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Ihr ging es nicht gut, schon seit Wochen. Sie hatte entschlossen zum Krankenhaus zu gehen, schon vor Wochen. Nun standen wir hier, im Krankenhaus im Wartezimmer und ich ging nervös auf und ab, um mich zu beruhigen, sie hingegen saß seelenruhig da und lächelte in Gedanken vor sich hin.
„Em! Beruhig dich! Wir müssen nachher noch den ganzen Weg zurück laufen, aber wenn du so viel Energie hast... ich denke für mich wärs kein Problem wenn du mich die 20 Minuten nach Hause trägst!", grinste sie mich an und ich blieb stehen um meinen Blick zu ihr zu wenden und sie anzulächeln.
„Na geht doch! Du weißt genau wie gern ich dieses Lächeln sehe.", lachte sie und schob meine beiden Mundwinkel mit jeweils einem Zeigefinger nach oben und als sie ihre Finger entfernte blieben sie dort.
„Evelyn Richard.", sagte die dicke hinter dem Tresen zum Behandlungszimmer und augenblicklich spannten sich all meine Muskeln wieder an.
„Hey, entspann dich.", Evelyn knuffte mich spielerisch in die Seite während sie mich mit ihrer sanften Stimme zu beruhigen versuchte.
„Und wenn du wirklich was hast?"
„Ich hab was, da bin ich mir sicher.", sagte sie und blickte mich mit ernstem Blick an. Diesen Blick hatte sie fast nie drauf. „Selbst wenns tödlich wär... irgendwann sterbe ich sowieso und da ich eh nichts dagegen machen kann bin ich was den Termin angeht relativ flexibel... die Ursache würde ich mir gerne aussuchen, dann würde ich irgendetwas spektakuläres nehmen und auf meinen Grabstein gravieren lassen.", lachte sie und zuckte mit den Schultern „Aber gehen wir mal nicht direkt vom schlimmsten aus.", fügte sie noch hinzu als wir das in grau- und weißtönen gehaltene Zimmer betraten. Es war seltsam sie über den Tod reden zu hören. Es tat irgendwie weh sich ein Leben ohne sie vorzustellen. Wir waren beste Freunde, schon seit immer und würden es auch für immer bleiben. Ihre Art selbst über den Tod mit Humor zu reden faszinierte mich.
Der Arzt kam rein. „Miss Richard?" er zog eine Augenbraue hoch und Evelyn schaute von ihrem Handy auf.
„Ja?"
„Was bringt sie her?"
„Meine Freundin, um ehrlich zu sein.", lachte sie und deutete auf mich. Der Arzt lächelte kurz und fragte dann „Wieso bringen Sie sie denn her?", schaute er nun mich an.
„Ehm... Naja...", ich überlegte wie ich es am besten beschreiben sollte.
„Wahrscheinlich konnte sie einfach mein Gejammer nicht mehr ertragen. Doc, ich weiß dass ich krank bin, das spüre ich. Es wäre lieb wenn sie mich einfach kurz durchchecken und mir irgendwas verschreiben.", grinste sie ihn an.

-...-

Er hatte nichts direktes gefunden, als sie allerdings ihre Beschwerden beschrieb gab er ihr 3 Termine zu verschiedenen Untersuchungen, da er der Meinung war, dass es etwas ernstes sein musste. Somit verließen wir mit großen erdrückenden Gedanken das Krankenhaus und machten uns auf den Weg nach Hause.
Plötzlich brach Evelyn die Stille „Du hast was vergessen.", ihr Blick war durchdringend.
Sofort packte ich mir wie eine verrückte panisch an den arsch nur um dann erleichtert fest zu stellen, dass sich mein Handy noch in meiner Hosentasche befand.
„Nein. Ich denke ich hab alles.", sagte ich und sah ihren ersten Blick der sich sofort zu einem Lächeln änderte.
„Nein du Dummkopf! Du wolltest mich tragen!", nun hörte man ihr lautes kratziges schallendes Lachen, welches allen die Evelyn kannten immer ein wenig das Herz erwärmte. Ich stimmte in ihr Lachen mit ein und nur ein paar Minuten später standen wir vor ihrer Haustür, sie suchte eine Ewigkeit nach ihrem Schlüssel, bis sie sich letztendlich vor den Blumentopf kniete und den Ersatzschlüssel hervor holte gleich nach dem sie ein „Vergessen.", gemurmelt hatte. Sie schloss die Tür auf, ließ mich eintreten und versteckte den Schlüssel wieder im Blumentopf.
Zufrieden seufzend ließ sie sich neben mir in den weichen Saum des Sofas plumpsen und schaltete nach einer kurzen Verschnaufpause ihre Musikbox auf volle Lautstärke, schloss ihr Handy an und ließ die Charts durchlaufen während sie keine Scheu zeigte lauthals mit zu grölen. Nach dem dritten Lied schloss ich mich ihr an und es tat verdammt gut alles durch diese Lieder rauszuschreien. Zwar konnte ich nicht singen, aber das hieß ja nicht dass ich nicht gelegentlich irgendwelche ohrenbetäubenden Gesangseinlagen vollführte. Evelyn hingegen war eine begnadete Sängerin und hatte eine sehr feste raue Stimme trotz ihrer geringen Größe. Ich liebte es ihr zuzuhören wenn sie mit beeindruckenden Tonfolgen nur so um sich schmiss.
Nach einer Weile waren wir erschöpft und bauten unser bettenlager auf. Als ich am Abend schon im Halbschlaf war sah ich aus dem Augenwinkel, wie sich ihre Hand schnell und trotzdem bedacht über die Seiten eines schwarzen Buchs schwang. Was sie wohl grade schrieb? Ich hatte das Gefühl, dass es etwas privates war also entschied ich mich nur bei wirklich günstiger Gelegenheit zu fragen.
Bevor ich weiter über dieses schwarze Buch nachdenken konnte waren meine Augen schon zugefallen und ich in einen traumlosen Schlaf abgedriftet.

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815 Wörter
09.12.15
Hoffe es gefällt euch ❤️
Lg,
Anna

Das TestamentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt