Was mach' ich hier?

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Es war ja nicht so als wäre es ungewöhnlich dass er meine Hand nahm, das taten wir ständig um Leute zu verarschen, doch die Art wie er mir nun in die Augen sah war so entschlossen und feierlich, dass ich rot anlief und versuchte meine Hand seinem Griff zu entziehen, weil ich verunsichert war. Sobald er meinen Wiederstand merkte verflüchtigte sich der Ausdruck in seinen Augen und er lächelte mich verschämt an. Beinahe hätte ich den kurzen Schmerz der durch seine Augen zuckte nicht gesehen, beinahe. Ich ließ also meine Hand in seiner. Es war ja nicht so, dass ich nicht wusste dass er auf mich stand. Dieses Gefühl beruhte sogar auf Gegenseitigkeit aber ich wusste, dass ich nicht gut darin war Beziehungen zu führen und Lukas war einfach ein zu guter Freund um riskieren zu können ihn durch einen meiner unüberlegten Kommentare zu verlieren. So hatte ich meine letzten beiden Freunde vergrault und ich würde es nicht auf ein drittes Mal ankommen lassen. Vor allem nicht mit meinem besten Freund.

„Können wir möglicherweise schlafen gehen? Ich bin echt müde und morgen schreiben wir diese dämliche Mathearbeit.", sagte ich und stand auf um ihm die Möglichkeit zu bieten aufzustehen und sich im Bad umziehen und fertig machen zu gehen, doch er blieb mach kurz sitzen. Dann stand er auf und zog vor meinen erstaunten Augen sein T-Shirt aus. Ich muss sagen, er hatte einen klasse Körper. Obwohl er ein kompletter Filmnerd war, war er keiner von denen die nur zu Hause saßen, sich einen ekelhaften Bart wachsen ließen, fett wurden und mit dreißig noch bei ihren Eltern wohnten. Er war einer derjenigen, die nachdem sie in das „Herr der Ringe Universum" eingetaucht waren, alles daraus nachmachen wollten.

Er betrieb aktiv Bogenschießen und Kendo (ich hatte irgendwie mitbekommen, dass das was mit Schwertkampf zu tun hatte) und machte nebenbei noch Karate um in Form zu bleiben. Und Oh mein Gott es zahlte sich aus! Ich konnte gerade noch so verhindern, dass mein Mund aufklappte und vollkommen idiotisch rumbaumelte aber das war ein Kraftakt. Er hatte einen Körper von dem Leonardo Di Caprio heutzutage nur noch träumen konnte. Er hätte locker mit Chris Hemsworth konkurrieren können obwohl Lukas' Körper ausgewogener trainiert und nicht so übertrieben muskelbepackt war.

Natürlich hatte ich ihn schon ohne Oberteil gesehen, das ließ sich im Sommer im Freibad kaum vermeiden, doch ich war ihm dabei nie so nah gewesen wie jetzt. Er stand direkt vor mir und sah mir tief in die Augen, doch als ich wegsah lehnte er den Kopf in den Nacken und setzte sich in Bewegung. Seine Bewegungen waren geschmeidiger als gewöhnlich als er sich dicht an mir vorbei drängte um seine Tasche zu erreichen und seinen Pyjama rauszuholen. „Ich bin dann mal im Bad", sagte er und seine Stimme hatte einen bisher unbekannten Ton, der meine Beine zum zittern brachte.

Als er aus dem Raum war musste ich mich erst mal aufs Bett setzen und versuchen klar zu denken. Ich meine ich wusste, dass er auf mich stand seit wir uns vor ein paar Jahren näher kennengelernt hatten aber ich war mir immer noch so unsicher. Natürlich fühlte ich etwas für ihn, doch ob das genug wäre um mit ihm zusammen zu kommen konnte ich nicht sagen. Eins wusste ich zumindest definitiv: Auch Männer kommen mit einigem durch wenn sie ihr Oberteil ausziehen.

Ich starrte auf meinen Handrücken, fast wie um meine Fassung wieder zu gewinnen und konzentrierte mich darauf was ich sagen oder tun sollte, wenn er dieses Spiel weiterspielen würde. Und während ich das tat begann meine Hand zu kribbeln und der Bildschirm klarte sich auf. Ich sah wie Lukas wieder zur Tür hereinkam und direkt auf mich zuging. Er kam mit einer Entschlossenheit auf mich zu die mir bewusst machte, dass er ganz genau wusste, dass ich ihn auch sehr mochte, egal auf welcher Ebene. Ich sah wie er mein Gesicht in seine großen Hände nahm und mich mit einer Endgültigkeit küsste, dass mir schon beim Zuschauen schwindelig wurde. Die Vision verblasste und ich war seltsam dankbar dafür, dass sie mir diese Szene gezeigt hatte, denn nun wusste ich was ich zu tun hatte. Ich würde in mein Bett kriechen und so machen als würde ich schlafen. Das war feige und gemein das wusste ich aber ich wollte diese Art der Konfrontation unbedingt vermeiden. Also stieg ich unter die Bettdecke und legte mich in meine übliche Schlafposition. Ich versuchte meinen Atem zu kontrollieren, schaffte es aber zuerst nicht, weil ich noch so aufgewühlt war von den Ereignissen gerade. Nach ein paar Sekunden wurde meine Atmung gleichmäßiger und ich konnte mich nun auf beruhigende Dinge, wie die Mathearbeit morgen früh von der ich wusste, dass es ein kompletter Reinfall würde, konzentrieren. An die Arbeit zu denken beunruhigte mich zwar aber es war eine andere Art der Beunruhigung als die zuvor.

Als Lukas wieder in mein Zimmer kam und mich sah war ich tatsächlich fast eingeschlafen. Ich öffnete meine Augen einen Spalt weit gerade genug um sein leicht enttäuschtes Gesicht sehen zu können und es ließ mich innerlich zusammen zucken vor Schuld. Ich sollte es ihm einfach sagen und es hinter mich bringen aber andererseits war ich so müde, dass ich schon wieder fast weggedöst wäre, hätte Lukas sich nicht neben mein Bett gestellt und zärtlich meine Wange geküsst bevor er auf das Sofa zuging und es sich dort bequem machte. In meinem Magen regte sich etwas, dass einer fetten zufriedenen Katze glich. Es schien mir als würde sie genüsslich ihre Klauen in meinen Bauch graben und ein tiefes, zufriedenes Schnurren von sich geben. Und während ich noch vor mich hin grübelte ob ich doch die falsche Entscheidung getroffen hatte, fiel ich einen unruhigen Schlaf.

In meinem Traum war ich umgeben von unglaublich vielen, unglaublich gutaussehenden Männern, die alle nacheinander ihre T-shirts auszogen. Ich meine nicht, dass ich etwas dagegen gehabt hätte, aber sie sahen alle mich an und kamen mit geschmeidigen Schritten auf mich zu als wollten sie etwas ganz Bestimmtes von mir. Nicht, dass ich nicht zu naiv bin um nicht zu wissen was es sein könnte, das sie wollten aber ich befand mich in diesem wunderbaren Zustand der totalen Schwerelosigkeit und mir war so ziemlich alles egal Hauptsache sie ließen mich nur noch ein paar Stunden schlafen.

Als die Männer immer näher kamen schlängelte sich plötzlich eine kleine weiße Katze mit schwarzen Punkten auf dem Rücken durch die vorderste Reihe der Männer und sprang mir in den Arm. Und auf einmal erinnerte ich mich an all die anderen seltsamen Ereignisse die heute geschehen waren. Meine Visionen. Warum hatte ich das so verdrängt? Ich sollte mehr darüber nachdenken. Woher kamen sie? Was bedeuteten sie? Wieso hatte ich sie? Und in dem Moment in dem ich aufwachte wusste ich, dass ich mich jemandem anvertrauen musste. Ich musste sogar gar nicht mal lange nach der geeigneten Person suchen, denn sie stand schon über mich gebeugt, schüttelte mich wach und rief mir zu, dass wir zu spät kämen, wenn ich nicht bald aufstünde.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 22, 2016 ⏰

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