Alex' Sinneswandel

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Er räuspert sich und blickt mir ernst in die Augen. Kurz schaut er sich um, ob uns niemand beobachtet und bedeutet mir mit einem Nicken in mein Zimmer zu gehen. Was will er mir so geheimes mitteilen?

Hinter sich schließt er mit einem letzen prüfenden Blick auf die Treppe, die Tür meines Zimmers. ,,Du musst da etwas wissen. In Bezug auf den Fall deines Vaters. Ich kann es dir aber nicht hier erzählen.",abwartend blickt er mich an. Ich muss etwas wissen? Egal was es ist, die Polizei wusste es doch schon vorher...
oder? Wieso diese Geheimnistuerei?
Als ich nicht antworte fährt Alex fort:,,Du gehst jetzt runter in die Küche und erzählst allen, du müsstest wegen der Sache mit deinem Dad ein wenig runterkommen. Sag du gehst in den Park. Dann gehen wir raus und laufen so lange Richtung Park, bis die von der Polizei und nicht mehr sehen können." Eine erstaunliche Entschlossenheit liegt in seinen Augen, wie ich sie bisher noch nicht kennengelernt habe. Völlig anders, als der Alex, der immer nur verletzt dreingeschaut hat, wenn ich ihn angeschnauzt habe. Vor mir stand nun eine komplett andere Person. Er wirkte nun selbstbewusst, entschlossen und...überlegen? Und nicht mehr unterwürfig, verletzt und mehr oder weniger gleichgültig.
Dieser Alex war das genaue Gegenteil von dem vorherigen Alex. Was hat ihn zu diesem Sinneswandel getrieben.
Was es auch war, es änderte nichts daran, das er mein Bodyguard ist. Er hat mir immer noch nichts zu befehlen! Trotzig erwidere ich:,,Warum sollte ich? Du hast mir nichts zu sagen!" Ich werde immer lauter:,,Warum eigentlich diese Geheimnistu..." Eilig legt Alex mir eine Hand auf den Mund.,,Pssssst! Sprich leiser! Niemand darf wissen was wir vorhaben!", zischt er mich an. Hastig schüttel ich seine Hand von meinem Mund und flüstere nun spitz:,,Ach ja?! Was wir vorhaben wüsste ich auch gern!" Genervt rollt er mit den Augen.,,Je eher du das machst was ich sage, desto eher erfährst du es.",,Das werd ich nicht! Ich gehe jetzt runter in die Küche zur Polizei und..." Alex erstickte meine Worte erneut mit seiner großen Hand und dann geht es plötzlich ganz schnell. Grob haut er mir eine Spritze in den Nacken, die er unter seiner schweren Uniform versteckt haben musste. Ich sehe nur noch verschwommen und mir wird schwindelig. Meine Knie fühlen sich an wie Wackelpudding und ich drohe einzuknicken. Alex stütz mich und zischt mir ins Ohr:,,Du machst jetzt auf der Stelle das, was ich dir gesagt habe oder du stirbst in den nächsten 20 Minuten an dem Gift. Außer mir kommt niemand so schnell an das Gegenmittel. Und selbst wenn sie es haben, ist es wahrscheinlich sowieso schon zu spät. Also würde ich dir raten, das zu tun was ich sage." Er grinst hämisch. Gift?! Er hat mich vergiftet? Mein Herz schlägt immer schneller und es fühlt sich an wie ein Presslufthammer, der jeden Moment meine Brust zerspringen lässt. Ich bin mir nicht sicher, ob es ein Symptom des Giftes ist, oder ob es an der Tatsache liegt, das ich tötliches Gift(!) in meinem Körper habe. Ich werde Alex wohl gehorchen müssen, wenn ich nicht heute schon, mit meinen zarten 16 Jahren, sterben wollte.

Hastig schiebt er mich zur Tür heraus, auf die Treppe. Benommen taumel ich die Treppe ,gefolgt von Alex, runter.

Schwankend trete ich in die Küche zu Mom, Tuker und der Polizei und stütze mich am Türrahmen ab, um nicht umzukippen. ,,I-ich gehe in den Park um ein b-bisschen wegen der Sache mit Dad runterzukommen.",bringe ich stammelnd hervor.,,Schatz geht es dir Gut? Du siehst so...",,Ja ich weiß. Ich sehe verheult aus. Aber ist schon ok geht es mir gut.", presse ich in einem gespielt traurigen Ton hervor. So eine riesen Lüge! Aber was hätte ich antworten sollen? Etwa: ,,Ja mir geht's gut. Ich werde zwar in den nächsten 20 Minuten sterben, wenn ich nicht das tue wozu Alex mich zwingt, aber ansonsten alles prima. Danke der Nachfrage."
,,Ok Schatz. Ich brauch mir ja keine Sorgen zu machen, Alex passt auf dich auf. Sei spätestens um 19 Uhr zum Abendbrot wieder da. Sorgst du dafür Alex?" ,, Ja, Miss",brummt er.
Eilig gehe ich aus der Küche, vor die Haustür.

,,Da lang.", Alex nickt unauffällig nach rechts, Richtung Park. Taumelnd trete ich einen Fuß vor den Anderen und Alex stellt sich deckend hinter mich, damit von man von unserem Haus aus niemand sehen kann, in welcher Verfassung ich bin.

Nach 300 Metern quälendem Laufen flüstert mir Alex zu, links abzubiegen. Jetzt befinden wir außer Sichtweite des ganzen Gapleways, der Straße, wo mein Zuhause liegt. Außerdem sind wir in der wohl zerfallensten Gegend in einem Umkreis von 300 km gelandet, die selbst für Verhältnisse der Unterschicht übel zugerichtet ist. Den Namen der Gegend weiß niemand, da das Straßenschild zu kaputt ist, um irgendetwas zu erkennen. Man nennt sie bloß 'die Vergessene Straße', da sie beim Staat wohl in Vergessenheit geraten ist. Seit Jahren wird hier nicht mehr gebaut, renoviert oder sonstiges. Wohnen tut hier ersrecht keiner mehr, außer zu kriminellen Zwecken.
Ich war selbst erst einmal hier, aus Neugier. Gerüchte über Banditen, Zwangsprostitution und sogar Mörder ranken sich um die Vergessene Straße.
,,I-ich kann nicht mehr.", bringe ich erschöpft hervor. Das Gift hat wohl häftig meine Kondition angegriffen. ,,Weiter gehen.",befehlt Alex mir streng. ,,Aber...ich....kann...nicht...mehr", keuche ich. ,,Wenn du nicht gehorchst gibt's kein Gegenmittel für dich!" Damit schubst er mich weiter und ich bemühe mich, nicht umzufallen. Bei jedem Schritt, den ich tätige, schmerzen meine Füße mehr, als säßen hunderte Dorne in meinen Füßen, die bei jedem Schritt, tiefer in mich eindringen und den Schmerz bis in meine Fingerspitzen treiben. Meine Lunge brennt wie ein Feuer und mein Kopf ist schwer wie Blei. Erneut bleibe ich erschöpft stehen. Meine Kehle schnürt sich zu und die ohnehin verschwommenen Häuser zerfließen vor meinen Augen mit dem Himmel. ,,Du wirst jetzt auf der Stelle weiter gehen sonst...", ist das letzte was ich mitbekomme, bevor mir schwarz vor Augen wird.

Oh nein! Das Gift! Die 20 Minuten sind um. Ich bin tot! Oder? Ich beginne stark zu schluchzen. In diesem Moment wünsche ich mir nichts mehr, als Dad noch ein letztes Mal sehen zu können,mich von ihm zu verabschieden. Mich bei Tuker dafür zu entschuldigen, wie ich ihn vorhin wegen der Sache mit Alex angemotzt habe. Auch von Mom und Mel möchte ich mich unbedingt noch verabschieden. Es tut weh einfach so von seinen Liebsten getrennt zu werden. Zitternd setzte ich mich, um auf andere Gedanken zu kommen.
Wo bin ich hier eigentlich gelandet? Neugierig blicke ich mich um. Anscheinend befinde ich mich im Nichts. Es ist nicht dunkel, dennoch ist alles schwarz um mich herum. Langsam schaue ich an mir herunter. Alles noch wie immer: das lange, weiße Top, darüber der graue Strickpulli und die graue Jogginghose trage ich immer noch. Ich setze mich hin um besser nachdenken zu können.
Wenn das der Tod ist, ist er ziemlich langweilig. Bis in die Ewigkeit tatenlos im schwarzen Nichts rumzuhocken und ins Schwarze zu  blicken. Das kann es doch nicht sein! ,,Amira!", unterbricht plötzlich jemand meine Gedanken. War das etwa... ,,Amira!", ertönt die männliche Stimme wieder. Und noch ein Mal:,,Amira!"
Ja! Eindeutig! Es war Dad! Aber wo? Suchend blicke ich mich um. Dort! Ganz weit entfernt erblicke ich eine winzig kleine Person umhüllt von einem Lichtkegel. Schnell rappel ich mich auf und renne auf sie zu. ,,Du darfst es nicht zulassen!", schreit mein Dad. ,,Was?", rufe ich keuchend zurück. ,,Sie dürfen es auf keinen Fall schaffen!", erwidert er ohne mir zu antworten. ,,Wovon redest du?", entgegne ich verzweifelt. Ich renne immer weiter, bis meine Glieder brennen. Völlig aus der Puste halte ich etwa zehn Meter vor meinem Dad. ,,Sie dürfen es nicht schaffen! Die 100%, sie..." Plötzlich verschwindet Dad vor meinen Augen und  alles Schwarz wechselt in ein gleißend helles Weiß. Ich habe das Gefühl, alles um mich herum würde sich drehen und mich wird schlecht. Meine Gedanken reißen mich wieder zurück zu Dad. Nein! Das durfte nicht sein! Wieder habe ich Dad verloren! Wieso war er so plötzlich verschwunden? Warum ist er bei mir im Tod erschienen? Und noch viel wichtiger: Was wollte er mir sagen? Was meinte er mit den...100%?

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 09, 2016 ⏰

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