Am Abend holten wir den Baum ins Zimmer, den die Jungen am Samstag besorgt hatten, Janne und ich waren durch den Schnee nicht mehr dazu gekommen. Aber wir hatten sowieso beschlossen, gemeinsam zu feiern und da wir den Kamin hatten, sollte es bei uns sein.
Am 24. schmückten wir morgens den Baum. Dann zogen sich Janne und Armin in die Küche zurück, um die Gans zu braten. Janne hatte unbedingt auf den Vogel bestanden. Bei mir hätte es nur Würstchen mit Kartoffelsalat gegeben. Und die Jungen hatten eigentlich Grünkohl mit Pinkel geplant gehabt.
„Und was machst du in der Freizeit?", fragte Lukas, während wir den Christschmuck im Zimmer verteilten.
Ich überlegte, seit ein paar Jahren hatte ich eigentlich immer nur gelernt. „Ich weiß nicht, mich mit Janne treffen, manchmal gehen wir in die Disko oder ins Kino oder Konzert. Ansonsten lese ich. Früher habe ich Handball gespielt, aber dazu fehlt mir jetzt die Zeit. Mit meinen Eltern bin ich häufig gepaddelt, wir hatten Boote, die im Vereinsschuppen lagen, aber die habe ich verkauft. Mir war nicht mehr nach Paddeln zumute."
„Hart, so allein zu sein, aber es ist doch dein Leben und du musst das Beste daraus machen." Er schaute mich ernst an.
„Mache ich doch", allerdings hörte ich selbst, wie lahm es klang, deshalb erklärte ich: „Das Studium ist anstrengend, ich habe viel zu tun."
„Und du bist sehr ehrgeizig."
„Hm, das kann sein. Immerhin habe ich früher Leistungssport gemacht, drei- bis viermal in der Woche Training und an den Wochenenden die Spiele. Aber als meine Eltern starben und die Wohnung aufgelöst wurde, musste ich mir eine kleine Wohnung suchen. Das war alles kurz vor dem Abitur. Über mir bracht die Welt zusammen, ich habe das alles kaum geschafft. In der Klasse hatte ich nur wenige Freunde, weil ich nie Zeit hatte. Meine Freunde waren meine Mannschaftskameraden und als ich nicht mehr spielte, waren die weg. Nur Janne und ihre Eltern haben mich unterstützt. Ohne sie hätte ich das alles gar nicht geschafft."
„Willst du nicht wieder spielen? Unisport?"
„Nö, keine Lust, aber Paddeln würde ich gern wieder. Vielleicht sollte ich mir im Sommer einen Verein suchen." Die Freiheit und Ruhe auf dem Wasser waren schön gewesen. Ich erinnerte mich gern daran.
„Dein alter?"
„Nee, der ist für mich schlecht zu erreichen."
„Wir können uns gemeinsam auf die Suche machen."
„Was machst du denn außer studieren?", fragte ich neugierig.
„Ich spiele Saxophon und bin in einer Jazzband, Und dann gehe ich in einen Fitnessclub."
„Ist das nicht langweilig?"
„Oh, da treffe ich, wie im Verein, auch immer die gleichen Bekannten."
Ich schüttelte den Kopf. „Das wäre nicht mein Fall."
„Gut, ich nehme dich beim Wort, du schaust nach Vereinen und wir besuchen sie gemeinsam."
Am Abend machten wir Bescherung. Seit dem Tod meiner Eltern war es das schönste Fest, was ich erlebte. Zwar hatte Janne mich immer eingeladen, und ich war auch hingegangen, aber ich hatte mich immer wie ein Fremdkörper gefühlt. Jetzt war es anders. Wir überreichten uns kleine Geschenke, selbst für Lukas und Armin hatte ich kurz entschlossen ein paar Bücher eingepackt, zum Glück hatte ich Thriller mitgenommen und keine Liebesromane.
Unter dem Mistelzweig, den Armin irgendwo aufgetrieben hatte, küsste mich Lukas. Erst auf die Wange, dann zog er mich an sich und küsste mich stürmisch auf den Mund.
„Wie gut, dass die Heizung kaputt war. Das ist mein schönstes Weihnachtsfest."
Ich kuschelte mich an ihn. Mein größter Wunsch im Leben, eine Familie zu haben, würde sich vielleicht erfüllen. Ich bekam einen Freund mit Bruder und hoffentlich netten Eltern.
Später küsste mich Armin auf die Wange. „Sei nett zu meinem großen Bruder, der ist immer so gutmütig und lässt sich ausnehmen."
„Ich nehme niemanden aus!" protestierte ich.
„Henrike ist die beste Freundin, die man sich denken kann. Ohne sie hätte ich nie Abitur gemacht. Sie hat mir immer geholfen und mich getreten, wenn ich faul und lustlos war oder gar geschwänzt habe. Deshalb mag Mutter sie auch so gern."
Ich lächelte Janne dankbar an. „Das gilt genauso für dich. Ihr habt mich immer in eurer Familie willkommen geheißen."
Tja, und wie ich es beurteilte, hatten sich Janne und Armin kräftig verliebt, auch wenn sie es nicht zeigten. Armin würde schon dafür sorgen, dass Janne endlich fleißig studierte und einen Abschluss bekam.
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Schneekatastrophe zu Weihnachten
RomanceÜber Weihnachten schneien Henrike und Janne in der Ferienwohnung ein. Zum Glück gibt es zwei nette Nachbarn.