Das Gleichnis von der Vampirblutspende

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Unglaublich! James McCloud fragte sich einmal mehr, was in den Köpfen der armen Seelen schief lief, die er tagtäglich verhören musste. Letztens erst hatte er sich mit einem Mann herumschlagen müssen, der der felsenfesten Überzeugung war, dass Götterspeise in nicht allzu ferner Zukunft die Weltherrschaft übernehmen würde.

Er sah noch einmal auf die braune Akte in seiner Hand hinab, auf das Bild einer Mittfünfzigerin, mit blonden, hüftlangen Haaren, Hippirock und einem monströsen Schild, auf dem stand: „Vampire sind auch nur Menschen! Spendet Blut!". Seufzend griff er nach der Türklinke und betrat den Raum, in dem Kathrin Allister, kochend vor Wut, saß.

Es gab drei Arten Menschen, die er hier sitzen hatte: Die, die komplett ruhig wirkten, bis er anzweifelte, was sie ihm als die wahre Weltansicht verkaufen wollten und ihn dann wild beschimpften oder auch gerne randalierten.

Dann die, die verwirrt waren, unter anderem Selbstgespräche führten und wenn man sie darauf ansprach, ganz schockiert guckten, als könne man Gedanken lesen.

Und dann war es noch die Kathrin-Allister-Sorte, die am normalsten wirkte und denen unter Umständen kein Aufenthalt in der Klapsmüh- Pardon! – in einer psychiatrischen Einrichtung drohte. Die, die wirklich wütend sein durften, dass sie festgenommen wurden, weil sie eigentlich etwas ganz anderes mit ihren Parolen und Erzählungen ausdrücken wollten. Sie waren meist die Einfachsten.

Was die gute Mrs. Allister allerdings mit ihrem Geschwafel vom Übernatürlichen ausdrücken wollte, das leuchtete Dr. McCloud noch nicht ein. Nun er würde sehen, in wie fern die Frau an ihrer Überzeugung, dass es tatsächlich so etwas wie Werwölfe, Vampire, Hexen und Feen gab, festhalten würde. Lächerlich!

„Guten Tag, Mrs. Allister", wünschte der Doktor.

„Guten Tag? Guten Tag?!", keifte die blonde Hippiefrau. „Ich nenne es alles andere als einen „Guten Tag", wenn ich von ein paar blöd-affigen, schrumpf-köpfigen Polizis-"

„Bitte Ma'am, mäßigen Sie Ihre Ausdrucksweise."

Doch sie achtete gar nicht auf den Einwurf und zeterte weiter: „-ten festgenommen werde, nur weil ich um die Emanzipation von Vampiren kämpfe! Diese kleinkarierten Menschen mit ihren Schrebergärten, den riesigen Häusern mit dem weißen Gartenzaun und den der Statistik entsprechenden zweieinhalb Kindern, haben keine Ahnung und verschließen ihre Augen vor Tatsachen! Nur weil man wie ein Strauß seinen Kopf in den Sand steckt, ist das Problem noch lange nicht aus der Welt!"

James fühlte sich zwar nicht direkt angegriffen, dachte aber an sein eigenes Heim, mit dem braunen Gartenzaun, an seine schwangere Frau und seine Zwillinge Joe und May, und zuckte zusammen. Sie beschrieb sein schönes Leben perfekt, allerdings hatte sie den Hund, Fluff, vergessen.

Noch heftiger zuckte er, als die Frau schrie: „Ja! Sie sind auch so ein spießiger Mensch, der nichts mit den armen Kreaturen zu tun haben will."

„Mrs. Allister, hier geht es doch keines Wegs um mich, bitte erzählen Sie mir, weshalb Sie vor dem Gerichtsgebäude der Stadt mit einem Schild herum gelaufen sind, auf dem Sie zur Blutspende für Vampire aufgerufen haben."

„Was gibt es denn da zu erzählen? Ich bin für die Rechte der Vampire eingetreten. Sie brauchen das Blut, wie wir Wasser benötigen, um zu überleben. Und wenn jeder Amerikaner jedes Jahr zweimal spenden würde, dann müssten diese armen Geschöpfe keine Risiken auf sich nehmen, dem Blutrausch zu verfallen, wenn es mal wieder an der Zeit ist, Nahrung zu sich zu nehmen. Wissen Sie eigentlich, wie schwer es ist mit dem Trinken aufzuhören, wenn man einmal eine saftige, pulsierende Halsschlagader geöffnet hat?" Bevor James auch nur Anstalten machen konnte, sich eine passende Antwort auf diese durchaus zu genau beschriebene, ekelhafte Aussage auszudenken, fuhr die Hippiefrau auch schon spottend fort: „Nein! Natürlich können sie das nicht wissen, ich sehe es doch an ihrem Gesichtsausdruck, wie sehr sie das Ganze anwidert."

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