Räumung

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Am nächsten Morgen weckte mich Lucy schon früh. Ich wusste nicht genau wie viel Uhr es genau war, doch ich schätzte es auf etwa fünf Uhr. Vielleicht kam es mir auch nur so vor. Immer hin hatte ich höchstens zwei Stunden geschlafen.
Ich quälte mich regelrecht aus dem Bett. Im Gegensatz zu Lucy, welche hellwach schien. Scheinbar ist sie jeden Tag so früh wach.
Ich stieg aus dem Bett und lief ins  Wohnzimmer, in welchem Lucy geschlafen hatte. Sie hing sich grade ihren schwarzen Umhang um.

„Endlich stehst du auf.“ Fauchte sie mich an. „Mach dich fertig. Du hast ungefähr eine Stunde.“ Sie warf mir einige strenge Blicke zu. Ich war kaum wach und hätte vermutlich nicht einmal ein Messer in meiner Brust bemerkt, doch ihre Blicke stachen noch viel tiefer.

„I-ist gut.“ Gähnte ich. „Sag mal, trägst du eigentlich immer diesen Umhang? Der lässt dich ganz schön gruselig wirken.“

„Absicht, Bryce. Abschreckend auf die Lebenden. Was ja bei dir gestern Abend ziemlich gut funktioniert hat.“ Sie lächelte mir erniedrigend zu. „Und er tarnt mich vor den… nennen wir sie mal Toten. Die Walker reagieren auf Gerüche, Geräusche und auf Visuelle Reize. Der Mantel dämpft meine Bewegungsgeräusche und lässt mich zumindest im Dunkeln für die Walker unsichtbar werden. Die Pfeile in meinem Köcher stelle ich aus Knochen her. Das überdeckt meinen Menschlichen Geruch. Merk dir das mal, Kollege. Könnte vielleicht dein Leben retten.“
Sie schien mich zwar nicht sonderlich zu mögen, aber immer hin gab sie mir einige Überlebenstipps. Anscheinend war ich doch irgendwie eine Hilfe, sonst hätte sie doch kein Problem damit gehabt, wenn ich sterben würde.

„Hast du noch so einen Umhang?“ fragte ich höflich. Hoffentlich konnte sie mir einen leihen. Das würde es für uns beide sicherer machen.

„Da muss ich dich enttäuschen. Ich hab drei Stück, aber die sind dir alle zu klein. Du wirst dich darin nicht gut bewegen können, das würde uns nur zu sehr behindern.“ Sie schien nachdenklich. Offensichtlich hatte sie auch daran gedacht, dass es so sicherer sei. „Wir suchen dir einen, sobald wir das Haus leer geräumt haben. Hier in der Nähe gibt es einige Schneider. Vielleicht müssen wir den selber nähen. Aber das sollte kein Problem sein. Ist auch erstmal egal. Geh dich fertig machen, dann gehen wir den Plan durch.“ Mit einer Kopfbewegung wies sie mich an, den Raum zu verlassen.

Ich ging in das Badezimmer direkt neben der Eingangstür. Aus dem Fenster heraus konnte ich auf die Straße sehen. Sie schienen frei von Walkern zu sein. Aber der schein konnte trügen, immer hin schienen sie Gestern Abend auch frei. Doch der Walker hinter mir wäre mir fast zum Verhängnis geworden, wenn Lucy nicht aufgetaucht wäre, würde ich nicht mal mehr leben.
Ich blickte zu Boden und verlor mich in Gedanken voller Dankbarkeit. Ich musste ihr meine Dankbarkeit zeigen. Ich werde ihr nachher so gut es geht helfen.

Ich wusch mich etwas mit dem kalten Wasser, welches offenbar aus irgendwelchen Tanks im Keller hochgepumpt wurde. Lucy war offenbar sehr erfindungsreich, die Leitungen führten schon lange kein Wasser mehr. Immer hin arbeiteten auch die Wasserwerke nicht mehr.
Ich zog mich an und versuchte die auffälligen Farben meines Shirts, es war Dunkel-Rot, so gut es geht zu bedecken. Immerhin war meine Jacke schwarz.
Ich verließ das Bad und ging zurück ins Wohnzimmer. Lucy saß wartend auf dem Ledersofa.
Sie blickte mich an, als ich den Raum betrat. Sie war bereits in den schwarzen Umhang gehüllt, nur die Kapuze hatte sie noch nicht aufgezogen. Ihr langes, schwarzes Haar hatte sie zu einem lockeren Zopf gebunden.

„Da bist du ja. Schneller als ich dachte.“ Sagte sie zufrieden überrascht. „Komm, setz dich dahin.“ Sie deutete auf den Sessel gegenüber der Couch. Auf dem Tisch dazwischen hatte sie bereits die Karte des Wohngebietes von letztem Abend ausgelegt.
Ich setzte mich in den Sessel und sah sie fragend an.

„Also.“ Begann sie und nahm einen Schluck aus ihrer Tasse. Was auch immer sie da trank, der Geruch schien mir fremd. „Ich hab mir letzte Nacht einen Plan ausgedacht. Der müsste perfekt sein und ist auf fünf bis sechs Walker pro Raum ausgelegt. Vermutlich wird durchschnittlich nicht einmal zwei in einem Raum sein, aber sicher ist sicher.“
Mir wurde etwas mulmig. Ich war doch mit einem einzigen Walker gestern schon überfordert. Außerdem saß sie die gesamte Nacht an diesem Plan. Sie konnte unmöglich wach genug sein, um sich vernünftig konzentrieren zu können.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 01, 2015 ⏰

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