Kapitel 1

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Mein Handy klingelt. Ich schaue auf das Display. 

"Sophie" steht auf dem Display. Sie ruft mich sehr selten an , nur wenn es dringend oder sogar wie sie es nennt ein "Ultragalaktischer-Extrematikumnotfall" ist. Hektisch antworte ich dem Anruf.

"Sophie , was ist los ? Ist es dringend? Ich habe gerade nicht wirklich viel Zeit.. Ich muss do-"

Sie unterbricht mich : "Ja es ist sehr dring-" , sie unterbricht und atmet tief ein , "nein , nein , eigentlich wollte ich nur fragen , ob wir uns am nächsten Dienstag treffen wollen. Wir haben schon lange nichts mehr miteinander unternommen."

Sie hörte sich kaputt und ängstlich an.

"Ja klar , wieso nicht? Ich komme dann um 14 Uhr zu dir. Ich muss dann jetzt auch auflegen ich habe noch einen Termin , du weißt scho-"

Sie legt auf. Kein "Tschüss" oder kein " Ja bis dann." Komisch. Sie ist sonst nicht so.Sie ist anders.

Ohne mir wirklich große Gedanken zu machen , gehe ich also zu meinem Termin. Ich muss ins Krankenhaus. Meinen Vater besuchen. Er musste schon viel durchmachen. Als meine Mutter starb, vor drei Jahren, ging es ihm von Tag zu Tag schlechter ,er trank immer und immer mehr. Er versuchte seine Trauer und seinen Frust in Bars oder Diskotheken weg zutrinken. 

Ich stehe vor seinem Zimmer. Jedes Mal. Jedes Mal ist es schwer ihn zu leiden zu sehen. Ich sehe ihn. Ich sehe ihn sehr oft mit diesem schmerzverzogenen Gesicht mich anschauen. Ich halte es bald nicht mehr aus. Wir reden nicht viel über Schule oder über mein Leben. Wir reden über unsere schönen Momente im Leben , mit oder ohne meiner Mutter. Wir haben viel erlebt und wir haben viel zusammen durchgestanden , doch hier kann ich nicht mehr als an seiner Seite zu sein. Ich merke , dass es bald zu ende ist , ich will es aber nicht wahr haben. Mein Vater ist der Einzige , der für mich immer da war , wenn es mir nicht gut ging. Er war einfach immer für mich da. 

Jetzt muss ich für ihn da sein.

Die Ärzte erzählen mir , dass sie nicht mehr viel Hoffnung in meinem Vater sehen. Sie werden aber weiter ihr Bestes versuchen , dass er geheilt wird.

Ich fahre nach Hause in meine Wohnung und mache mir erstmal einen Kaffee. Es ist 17:56 Uhr. Lernen ist so gut wie jeden Tag bei mir im Hinterkopf. Ich meine , ich will dieses Jahr noch mit meinem Studium für Sportmedizin fertig werden und gerade einfach ist es im Moment nicht.

-Dienstag-

Ich fahre zu Sophie. Wir wohnen relativ weit auseinander. 56 km sind es , die uns trennen. Unsere langjährige Freundschaft leidet darunter. Sie sagt , dass wir uns trotzdem sehr oft sehen. Ich merke , wie sie sich verändert. Wie ich mich verändere. Es ist nicht mehr die Freundschaft , die es mal war.Trotzdem ist sie meine beste Freundin. 

Ich klingel an ihrer Tür und warte , bis einer ihrer Mitbewohner oder sie selber die Tür öffnet. Ich warte. Ich klingel zweimal , sogar dreimal. Keiner öffnet. Als ich schon die Treppe runtergehe , öffnet sich die Tür doch noch. Es war aber nicht Sophie , es war ihr Mitbewohner Jonas. 

"Wolltest du zu Sophie?Sie ist nicht da. Sie hat mir gesagt , dass sie in die Bibliothek will , um sich neue Bücher zu besorgen."

Ich bin erstaunt , dass sich Sophie nicht an unsere Verabredung hält oder nicht bescheid sagt , wenn sie doch nicht kommen kann. Sie ist sonst immer Überpünktlich oder wartet fast sogar schon auf mich an der Tür , damit nur sie sie öffnen kann.

"Ach so. Mhh.. Komisch , wir hatten uns eigentlich verabredet. Naja , ich werde dann mal wieder gehen."

Als ich wieder zu Hause bin und mir etwas zu essen geholt habe , rufe ich Sophie auf dem Handy an.

Sie geht nicht an ihr Handy ,  eigentlich geht sie immer an ihr Handy. Ihr Handy ist ihr Heiligtum schlechthin. 

Ich hinterlasse eine Nachricht auf der Box : " Hey Sophie , ich bins. Wieso hast du mir nicht bescheid gesagt , dass du nicht zu Hause bist ? Sonst sagst du immer bescheid , bitte melde dich. Ich kenne dich so nicht , du bist in letzter Zeit so komisch gewesen zu mir. Bitte komme am Donnerstag zu mir , dann reden wir nochmal.Es ist wichtig."










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