Prolog

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Die halb abgebrannten Kerzen tauchten den Raum in ein warmes, goldenes Licht und ließen die Schatten an den Wänden lustig tanzen. Oma saß auf ihrem staubigen, alten Schaukelstuhl und wiegte sich langsam in den Schlaf, während ihre Hände aus Reflex doch irgendwie weiterstrickten. Bei jeder Bewegung, die sie tat, ächzte der Stuhl unter ihr und schien sich zu beschweren, dass man ihn nicht schon längst in Pension geschickt hatte. Immer wenn er Geräusche von sich gab, lächelte meine Oma zufrieden, als würde sie das an alte Zeiten erinnern.

Angestrengt auf meiner Unterlippe kauend, beobachtete ich sie neugierig und versuchte ihre Gedanken zu erraten. Mein Blick war gefesselt von den leise klimpernden Stricknadeln, welche die ungefärbte Schafwolle zu einem warmen, schützendem Gegenstand verarbeiteten. Ich war so in die gleichmäßigen Bewegungen meiner Oma vertieft, dass ich hochschreckte, als die alte Turmuhr Mitternacht schlug. Meine Oma schien auch ihren Gedanken nachgehangen zu haben und unterbrach vor Schreck ihre Tätigkeit. Zerstreut legte sie die Sachen bei Seite und schaute mich über den dicken Brillenrand hinweg an. Ihre nussbraunen, wässrigen Augen schienen in mich hinein zu starren und zu versuchen, meine Innereien zu studieren. Ich kannte diesen Blick und wusste was er bedeutete. "Nein Oma, ich will noch nicht schlafen gehen!" jammerte ich mit der schrillen Stimme einer Sieben-jährigen. "Aber Schatz, es ist doch schon 12. Deine Mutter erschlägt mich, wenn sie das erfährt." Ich berührte mit meiner Zunge meine Zahnlücken. Ich wusste nicht warum, aber ich hatte andauernd das Bedürfnis danach die Lücken zu füllen.

"Sie muss es ja nicht wissen..." schlug ich hoffnungsvoll vor. Meine Oma lachte in sich hinein, auf eine warme, freundliche Art, wie sie es immer machte. Es war ein wohliges, mir vertrautes Geräusch. Sie wollte gerade etwas erwidern aber ich war schneller: "Nur eine Geschichte. Dann verrate ich auch nichts!" Versprach ich etwas zu laut und setzte meinen Hundeblick auf. Meine Oma hob abwehrend die Hände, aber ich vernahm wieder ihr zufriedenes Lachen. Die Falten um ihre Augen gruben sich tiefer in ihre Haut, als sie ihr noch immer strahlendes Lächeln zeigte: "Eine Geschichte, aber dann ist Schluss, kleiner Drache."

So nannte sie mich immer - Kleiner Drache. Dieser Name war das erste Mal aufgetreten, als wir wie jeden freien Nachmittag unser gemeinsames Hobby pflegten. Meine Oma besaß nämlich eine etwas angelaufene aber immer noch ihren Zweck erfüllende Bronzeschachtel, in der sich über die Jahre massenhaft Zeug angesammelt hatte. Zahnräder, ein kleines Glasfläschchen mit Maschinenöl, Metallplatten, Kabel und ein Magischer Energiestein, den sie zu ihrem 16. Geburtstag von ihrem Vater bekommen hatte und den sie immer noch besaß. Wir teilten die Fähigkeit und das Geschick im Umgang mit technischen Sachen und irgendwie hatte ich das von ihr geerbt; meine Mutter bedachte mich nämlich immer nur mit einem verwirrten Blick, wenn ich versuchte ihr meine Endergebnisse zu erklären. Jedenfalls bauten ich und Oma eines Tages einen kleinen Bronzedrachen, der dann im Zimmer herumfolg und unsere Katze attackierte. Ich und Oma hatten damals echt was zu lachen, aber als die Katze wimmernd den Schwanz einzog und sich unterm Schrank verkrochen hatte, ging der Drache auf uns los. Meine Oma hat ihn dann mit einem Kochlöffel erschlagen, was verdammt komisch aussah. Seit diesem Tag begann sie mich kleiner Drache zu nenne, weil das mechanische, Maschinenöl speiende Wesen Großteiles von mit allein erschaffen worden war. Die Aktivierung hatte dann meine Oma gemacht. Ich wusste nicht wie, aber sie brauchte nur den Energiestein zu berühren und die Maschine schien lebendig zu werden.

"Welche Geschichte möchtest du denn heute hören? Die von Maron dem Tapferen, der einen Basilisken mit seinen nackten Füßen bezwungen hat?" erwartungsvoll schaute sie mir ins Gesicht, doch ich stöhnte nur auf und antwortete: "Oma, die Geschichte hab ich schon tausend mal gehört und die kann gar nicht stimmen. Die hast du bestimmt nur erfunden, weil dir die Geschichten ausgehen. Und erklär mir bitte, wie Maron den Basilisken mit seinen Füßen getötet haben soll. Das ist Blödsinn." Meine Oma hob herausfordernd ihre Augenbrauen: "Und doch sage ich, er hat es gemacht." Ich starrte sie lange an und lies sie unter meinem Blick leiden. Ich würde nicht die sein, die den Blick zuerst löste. "Na gut", Oma warf gespielt empört ihre Arme hoch, "Vielleicht hat er den Basilisken nicht mit seinen bloßen Füßen getötet, aber merk dir eins: Hinter jeder Geschichte steckt immer ein Körnchen Wahrheit." Sie bedachte mich mit einem ernsten Blick und ich nickte heftig mit dem Kopf, sodass meine dunkelbraunen, matten Locken auf und ab hüpften. Oma lehnte sich in den Schaukelstuhl zurück, der sich wieder mit lautem Knarren beschwerte. Dann schaute sie aus dem Fenster und ihr Blick glitt in weite Ferne. Sie schien plötzlich einem traurigen Gedanken nachzuhängen, dann jedoch begann sie mit einer Geschichte, die ich noch nie gehört hatte und die ich wohl auch nie vergessen würde.

"Einst, vor nicht allzu langer Zeit, da herrschte in diesem Land Krieg. ein fürchterlicher Krieg, zwischen den Göttern und den Verfluchten. Die Götter kennst du ja, nicht wahr, kleiner Drache? Die Großen fünf. Aracniir, Gott der Macht und der Zeit, Maryen, Göttin der Sterblichkeit und der Talente, Varas, Gott der Familie und der Heimat, Karamyra, Göttin der Weisheit und des Gleichgewichts und zu guter Letzt, Quibus, Gott des Todes und der Nacht. Deine Schutzpatronin ist Maryen, wie auch meine. Jedenfalls kämpften die Götter um ihre Heimat, das Land, in dem du und ich leben, Qynareth. Doch die Verfluchten hatten eine riesige Armee aufgestellt und wollten um jeden Preis das Land zurück, das einst ihres war." Ich unterbrach meine Oma verdutzt: "Das war das Land der Verfluchten? Warum sind sie jetzt nicht mehr hier? Wohin sind sie denn gegangen, hier ist es doch schön?" Meine Oma bedachte mich mit einem traurigen Blick und sie schien um tausende Jahre zu altern. "Nein, kleiner Drache. Das hier war einst ein schrecklicher Ort, der sich immer mehr ausbreitete. Denn die Verfluchten wurden von drei dunklen Eigenschaften der Menschheit geführt. Hass, Krieg und Habgier. Sie verseuchten das Land und die einst friedlich lebenden Verfluchten, die erst, seit sie dem Bösen verfallen waren, so genannt wurden. Vorher waren sie Menschen aus Fleisch und Blut wie wir beide. Doch Hass, Krieg und Habgier weckten in ihnen eben jene Eigenschaften und sie verfielen ihrer Führung. Doch dann gebar die Mutter aller Götter ihre fünf Kinder, wie wir sie heute kennen. Diese Fünf vertrieben die bösen Eigenschaften und schickten sie in die Unterwelt. Doch sie waren nicht tot. Diese Eigenschaften sind deshalb so gefährlich, weil sie nicht sterben können." Ich schaute sie skeptisch an und fragte dann: "Warum können sie nicht sterben?" Oma wandte ihren Blick wieder zum Fenster und erklärte. "Sie können nicht sterben, weil wir es sind, die sie am Leben erhalten. Jeder Mensch hat sie in sich, nur sind die bösen Eigenschaften bei manchen stärker ausgeprägt und bei anderen weniger. Doch egal ob man jetzt ein Gesetzeswidriger, von Hass zerfressender Mensch mit einem dunklen Herzen oder eine gute Seele ist, man besitzt diese Eigenschaften tief in sich drinnen. Und deshalb sterben sie nie und kehren immer wieder zurück. Und jedes Mal, wenn sie wiederkehren, lösen sie Krieg zwischen sich und den Göttern aus. Und die Verfluchten greifen immer wieder schreiend nach ihrer verlorenen Heimat."

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Hallo Menschen, jap, das ist mein erstes Buch also lasst mir Kritik da, damit ich mich verbessern kann und meine Fähigkeiten ausbauen kann. Nächstes Wochenende kommt vermutlich das nächste Kapitel und ein weiteres Stückchen meiner Story. Wenn ich wüsste, wie sie sich entwickeln wird. Ich hab nämlich mal Blind drauf los geschrieben und einfach meine Fantasie mit der Tastatur durchgehen lassen :P

Lg, Vysenia


Die VerfluchtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt