Kapitel 2

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,,Schau da kommen sie..!", rief Maria zu meiner Mutter. Maria ist meine 5 Jahre ältere Schwester. Sie ist zwar schon ausgezogen, nimmt sich aber für jeden meiner Geburtstage frei.
,,Geh schnell und hol ihn. Warte mit ihm hinten auf dem Platz", rief Mum hastig. Meine Schwester rannte zum Stall und verschwand.
Mein Papa und ich hielten an. Er öffnete erst seine und dann meine Tür. Ich stieg, mit noch immer verbundenen Augen, aus. Ich hörte mehrere Pferde wiehern und Paps führte mich irgendwo hin. Nach einem, für mich, sehr langen weg, blieben wir endlich stehen und er öffnete mir die Augen. Ich machte sie langsam auf und viel weinend auf die Knie. Aber ich weinte nicht aus Trauer, sondern aus Fassungslosigkeit und Freude.
Ich sah auf. Vor mir: Ein Pferd mit einer roten Schleife. Daneben meine Mutter und meine Schwester. Beide grinsten. ,, I-i-i-ist es für mich??", stotterte ich. Meine Mutter lachte: ,, Natürlich ist ER für dich. Oder hat hier sonst noch jemand Geburtstag?". Ich fiel erst meinem Vater, dann meiner Mutter und Marie um die Arme. Noch immer mit Tränen in den Augen, ging ich auf ihn zu und pustete ihm in die Nüstern. So begrüßen sich Pferde gegenseitig um zu schauen ob sie Freunde werden können. Er weitete die Nüstern und pustete leicht zurück. Ich betrachtete ihn und streichelte seine Nase, dann seinen Hals und ging um ihn rum. ,, Wie heißt er denn?", fragte ich neugierig. ,,Er heißt Luka und ist 8 Jahre alt", antwortete Maria. ,,Ein Noriker?". ,,Ja, genau. Du kennst dich aus meine Prinzessin", antwortete meine Mutter.
 Mehr habe ich dann auch nicht mehr gefragt. Ich nahm den Strick und ging mit ihm ein paar Runden über den Platz. Er war sehr aufmerksam, aber schnell merkte ich, dass er wohl noch nicht viel gelernt hat. Und das mit schon 8. Sehr ungewöhnlich. Ich beließ es erstmal dabei und führte ihn dann gemeinsam mit meiner Schwester in die Box.

,,Sag mal Schwesterherz, wo habt ihr ihn denn her? Er scheint ja gar nichts zu kennen und so wirklich Vertrauen zum Menschen hat er auch nicht...". ,, Er kommt aus dem Zirkus. Dort hat er nichts gelernt, sie wollten ihn nicht. Haben ihn schlecht behandelt. Wir dachten, du gibst dem kleinen bestimmt eine Chance". ,, Klein??", lachte ich. ,, Er wiegt bestimmt um die 850 kg".  Wir unterhielten uns noch ein wenig und ich erfuhr immer mehr seltsame Sachen. Die Leute vom Zirkus meinten, man könnte ihn nicht bändigen. Er solle nichts lernen und dumm sein. Sie wollten ihn zum Schlachter schicken. Ich war sprachlos. Mir kam er doch ganz offen vor. Er war sehr aufmerksam. Doch dieser Eindruck blieb nur heute.

Wir fuhren nach Hause und ich war den gesamten Abend nur bei Luka und seiner Vorgeschichte. Ich saß noch sehr lange vor der Box um ihn zu betrachten. Aber dort war er auch ganz ruhig. Vermutlich, weil ihn dort jeder in Ruhe gelassen hat. Ich ging in mein Zimmer, zog mir meinen Pyjama an und legte mich ins Bett. Nach langem Grübeln schlief ich nach 5 Stunden dann endlich ein. Am nächsten morgen, war ich voller Eifer dieses Pferd näher kennenzulernen und zu studieren. Ich zog mir schnell meine Reitsachen an und rannte die Treppe runter. ,, Muuuuum?? Ich fahre zum Stall", rief ich laut und schnappte mir ein Sack voller Möhren. ,, Pass auf dich auf mein Liebling!", hörte ich meine Mutter von oben. Ich holte das Fahrrad aus dem Schuppen und machte mich auf den Weg.

Am Stall angekommen, waren die anderen Pferde schon auf der Weide. Nur Luka nicht. Ich ging zu den Boxen und traf auf den Bauern. ,, Dein Mistgaul hat mir fast die Hand gebrochen. Bleibt er halt in der Box. Pech gehabt", schrie er sauer und stürmte davon. Ich guckte ihm verduzt nach und ging zur Box. Luka war am Heu fressen und ich öffnete vorsichtig die Boxentür. Ich spürte sofort wie nervös er wurde. Doch ich wollte wissen, wieso der Bauer so sauer war. Ich öffnete sie weiter und auf einmal sprang er in der Box hin und her und fing an zu steigen. ,,Woooohoo Luka", versuchte ich ihn zu beruhigen. Es half ein wenig, aber ich entschloss mich die Boxentür wieder zu schließen. Er wurde ruhig und aß weiter. ,, Ich komme gleich wieder!", sagte ich, rannte zum Fahrrad, schnappte mir den Sack Möhren aus dem Korb und ging behutsam zurück. ,, Schau mal. Ich habe hier was für dich". Ich sagte es mit einer beruhigenden Stimme um ihn nicht wieder hektisch zu machen. Er stellte die Ohren nach vorne und streckte seinen Kopf neugierig über die Boxentür. Ich nahm eine Möhre aus dem Sack und trat näher. Er wurde nervös und trat zurück. Ich blieb stehen. Als er wieder näher kam, ging ich auch näher ran und lobte ihn jedes mal. Dann war es soweit. Ich war so nah dran, dass ich ihm die Möhre geben konnte und über seine Nüstern streichen konnte. Wieder lobte ich ihn.

Wir haben es einige male wiederholt, bis er - zumindest bei geschlossener Boxentür - keine Angst und Nervosität mehr zeigte. Wir hatten dafür jetzt knapp 3 Stunden gebraucht und ich beschloss nicht weiter zu gehen. Ich beendete das ,,Traning" mit einem positiven Erfolg. Das ist enorm wichtig um mit dem Pferd weiter zu kommen. Weiß das Pferd, dass es mit Verweigerung als Belohnung das in Ruhe lassen bekommt, wird es dieses Verhalten immer wiederholen. Doch wiederholt es etwas Gutes, so ist das in Ruhe lassen eine große Belohnung für das Pferd. Ich trat von der Boxentür weg und verstaute den Sack Möhren so, dass ihn keiner sah und die Pferde nicht dran kamen. Als ich die Stallgasse verließ, schaute ich noch einmal zu Luka zurück. Er schaute mir neugierig nach. Das Fahrrad geschnappt und draufgeschwungen, fuhr ich nach hause zurück. Ich berichtete meiner Mutter von dem Erfolg und setzte mich an den Tisch. Wir aßen heute sehr früh zu abend. ,, Was hast du mit ihm jetzt weiter vor?", fragte mein Vater. ,,Ich weiß noch nicht.. wahrscheinlich erstmal so weiter machen. Ich möchte ihn nicht überfordern!!".

So wie ich es sagte, tat ich es auch. Die restliche Woche fuhr ich jeden Tag zum Stall und habe das ,,Training" wiederholt und jedes mal mit einem sehr positven Erfolg beendet. Nach 5 Tagen beschloß ich das Training, welches jetzt wirklich ein Training geworden war, zu erweitern.

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Entschuldigt die eventuell vorhandenen Rechtschreibfehler ;-) Wenn ich so im Schreibfluss bin, flutschen da gerne mal welche rein.

~Der niemals endende Tanz~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt