Kapitel 2

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"Layla"
Sie lächelte.
Sie sagte meinen Namen in einem zuckersüßem Tonfall.
"Was willst du?",knurrte ich sie an.
Unschuldig zuckte sie mit der Schulter.
"Ich will einfach nur mit meiner Schwester reden.Das ist alles."
Sie schaute mich an.Ich betrachtete sie genauer:Meine große Schwester Julia trug ein rotes Kleid.Es war weinrot.
Ihre blonden Haare fielen in einer Lockenpracht auf ihren Rücken.
Ihr Gesicht war wie immer "perfekt" geschminkt.
Alles war an ihr "perfekt".
Ich verabscheute langsam dieses Wort.Sie schaute mich mit ihren braunen Augen an.
Ihr weinrotes Kleid hatte einen Schlitz an der Seite.
Ihr Rock breitete sich bis zum Boden aus.
"Ich will aber nicht mit dir reden,Julia!"
Ich ging zu der Schminkkommode,um meine Haare zu bändigen.Sie waren ganz zerzaust von meinem nächtlichen Ausflug.Gerade als ich beginnen wollte meine Haare zu kämmen,nahm meine Schwester mir den Kamm aus der Hand und drückte mich in den Sessel,der vor dem Spiegel stand.
Ich schaute in den Spiegel und sah ihr in die Augen.Sie hatte Tränen in den Augen.
"Ich weiß nicht,warum du immer so zu mir warst.
Und es tut mir leid,dass ich nicht eine Schwester für dich sein konnte,so wie du es dir gewünscht hättest."
Sie fing an meine Haare zu bürsten und mit Perlen zu verschönern,während sie weiter redete.Ich hörte ihr interessiert zu.
"Ich wollte heute bloß...
Also,was ich sagen wollte ist..."
Sie brach ab und ließ den Kamm sinken.Tränen rannen über ihr Gesicht.
Ich erhob mich von meinem Stuhl und führte sie zu meinem Bett.
Julia setzte sich auf mein Bett und verdeckte ihr Gesicht mit den Händen.Sie schluchzte auf.Behutsam legte ich ihr tröstend einen Arm um die Schulter.Nach einer Weile ließ sie die Hände sinken und sah mich mit schleierhaftem Blick an.
"Heute ist der letzte Tag.Der letzte Tag,an dem wir allein sein können.
Und ich wollte wissen,warum.
Warum magst du mich nicht?Warum hast du mir nie die Chance gegeben deine Schwester zu sein?"
Ich nahm meinen Arm von ihrer Schulter.

Ich war nie gut genug für unsere Eltern.Ich war wie unsichtbar.Du hast mich auch nicht beachtet.Erst jetzt.
Du hast alle Liebe bekommen.Ich nicht.
Weil ich anders war.
Ich war anders als du.
Aber du warst perfekt.
Die perfekte Tochter.
Die perfekte Königin.
Aber nie die perfekte Schwester.
Du hast dich nie um mich gekümmert,weil du perfekt sein wolltest.
Aber niemand ist perfekt.
Nicht einmal du.

Ich wollte ihr das alles sagen.
Aber es war zu spät.
Ein Diener klopfte an der Tür.
Es war so weit.
Das war das letzte Mal mit ihr.
Der Prinzenball stand bevor.
Und mein Plan.
Das letzte Mal,das ich mich in meinem Zimmer umschaute.
Vielleicht ist das das letzte Mal,dass ich hier bin.
Wir schauten uns an.
Sie wischte ihre Tränen mit der Hand weg und glättete ihr Kleid.
Mit einem letzten Blick schloss ich die Tür zu meinem Gemach.
Ich schloss damit all meine Vergangenheit,all meine Kindheit und all meine Erinnerungen ab.
Mit einem leichten und falschen Lächeln ging ich an der Seite meiner Schwester in die Richtung des Ballsaals,aus dem man schon Stimmengewirr und Musik hörte.
Die hohen Türen wurden geöffnet und das helle Licht von den Kronleuchtern,die an der Decke hängten,blendeten mich für einige Sekunden.
Die Stimmen wurden leiser und die Musik hörte auf.
Alle Blicke waren auf uns gerichtet.
Jetzt gab es kein Zurück mehr.

2 Schwestern Eine Rebellin Eine PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt