Meeting with the devil

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Es war ein leicht verregneter Tag im Herbst. Ich war schlecht aus dem Bett gekommen und dass sah man mir auch an. Ich konnte ja nicht wissen, dass dieser Tag mein Leben verändern würde. Dann hätte ich mich natürlich passender angezogen.

Ich hinkte schon einige Zeit in der Uni hinterher, hatte einiges aufgeholt, doch heute war ich voller Tatendrang und wollte mal wieder hingehen. Bald standen die Prüfungen an. Nachdem ich mich also aus dem Bett gequält hatte, schlüpfte ich in eine Jeans, ein Paar leicht ausgelatschte Sneaker und einen viel zu großen Pulli, auf dem vorne leuchtend das Logo meiner Universität prangte.

Ich warf noch einen Blick auf die Uhr, sah ein, dass es für ein Frühstück schon zu spät war, schnappte mir Lederjacke samt Umhängetasche und spurtete los Richtung U-Bahnhaltestelle. Wind und Nieselregen zerzausten meine zu einem Dutt zusammengefassten Haare, doch auch dass war mir gerade egal. In der Uni würde ich niemanden beeindrucken müssen. Menschen, die mich kannten, würden mit meiner Erscheinung klarkommen, Menschen die mich nicht kannten, konnten mich mal...

Leicht durchnässt betrat ich das graue, kastenförmige Universitätsgebäude, in dem meine Vorlesung stattfinden würde, als irgendwo in den Tiefen meiner Tasche mein Lieblingssong erklang.

Verdammt. Was genau könnte Susan jetzt von mir wollen? Die einzige Person für die mein Handy klingeln würde, würde mich niemals in Allerherrgottsfrühe anrufen, da sie meinen nichtvorhandenen Schlafrhythmus nur zu gut kannte..

»Heeeey?«, schrie ich meine Freundin quasi an, da ich noch damit beschäftigt war, das Handy aus meiner Tasche zu fischen, während es schon ohne mich beschlossen hatte, den Anruf entgegen zu nehmen.

Ich hörte ein Husten und ein Räuspern am anderen Ende der Leitung, nachdem ich es endlich geschafft hatte, mein Handy an Blöcken, einer Flasche Wasser und sämtlichen Stiften vorbei zu manövrieren und es mir an mein Ohr zu halten.

»Ich hätte nicht gedacht, dich so früh schon zu erreichen, Liza, aber.. Du rettest mir gerade wahrscheinlich das Leben.«, ihre Stimme war nicht mehr als ein leises Krächzen, und ich musste mich konzentrieren um sie überhaupt zu verstehen.

»Bist du krank?»« Ich blinzelte und hörte mich sicher besorgt an.

Besorgt genug, dass ich als Antwort ein: »So schlimm ist es auch wieder nicht.. Nur.. Eine Grippe.. Aber so kann ich nicht arbeiten gehen..« bekam.

Oweia, ich wüsste wie dass enden würde. Ich würde mich als Assistentin für irgend eine reiche Tante nützlich machen müssen. Mir lag ja mehr das Managen von Materialen und Gütern, als das von Menschen. Menschen waren so anstrengend. Mit denen müsste man sich unterhalten. Container, die nach Japan verschifft werden müssen, würden nicht nach einem Fensterplatz quengeln, oder meckern dass das Brötchen zu trocken wäre. Aber wie könnte ich meiner besten Freundin einen Wunsch abtun? Also gab ich mich gleich von vorneherein geschlagen.

»Wo muss ich hin?«

Sie sagte mir eine Adresse und dass ich in einer halben Stunde dort aufkreuzen sollte. Alles weitere würde sie mir per Email zu kommen lassen, na danke.

Meinen Tag an der Uni konnte ich mir so glatt wieder abschminken... Aber mal ehrlich, allzu bereit dafür war ich auch nicht gewesen. Ich machte auf dem Absatz kehrt, zurück in den Nieselregen, zurück in die U-Bahn. Auf dem Weg zu dem Ort, der sich als leerstehende Lagerhalle mitten in der Stadt entpuppte, hielt ich bei einem Starbucks an und besorgte Kaffee.

Kaffee machte Menschen glücklich. Kaffee war immer ein guter Start wenn man sich nicht kannte. Ich hetzte weiter, betrat das Gebäude, wurde zu einer Garderobe dirigiert, vor der ich warten sollte. Also wartete ich. Sah mich leicht unauffällig um.

Bis eine melodische, tiefe Stimme in schönstem britischem Englisch herablassend den Jungen, der mich hergeführt hatte fragte »Ist der Ersatz schon da?«

Ich nahm an, er sprach von mir. Und da ich so nicht mit oder über mich reden ließ, atmete ich tief durch, räusperte mich und drehte mich um.

»Ich glaube ich bin der Ersatz. Ich.. Habe.. Ihnen Kaffee mitgebracht..falls Sie Zucker oder Milch dazu brauchen, dass hab ich seperat mitgehen lassen..«

Er war gut zwei Köpfe größer als ich, hatte die unglaublichsten Augen der ganzen Welt, und strahlte eine solche Autorität aus, dass ich das böse, durchdringenden Funkeln seiner Augen und seine perfekt liegenden Locken kaum wahr nahm.

Er knurrte: »Dass wurde aber auch Zeit!«, was mir das Blut in meinen Adern zum frieren brachte.

Moment, bitte was? Ich war pünktlich hier gewesen? Diesen Fehler hatte wohl kaum ich zu verbuchen. Er nahm stirnrunzelnd und immernoch verärgert den dampfenden Kaffeebecher aus meiner Hand, schnupperte daran, verzog angewidert das Gesicht und pfefferte ihn in hohem Bogen in die nächste Mülltonne.

Leicht verdattert sah ich dem Kaffee hinterher, den ich liebend gern getrunken hätte, bevor ich die nächste Rüge bekam.

»Bringen Sie mir Tee, schwarz, ein Schuss Milch, aber zackig!«

Er stapfte davon, in seine Garderobe, was mir einen kurzen Blick auf seinen knackigen Hintern ermöglichte, was aber auch keine Wiedergutmachung für dass gerade war oder für dass, was mich den Rest des Tages erwarten würde.

Er hatte sich nichtmal vorgestellt! Ganz zu schweigen davon, dass er sich nach meinem Namen erkundigt hatte? Was war dass nur für ein Mensch? Wie hielt es Susan mit ihm aus? Ich strich mir eine Strähne hinters Ohr, atmete tief durch und machte mich auf die Suche nach jemandem, der mir schwarzen Tee und Milch besorgen konnte.. Wobei er diesen »Gefallen« gar nicht verdient hatte.

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