Ich hätte niemals gedacht, dass ich die Schule vermissen würde. Früher war das Wort »Ausfall« ein magisches Wort für mich. Ein Wort, dessen Bedeutung mir die alltägliche Schulroutine erleichterte. Obwohl ich bereits als kleines Kind von diesem Moment geträumt hatte, wünschte ich mir nun, er wäre für die Ewigkeit.
»Kommandozentrale an Satellit Mey. Bitte lande in der Schulkantine und komm auf den Boden der Tatsachen zum Stehen.« Ich schüttelte meine letzten Gedanken an und blickte Jungkook verwirrt ab. »Du kleine Träumerin.« Ein kleines Lächeln huschte auf seine Lippen, während ich schweigend den Salat auf meine Gabel spießte.
»Mianhae, aber ich muss wieder an den Abschlussball denken.« Leise versuchte ich meine Antwort unter den Salatblättern zu ersticken, doch Heylee und Jungkook verstanden meine Antwort nur zu deutlich. Sie verdrehten die Augen wie im Gleichtakt, konnten sich ein Grinsen aber nicht verkneifen.
Drei verschiedene Persönlichkeiten und eine Freundschaft - das konnte nur schief gehen. Trotzdem halfen sie mir aus vielen schwierigen Situationen raus, denn es war nicht immer einfach, die Musterschülerin zu sein.
»Was wollt ihr eigentlich nach dem Abschluss machen?« Jungkook ahmte mich nach und hatte zwei Sekunden später Salat in seinem Mund. Es war erstaunlich, dass so viel hinein passte, aber bei so einer Plappertasche war es vielleicht nicht mehr wunderlich.
»Schlafen.« Heyle stützte ihren Kopf auf ihre Hände, schloss die Augen grinsend und träumte bereits von ihrem Bett. »Und du?« Sie zwang sich dazu, die Augen einen Spalt weit zu öffnen und warf die Frage zurück.
»If weif nift. Wahrfeinlif mif den Jungf fur Uni gehen.« Natürlich musste das kleine Kind mit vollem Mund sprechen und konnte nicht einen Moment mit seiner Antwort warten.
»Also ich würde liebend gerne Modedesignerin werden, aber nicht so eine Verrückte, dessen Kleidung nur einmal auf dem Laufsteg zu sehen ist.« Ich sah es bereits vor meinem inneren Auge. Mein Wunsch spielte sich Tag für Tag erneut ab. Ganze Schaufenster wollte ich füllen. Jedes Mal, wenn ich an den Moment dachte, war ich für kurze Zeit von Glücksgefühlen überströmt, jedoch verblassten diese Vorstellungen schnell wieder, als hätte es sie nie gegeben. Vor einer Woche bekam ich die Absage von der Universität. Die Wartezeit würde drei Semester betragen, was eindeutig zu lange für mich war. Es gab bereits jetzt schon viele Verstöße gegen das Modegesetz! Ich erinnerte mich an keine andere Situation, in der ich danach so viel Eis gegessen hatte.»Hat euch jemand gefragt?« Heylee wechselte das Thema und blickte uns an. Ich verneinte die Frage, während Jungkook diese aber bejahen könnte.
»Ich wurde von einigen Mädchen aus unserer Stufe gefragt, aber ich möchte nur mit einer dorthin gehen. Trotzdem habe ich mich bis jetzt noch nicht getraut sie zu fragen.« Jungkooks Gesichtsfarbe schaltete wie bei einer Ampel auf ein strahlendes rot, sodass er als Bruder der japanischen Flagge durchgehen könnte.
»Frag sie doch endlich!« Ich blickte Jungkook eindringlich und ein wenig genervt an, dass ich das Gefühl hatte, meine Augen würden mir bald ausfallen. Er nickte, wenn auch zögerlich. Eine andere Antwort hätte ich nicht erwartet oder akzeptiert. Vor meinen Augen spielte sich endlich das kleine Szenario ab - live und in Farbe. Leider war das Ende bereits klar: Heylee sagte: »Ja!«. Dabei war es das Unberechenbare, dass das Leben erst interessant und begehrenswert machte. Aber natürlich freute ich mich für die beiden.
Während Heylee nun panisch feststellen musste, dass sie kein Kleid hatte, da sie eigentlich nicht kommen wollte, packte ich gemütlich zusammen. Sie zog mich sofort, ohne Verabschiedung ihres Begleiters, aus der Kantine. Notgedrungen winkte ich Jungkook noch zu, ehe wir hinter den Türen verschwanden.
Ungeduldig blickte Heylee ständig auf die Uhr, da der Bus bereits einige Minuten Verspätung hatte. Ich wippte von einem Bein auf das andere und versuchte somit die Zeit totzuschlagen.
»Heylee! Mey!« Wir drehten uns in die Richtung aus der die Stimmen kamen. Jimin und Taehyung wedelten bereits von Weitem verrückt mit ihren Armen, als seien sie nicht schon groß genug, dass man sie hätte übersehen können. In solchen Momenten wünschte ich mir manchmal, diese Art von Mensch nicht zu kennen. Aber was wäre mein Leben denn ohne sie? Langweilig? Eintönig? Ruhig und gesittet? Auf jeden Fall nicht so wie jetzt.
»Wo ist Jungkook? Wir haben es etwas eilig.« Jimin konnte seinen Blick nicht von seiner neuen Armbanduhr reißen und sah fast wie ein junger Geschäftsführer mit streng strukturiertem Ablauf aus. Es fehlte nur noch der Anzug. Taehyung hingegen könnte als zu groß gewachsenes neunjähriges Kind durchgehen. Ich deutete mit meinem Finger auf die Schule, was die beiden sofort verstanden.Wir verabschiedeten uns voneinander, als der Bus bereits an der Ecke zu sehen war. Heylee zog mich hinein, als wäre ich ihr Schoßhündchen. Spätestens hier merkten Außenstehende, wer von uns beiden die Dominantere war. Dennoch war sie so gütig und überließ mir den Fensterplatz. Ich starrte hinaus und betrachtete die vorbeiziehende Stadt. Im Sommer blühten die Kirschblüten am schönsten, weshalb ich mich in diese Jahreszeit verliebt hatte. Den frischen Duft konnte man in der ganzen Stadt riechen. Zumindest, wenn man mal nicht von den ganzen Abgasen eingeräuchert wurde.
Keine zehn Minuten später waren wir im ersten Laden, fanden jedoch auf Anhieb kein Kleid für Heylee. Die Wahl der Shopassistentin war etwas speziell, weswegen ich mich eigenhändig durch die ganze Abteilung mit den Ballkleidern kämpfte. Als Heylee es anprobierte, passte das Kleid wie angegossen. Das dunkelblaue Minicocktailkleid ging ihr knapp bis zu den Knien. Es bestand aus einem trägerlosen unteren Kleid, worüber eine Partie aus gemusterter Spitze genäht wurde, welches bis über die Ellenbogen ging. Ein schwarzer Gürtel ließ das Ganze noch elegant wirken. Obwohl sie sich anfangs gegen das dunkle blau gewährt hatte, konnte ich sie dazu überreden.
Schuhe und Accessoires waren schnell von der Liste abgehakt, sodass wir bald schon im nächsten Bus saßen und uns mit den ganzen Einkaufstüten an den Reihen vorbei quetschten.»Wir haben es jetzt 17 Uhr. Wir sind gut im Zeitplan. Ich dachte, dass wir länger gebraucht hätten.« Beruhig konnte Heylee ihren Blick von ihrer Armbanduhr nehmen. Während ich die Augen verdrehte, verkniff ich mir meinen Kommentar, die meiste Zeit sei für sie draufgegangen. Wir liefen schnell zu unserer Wohnung, um uns fertig zu machen.
In meinem Zimmer blieb mein Blick sofort an der glänzenden Kleiderpuppe hängen, welche Eomma mir zu meinem letzten Geburtstag geschenkt hatte. Ich hatte schon vieles für mich und Heylee genäht. Praktisch an dieser Kleiderpuppe war, dass man verschiedene Maße verstellen konnte.
Für mein Abschlussballkleid hatte ich mich für ein rotes, trägerlos Kleid entschieden, was vorne kurz und nach hinten hin länger war. Es hatte, wie Heylees Kleid, ein unteres Kleidungsteil. Das Oberteil hatte ich mit Spitze überzogen und über den Rock nähte ich einen leicht transparenten Stoff mit einer roten Umrandung. Ein roter Stoffgürtel mit einer Schleife zierte den Hüftbereich. Schnell griff ich nach meiner Kleiderhülle, hängte das Kleid auf den Haken und steckte meine heutigen Einkäufe in die Innentaschen.
Heylee, welche währenddessen unter der Dusche gewesen war, klopfte an meine Tür, um mir nun das Bad zu überlassen. Innerhalb weniger Minuten war meine morgendliche Routine noch einmal durchlebt. Mit einem Glätteisen kamen Locken in meine schwarzen langen Haare. Neben mir betrachtete sich Heylee im Spiegel und steckte sich vorsichtig eine Perle nach der anderen ins Haar. Obwohl sie sehr vor lauter Aufregung zitterte, bekam sie ihre Frisur einwandfrei hin.________________________
[Reupload]
Ich bin von den Toten auferstanden.
Nach langer, und ich meine wirklich langer, Bearbeitungszeit habe ich das Kapitel endlich veröffentlicht.
Einige Textstellen wurden komplett gestrichen und einige Details abgeändert. Aber der Inhalt bleibt im großen und ganzen der selbe (hoffe ich).Ich freue mich jeden neuen Leser begrüßen zu dürfen.
Viel Spaß beim Lesen!
viet_la
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Overwhelmed | 박지민
FanfictionMey Chan ist das perfekte Mädchen auf dem ersten Blick. Mit ihrem exzellenten Zeugnis konnte sie sich ihren Traum der Modedesignerin erfüllen. Nach dem Abschluss verstreuten sich ihre Klassenkameraden in alle möglichen Richtungen. Lediglich zu enger...