Freitag, 13. Mai 2015

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 „Erzähl mir doch etwas über dich Megan", ich schaue mir ihren Umriss, den ich hinter den ganzen Schleiern und Schatten noch zu erkennen vermag an und weiß genau was sie hören will. Seit meinem ersten Termin bei Mrs Connor ist dies die erste Frage die sie mir stellt.

„Ich heiße Megan Flynt, bin fünfzehn Jahre alt und wohne in Quincy, Massachusetts."

Dieser Satz beschreibt mein gesamtes Leben. Seit dem Moment in dem die Ärzte meine Krankheit diagnostizierten, muss ich ihn immer wieder auswendig lernen. Er steht auf Zetteln in meinem Zimmer und an verschiedenen Stellen unseres Hauses, in meiner Jacke und an schlimmen Tagen sogar in meiner Handfläche.

Ich war ein kerngesundes Kind. Bis zu meinem fünften Lebensjahr, das Jahr, in dem meine Krankheit ausbrach. Es fing damit an, das ich die verschiedensten Sachen in der Ferne nicht mehr klar erkennen konnte. Meine Eltern gingen zuerst von ganz normaler Kurzsichtigkeit aus, doch als sich meine Augen innerhalb weniger Monate so stark verschlechterten, das ich Einiges, das sich direkt vor mir befanden übersah, wurde deutlich das etwas mit mir nicht stimmte.

Die schockierende Diagnose bekam ich am Donnerstag, den 15. August 2005. Das erste Stadium meiner Krankheit hatte eingesetzt. Ich werde mein Augenlicht verlieren.

Gemeinsam mit meinen Eltern und Nate, meinem neunzehn Jahre alten Bruder, ging ich in Therapie. Ich habe gelernt mit meiner Krankheit zu leben, nach dem mir immer wieder und auf die unterschiedlichsten Methoden verdeutlicht wurde, das mir sowieso keine andere Wahl bliebe. Mein Bruder geht auch sehr gut mit meiner Krankheit um. Er hilft mir, wenn ich wieder ein mal einen schlechten Tag habe und unternimmt etwas mit mir wenn es mir besser geht. Nate ist mit der einzige der mich nach wie vor normal behandelt und dafür bin ich ihm unendlich dankbar. Schwieriger war es für meine Eltern. Sie brauchten mehrere Jahre um über die Nachricht hinweg zu kommen und zogen sich beinahe komplett aus der Öffentlichkeit zurück.

Seit einigen Jahren hat sich dieses Problem bei Mom gelegt. Trotz das sie weiterhin eine Selbsthilfegruppe besucht, arbeitet wieder Vollzeit und hat mit den von ihr geleiteten Pilates-Kursen angefangen.

Bei meinem Dad hingegen ist das schwieriger. Er kann mir oft nicht in die Augen gucken wenn ich wieder mal einen Rückfall erlebe und wechselt auch sonst kein Wort mit mir über meine Krankheit. Er hat sich aus dem Leben zurückgezogen. Nimmt nicht mehr an Familienfeiern teil, arbeitet nur noch von zuhause aus und ist nicht bereit dazu seine sozialen Kontakte weiterhin zu pflegen.

Ich war sein absolutes Wunschkind. Eine Tochter mit dem selben dichten braunen Haar, wie er es hatte, groß und schlank gewachsen mit einem Gesicht, das dem einer Prinzessin glich. Seiner Prinzessin. So hatte er mich früher oft beschrieben, bis zu dem Moment, in dem ihm die Ärzte sagten, das sie für mich nicht mehr viel tun können. Er würde mich verlieren, das stand fest und das will er bis heute nicht akzeptieren. Egal wie oft ich ihm sagte, wie sehr es mich mitnahm, das er nicht der gleiche 'Daddy' mehr ist wie früher, war er niemals mehr bereit die abgebrochene Therapie zu wiederholen.

Ich wünsche es keinem, mit der selben Krankheit leben zu müssen wie ich, denn es ist verdammt schwer.

Aber dies ist mein Schicksal.

So bin ich geboren.

Und das ist mein beschissenes Leben.

Ich heiße Megan Flynt, bin fünfzehn Jahre alt und wohne in Quincy, Massachusetts. Ich leide an NCL, einer unheilbaren Nervenkrankheit, die mir mit der Zeit alles nehmen wird was mich ausmacht. Von meinem Gedächtnis und meinen Fähigkeiten die ich besitze, bis hin zu meinem eigenen Leben.


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⏰ Last updated: Jan 15, 2016 ⏰

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Und hinter dem Nebel mein SchicksalWhere stories live. Discover now