Als ich meine Augen öffne,erblicke ich die selben kahlen,abgegrauten Wände. Meine Hand,welche immernoch von Lukas geschmeidig gehalten wird,ziehe ich zurück. Nach einem Zettel suchend, lasse ich meinen Blick durch den Raum schweifen. Ben's Bett, die Terasse, der Tisch. Meine Schritte in Richtung Tisch beenden die Stille, welche den Raum nun Tag für Tag erfüllen wird. Noch vorgestern war dieser Raum erfüllt von Freude und Spaß am Leben,doch nun is Newt allein hier.
So gut es geht, kontrolliere ich meine zitternde Hand und schreibe auf einen Zettel mit blauer Tinte: "Ich warte um 8.30Uhr beim Frühstück auf dich."
Möglichst vorsichtig schließe ich die knarzende Tür hinter mir und begebe mich auf mein Zimmer. Ich vermisse die Zeiten, in denen ich sorglos war. Nun schmeiße ich mein Leben weg.
Ich lasse mich auf dem Bett nieder und schließe die Augen. Um mich herum wird alles leise .
Gewalt, Tod, Blut an meinen Händen, es kommt wieder hoch.
Schweißgebadet schrecke ich hoch.
"Reiß dich zusammen. Du packst das.", flüster ich mir selbst ermunternd zu.
8.40Uhr. Fuck. Schnellstmöglich gehe ich ins Bad und endkleide mich. Mein Blick wandert in den Spiegel. Dürr bin ich geworden,meine Rippen, mein Becken, die Narben, man sieht alles. Meine Augenringe sind schlimmer als die von L.
Alles in allem seh ich schrecklich aus. Duschwasser prasselt auf mich herab und erwärmt meinen Körper.
Eine Tür scheint sich geöffnet zu haben, doch durch die Geräusche des Wassers ist dies kaum wahrzunehmen.
"Ist da wer?"
Da keiner mir antwortet glaube ich,mich geirrt zu haben und führe meine Dusche fort. Als sich die Tür jedoch ein zweites Mal öffnet, höre ich eine Stimme. Lukas.
"Du bist zu spät. Was is denn..Oh, Besuch."
Augenblicklich beende ich meinen Duschgang, trockne meinen Körper und springe in eine Jogginghose.
"Besuch?",frage ich verwirrt,als ich die Bad-Tür öffne, erröte jedoch peinlich berührt, als ich Chrissy erblicke.
Diese scheint jedoch unbeirrt auf meinen Oberkörper zu starren,welcher von Narben übersäht ist. Schnell streife ich mir einen Pullover über.
" Es is nicht wo-"
"Woher kommen die Narben? ",unterbricht sie mich.
Lukas zieht scharf Luft ein, da er weiß, wie schrecklich dieses Thema ist für mich.
"Es geht dich nichts an. Was gibt's? "
"Ich wollte mich für gestern entschuldigen und fragen ,ob ich mit euch Frühstücken darf?"
Fragend blicke ich hinüber zu Lukas,welcher nur zustimmend nickt.
Keine viertel Stunde später sitzen wir schweigend am Tisch. Uns allen,abgesehen von Chrissy, war die vorige Situation noch etwas unangenehm.
Man merkt ihr an, dass es sie immernoch stört,so entschließe ich mich etwas zu sagen.
"Sie stammen nicht aus meiner eigenen Einwirkung. Es sind schlechte Erinnerungen ."
Damit stehe ich auf und stelle mein Tablet an der Theke ab.
Ich verlasse den Raum mit dem Gedanken bei ihm ..
Um 12.30Uhr, 3Stunden später, sitze ich vor dem Sprechzimmer von Dr. White und spiele Candy Crush .
"Mattis Bitte! "
Langsam lasse ich das Smartphone in der Hosentasche meiner Jogginghose verschwinden und folge der Arzthelferin,Mandy schien ihr Name zu sein, ins Zimmer.
Dort wartet bereits Dr.White auf mich. Das Zimmer war freundlich; fast schon gruselig für ein Krankenhaus.
"Was führt dich hierher? Sonst muss ich doch immer zu dir kommen." Ihr Lächeln ist aufgesetzt und übertrieben. Ich weiß, dass sie das nur um unseret Willen tut.
"Er. Die Erinnerungen sind wieder da."
"Wir haben doch oft genug darüber geredet, was du dann zu tun hast oder nicht? Ich bitte dich."
"Es tut mir leid, aber es half einfach nicht. Sie tun auch wieder weh. Bitte, nur noch dieses eine Mal."
Wortlos ging er zu seinem Schreibtisch und holte zwei Kapseln aus einer quietschenden Schublade.
"Nur noch dieses Mal!", warnte er mich.
Seufzend erhob ich mich und sah ihn noch meine Akte schließen, bevor ich den Raum verließ.
Viele Gänge entfernt erreichte ich auch schon mein Zimmer und setzte mich auf das Bett.
Leise flüsterte ich mir selber zu, "Du kennst das Risiko Mattis.", schluckte die Kapsel und ließ mich nach hinten fallen.
Wie hoch es wohl mittlerweile war?
Ich wollte mich aufsetzen, doch mein Körper gehorchte mir nicht. Viel mehr schlossen sich meine Augen für einige Zeit...
