett gelegt,zugedeckt,mir ein Kuss auf die Stirn gegeben hat und dann aus dem Zimmer gegangen ist.Die Polizisten redeten unten mit meiner Mutter bis irgendwann die Tür ins Schloss fiel.

Ich träume von Dad. Er steht in einem dunklen Wald und winkt mir zu.Glücklich renne ich zu ihm,doch er bewegt sich immer weiter weg von mir,bis ich ihn nicht mehr einholen kann und in der Ferne verschwindet. "NEIN!",kreische ich laut und breche heulend zusammen.

Als ich am nächsten Morgen aufwache ist es ruhig.Nicht mal ein Rauschen der Bäume ertönt aus meinem Fenster,kein Vogelgezwitscher oder anderes.Pure Stille.Erschrocken springe ich aus dem Bett.Ich habe verschlafen!Ein Blick auf die Uhr sagt mir 8:00 Uhr.Mist!Schnell hetze ich runter in die Küche und ziehe mir ein rotes ,schulterfreies Shirt über,eine enge Jeans und ein Paar rote Stiefel.Da wir in der Unterschicht leben,habe ich leider nur wenige Klamotten.
Als ich an der Küche vorbei hetze,steht mein Bruder da und backt Pancakes. Ich laufe wieder zur Küche. "Tuker? Was machst du hier?" Er sieht mich lächelnd an. Dann wendet er ein Pancake. "Die Regierung hat uns bis Freitag die Schule gestrichen. Das heißt drei Tage frei!"
Verwirrt sehe ich ihn an.
"Echt?"Freude und Traurigkeit, beides mischte sich in mir. Freude.. Wer mag schon Schule? Und Traurigkeit.. Ich sehe Vivi nicht. Tja, damit werde ich die nächsten drei Tage wohl auskommen müssen.
"Wo ist Mum? Schläft sie noch?" Tuker nickt. "Oben in ihrem Zimmer. Möchtest du einen Pancake? "
Ich nicke freudig und setze mich an den Tisch, sofort serviert mir mein Bruder den Pancake samt Teller, Messer und Gabel. Genüsslich stopfe ich alles in mich rein.

Nach dem leckeren Essen schaue ich in den Spiegel. Augenringe umringen meine Augen und ich sehe aus wie ein Zombie.Eine Freude mehr zu Hause zu bleiben.Schnell versuche ich es irgendwie zu überschminken. Aber raus werde ich heute eh nicht gehen,alle werden mich bemitleiden und so.Darauf habe ich keine Lust.Und ich habe Angst.Große Angst.Es fühlt sich wie eine Last an.Etwas das einen unterdrückt.
Wie ein Gewicht auf den Schultern.
Mit einem gekonnten Schwung ziehe ich meine Wimperntusche über meine Wimpern. Perfekt.
Also stecke ich sie wieder weg und begebe mich schleunigst unter die Dusche.

Während das kalte Wasser - ich liebe kaltes Wasser - an meinem Körper herunter rollt, denke ich nach.
Über vieles, wie zum Beispiel meinem Vater, was jetzt wohl passieren wird und dass ich gestern Abend eigentlich noch duschen wollte. Naja.
Ich scheine die Situation immer noch nicht zu begreifen. Ich drehe das Wasser ab, gerade noch rechtzeitig, denn schon laufen mir heiße Tränen über die Wange.
Das überlebt selbst meine super starke wasserfeste Wimperntusche nicht.  Schluchzend wische ich sie weg und steige aus der Dusche, um sofort danach mein türkisfarbenes Handtuch um mich zu wickeln und so stehe ich nun da,schlotternd vor Kälte und Traurigkeit.
Warum, keine Ahnung.
Es klingelt.
Erschrocken starre ich mich an und Versuche mich tief in mein Handtuch zu wickeln, schnell noch ein Blick in den Spiegel und auf die Uhr, 11:39.Vivi kann es schlecht sein, die ist noch in der Schule. Schnell laufe ich nach unten und brülle durchs Haus:"Selber an die Tür geht nicht, oder was?"
Dann öffne ich die Tür.
Ein Wächter in schwarzer Uniform und einer  Hightech Laserpistole N-24 steht vor mir.
Hinter seiner hellblauen Scheibe entdecke ich zwei strahlende, tiefbraune Augen.
Der Wächter scheint außer Fassung zu sein.
Gespannt und ohne Scham erkunde ich ihn weiter. Er ist alleine, nur in seiner Hand trägt er ein komisches, dunkelgrünes Paket.
"Sorry Ma'am. ",schüchtern legt der Wächter seinen Kopf zur Seite, "Mein Name ist G-5668 und ich gehöre zur Elite Unterschicht. Und uhm.... Ich werde Ihr Bodyguard sein. "

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