Gegenwart

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Ein Leben zu zweit wird zu zwei allein. 

Das passiert immer wieder, nur glaubt man meist nicht, dass eines dieser immer wieder man selbst sein wird. Dass sein eigenes Wir zu zwei Ichs zerbrechen könnte. Wir sehen Statistiken und identifizieren uns mit dem Sonderfall.
Weil wir doch etwas besonderes sind, und nicht Teil der Einheitsmasse. Keine Zahl. Seelenverwandschaft lässt sich nicht berechen.

Und doch.

Ich stehe also da und studiere ein Gesicht, dass mir einmal vertraut war und jetzt entrückt scheint.
Es herrscht ein Schweigen und ich kann nicht entscheiden ob es unangenehm oder beruhigend ist, denn was haben wir zu sagen?
Wir sind auseinandergedriftet. Die Strömung die uns zusammengebracht hat, auf der trieben wir auseinander.
Ich habe gepaddelt. Weg, meistens.
Aber in diesem Moment spüre ich das vertraute Verlangen das Boot zu wenden, weil es doch eh schon Löcher hat und ich sinken werde und ich jemanden brauche, der mir hilft es zu reparieren.

"Wohin bist du unterwegs?" frag die Person vor mir. Heute ohne Schirm, weil die Vergangenheit eben doch die Vergangenheit ist, obwohl sie jetzt gerade passieren könnte.

"Ein Café" sage ich ein bisschen zu leise, aber die Person versteht mich trotzdem. Sie hätte es auch verstanden, wenn ich es nicht gesagt hätte

"Ein Date?"

"Nein" Ich denke an die Zeit, in der diese Person meine Sonne war. Ein Stern. Zwar einer aus Milliarden, aber trotzdem der einzige, den ich zum Überleben brauchte.
Es war kalt, für eine ganze Weile und der Gedanke an Wärme auf meiner Haut lockt mich.
Doch dann denke ich daran, dass auch Sterne sterben und dabei alles in ihrer Umlaufbahn zerstören. Und ich weiß ich kann nichts tun, um meinen Stern am leben zu erhalten, ich kann nur versuchen den Weltraum zu erkunden. Denn wenn das Universum unendlich ist, dann weiß ich, das meine Chancen gut stehen.
Ich stehe also da, vor einer Person ohne Regenschirm und sage nichts mehr, lasse schweigen erneut über uns fallen. Diesmal ist es schwer und unvollständig, weil acht Worte fehlen. Doch nach einigen Augenblicken wird es endgültig, voll mit widerstrebender Akzeptanz.

Wir driften auseinander mit blauen Flecken an den Stellen unseres Treffens.
Vielleicht werde ich ertrinken, aber mein Boot hält keine zwei Personen.
Ich muss meine Löcher selbst flicken, oder lernen zu schwimmen.




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