Mein Mund trocknete aus und mit zittrigen Beinen ging ich auf die Bühne. Im Rücken spürte ich die stechenden Blicke der Zuschauer, mein Atem wurde immer schneller und im Stillen hoffte ich, dass der Keks seine Wirkung aufrecht erhält. Ein Mann im weißen Kittel führte mich am Arm zu einem hohen Stuhl, der zum Zuschauerraum zeigte. Zahlreiche Menschen mit weißer Kleidung sprangen mir förmlich ins Auge, aus den Augenwinkel sah ich die große Nadel näher kommen.
Ein erstickter Schmerzensschrei kam aus meinem Mund, schnell überprüfte ich, ob ich noch eine Erinnerung an die vorigen Stunden und Tagen habe und tatsächlich - alles war noch in meinem Kopf! Fast erleichtert taumelte ich auf den Ausgang zu, hinter mir tönte der Applaus, da ich die Letzte von den Zeremonieteilnehmer war. Hinter der Ausgangstür wurde ich grob gepackt und in eine Ecke gezerrt, konnte gerade noch das Mädchen erkennen, welches mich geschminkt hatte. Steckte sie etwa mit dem Großen Weisen unter einer Decke? Auf einmal wurde ich in etwas Weiches gedrückt, vermutlich ein Sessel, es war einfach zu dunkel. Kurz darauf ertönte ein lautes Klacken und das Licht ging an, schnell guckte ich mich um und der Einrichtung demzufolge befand ich mich in einer Abstellkammer. Jetzt konnte ich auch meine Entführerin erkennen-es war wirklich das Mädchen, dass mich geschminkt hatte.
Sie sah durch das weiße Licht ein wenig bedrohlich aus. Langsam näherte sie sich mir und meinte beruhigend: ,,Tut mir Leid, wenn ich dich jetzt grob behandelt habe, aber ich habe die Vermutung, dass jemand herausgefunden hat, dass du immun gegen die Impfung warst. Wenn das die Runde macht, bist du in großer Gefahr. Deshalb habe ich dich hierher verfrachtet-hier bist du sicher und der Große Weise wird auch gleich kommen und dich holen."
Überrascht und verwirrt schüttelte ich den Kopf: ,,Gehörst du auch zu dieser Gruppe? Warum arbeitest du dann hier?"
Stockend erklärte mir das junge Mädchen: ,,Ja, ich gehöre zu dieser Gruppe, und ich arbeite als Spionin hier-damit ich alle informieren kann, wenn sich irgendetwas Neues ereignet. Alles Weitere wird dir der Große Weise erklären." Gleich darauf fügte sie noch hinzu: ,,Bin heute wirklich durch den Wind, ich bin die Mina und du bist Sira, das weiß ich ja schon." ,,Eine Frage habe ich aber dennoch!", beeilte ich mich, bevor sich die Mina vielleicht weigert noch mehr kurze Informationen herauszurücken. ,,Warum wurde nur mir der Film gezeigt?"
Mina fing auf einmal an ein kurzes Gedicht aufzusagen:Menschen gibt es zahlreich und viel
aber allein du bist unser Ziel
zu verändern in diesem Lande
zu bekämpfen diese Schande
Welche unsere unfrei macht
Unsere Regierung lacht
über die großen Summen von Geld
welches regiert beständig unser Welt
Los, verändere!Verwundert über dieses Gedicht, schüttelte ich den Kopf. Genau in diesem Moment wurde es im Zimmer eisig kalt, ein lautes Donnern ertönte aus der Nähe des kleinen Fensters, schon war das Fenster weg. Gleich darauf steckte der Große Weise seinen Kopf hinein. Woher wusste er nur, dass ich hier bin?
,,Komm mit, Sira, wir dürfen keine Zeit verlieren!" Er streckte mir seine Hände entgegen. Schnell drehte ich mich noch einmal zu Mina um, sie nickte nur kurz mit dem Kopf und meinte zu mir: ,,Hier, das ist für dich! Aber lies es bitte später!" Mit diesen Worten drückte sie mir ein vergilbtes Stück eingerolltes Papier in die Hand.
Der Große Weise packte meine Hände und flugs war ich bald darauf schon im schwebenden Auto.
,,Was für eine Aufregung, nicht?", fragte der Große Weise mich und tätschelte meinen Rücken. Da konnte ich nur nicken.
,,So, jetzt sorge ich mal dafür, dass wir von diesem Ort wegkommen!" Erneut murmelte er irgendwas und schnell waren wir wieder in der Luft.
Jetzt schwebte ich einer ungewissen Zukunft entgegen. Ich konnte nur spekulieren und es mir ausmalen. Am Ende kommt es doch ganz anders, wie erwartet.Nach einer halben Stunde kamen wir an, an einem verlassenen Land. Ich konnte kein einziges Haus entdecken, alles war voller Sand und Steine. Der Große Weise, der immer noch seinen verwesten Mantel an hatte, drückte seine Hand auf einem kleinen Stein, der unmittelbar neben einem großen Fels stand und ich hörte ein Piepen. "Einen Moment, es wird gescannt!" sprach der Stein. Stirn runzelnd starre ich den Stein und dann den Großen Weisen an. Ich wollte etwas sagen, der Stein verschlug mir die Sprache. "Guck einfach zu und halte den Mund!" brummte der Große Weise etwas zornig. Okay, was sollte das hier? Er kann doch nicht einfach eine Hand auf einen Stein legen und er führt uns dann zum Eingang? Sobald ich an einem Eingang dachte, öffnete sich der Boden unter uns und wir fielen in die Leere. Ich kreische, schreie und brüllte am Spieß, doch es war zwecklos. Weiter in der Tiefe sah ich ein kleines Licht und schreie noch mehr. Plötzlich verschwand mein Augenlicht und mein Gehirn schaltete mich aus.
"Sira?", sprach eine weibliche Stimme zu mir. Wo bin ich? Wieso kann ich meine Augen nicht öffnen? Vergeblich versuchte ich zu sprechen. Lag ich im Koma? "Das Betäubungsmittel war wohl etwas zu stark." Ich lag nicht im Koma, ich wurde betäubt! Holt mich hier raus! Ich will hier raus! Ich will nach Hause und die Scheiß Impfung haben, damit ich das nicht mit erleben muss. "Gib mir mal die Spritze!" Was eine Spritze? Wollen sie mich töten? Nein. Nein. Neeiin! Ich versuchte zu brüllen und zu zappeln, doch es ging nicht. Innerlich weinte ich. Dann spürte ich einen plötzlichen Stich in meinem Arm, als würde mir man das Blut aus meinem Körper aussaugen. Stattdessen spürte ich eine Flüssigkeit, die durch meinen Venen fließen und dann wachte ich auf.
"Hallo, Sira.", sprach Clary und lächelte mich an. "Wir dachten schon, du wärst tot." Ich war nicht tot! Ich lebe! Jede Faser meines Körpers spürte ich, dass ich lebendig bin. Ihr Lächeln erwiderte ich."Wie fühlst du dich?", fragte sie vorsichtig. "Gut,wieso?", antwortete ich etwas verwirrt. Sie seufzte tief: "Die Feier fängt gleich an, dann siehst du die restlichen Auserwählten." Gespannt sah ich sie an, darauf freute ich mich schon. "Pass gut auf dich auf, du bist wertvoller als jeder anderer hier." flüsterte sie und verschwand. Was hat sie damit gemeint? Verwundert schaue ich auf meine Hand und sah das vergilbtes eingerolltes Stück Papier.
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Die andere Seite
Science FictionDie friedliche Welt Tura, sorgt dafür, dass die Boshaftigkeit schwindet. Sira wird von einer Rebellengruppe vor der Zeremonie auserwählt und fängt an, sich gegen die Regierung zu stellen. Ein Kampf zwischen Leben und Tod. Zwischen Hoffnung und Liebe...