1. ~ I

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Dies hier ist ein Tardy One-Shot mit drei Teilen. Heißt: Nach diesem Kapitel (natürlich nur falls es dir gefällt :D) noch nicht wegdrücken, sondern weiterlesen. ;)
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P.o.V. Ardy

Nachdem ich das alles herausgelassen hatte, verstummte ich und presste meine Lippen aufeinander. Sehr langsam sah ich auf und blickte schüchtern in sein Gesicht, das Unglauben und Fassungslosigkeit widerspiegelte. Gefühle, die ich schon die ganze Zeit über vorausgeahnt hatte.

Er hob seine Hand - bestimmt wollte er mich schlagen. Natürlich. Wie hatte ich auch so dumm sein können. Ihm das alles zu erzählen.

Seine Hand schwebte in der Luft und ich zog den Kopf ein und machte die Augen zu, bereitete mich auf die kommende Ohrfeige vor. Doch antstatt einen brennenden Schmerz in meiner Wange zu spüren, spürte ich seine Hand. Seine Hand- die mich nicht schlug, sondern die plötzlich warm an meiner linken Wange lag.

Sanft streichelte er mir übers Gesicht, über die Wangenknochen, über das Kinn, meinen Nasenrücken hinauf und über meine Augenlieder. Überall, wo mich seine Finger berührten, hinterließen sie ein angenehmes Prickeln auf meiner Haut.
Vorsichtig machte ich ein Auge auf, das auf der anderen Seite meines Gesichtes, auf dem keine Hand lag. Mit diesem blickte ich in blaue Augen, die mich forschend ansahen. Schnell kniff ich mein Auge wieder zu.

Das konnte doch nicht wahr sein! Er konnte es nicht ernst meinen. Er musste mir etwas vorspielen. Sich über mich lustig machen. Was auch sonst. Wie hatte ich nur so blöd sein können.

Ich schlug die Augen auf und ging langsam einen Schritt zurück. Wich vor ihm zurück. Seine Augen sahen mich sofort entschuldigend an und er streckte seinen immer noch erhobenen Arm nach mir aus. "Ardy!" Seine wunderschöne Stimme flüsterte meinen Namen. Als hätte er Angst, dass ich bei jedem kleinsten Geräusch wieder einen Schritt zurückgehen, von ihm weichen würde.

Ich zwang mich, meine Augen von seinen abzuwenden und versuchte das Gefühlschaos in meinem Inneren zu bändigen. Oder wenigstens zu erst einmal zu ordnen.

Ich hatte jahrelang mit diesen Gefühlen in mir gelebt. Hatte sie jedoch nicht an die Oberfläche gelassen. Ich hatte sie vergraben, tief in meinem Inneren, in den Untiefen meiner Gefühlswelt und ich hatte nie vorgehabt, sie jemals nach draußen gelangen zu lassen.

Ich hatte mich lieber damit herumgeschlagen, dass bei jeder Begrüßung, jedem Wort, jeder Frage und jeder Berührung ein Feuer des Verlangens in mir aufloderte, das - wie ich ganz sicher wusste - nie gestillt werden konnte.
Ich hatte mir jedes Mal auf die Zunge gebissen und nichts gesagt. Ich antwortete stets "Alles in Ordnung." auf die Frage, ob es mir denn gut ginge. Jeder Blick seinerseits, der Funken auf mich überzusprühen schien, die das Feuer erneut zu entflammen drohten, wurde von mir unauffällig erwidert.

Ich musste mich bei jeder brüderlichen Umarmung beherrschen, sie nicht zu vertiefen und mich schließlich widerstrebend aus seinen Armen lösen.
Auch wenn ich meinte, dass ich an der Sehnsucht nach seiner Nähe und der Erwiederung meiner Liebe verdursten musste, blieb ich dennoch ruhig. Ich hatte es alles immer wieder heruntergeschluckt und es für mich behalten. Zu groß war meine Angst davor, dass er mich zurückwies. Dass er mich verstoßen würde, sobald er erfuhr, was ich die ganze Zeit über vor ihm geheim gehalten hatte.

Ich wollte nicht, dass unsere über Jahre aufgebaute, tiefe Vertrautheit zerbrach und so ließ ich mich auf eine rein freundschaftliche Beziehung ein, obwohl ich wusste, dass mir das nicht genügte. Es ließ mich innerlich zerbrechen, dass ich mich ihm nie würde hingeben können und dass ich auf die Erwiderung meiner Gefühle nicht zu warten brauchte.

Ich verzweifelte mehr und mehr und irgendwann brach alles zusammen.

Meine Fassade bröckelte immer mehr, bis sie schließlich in sich zusammenfiel und freigab, was sich jahrelang dahinter verborgen hatte. Ich hatte keine Kraft mehr, alles zu verdrängen und mir nichts anmerken zu lassen.

Das war der Grund, warum ich mich kurzentschlossen auf den Weg gemacht und ihn - zugegebenermaßen völlig aufgelöst - aufgesucht hatte.
Und jetzt stand ich vor ihm.
Vor meinem besten Freund und demjenigen, dem ich soeben meine Gefühle gestanden hatte.

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Sorry für den Cliffhanger... :D
...und auch dafür, dass das Kapitel ziemlich kurz ist, aber ich fand, es hat da grade so gut gepasst, es aufzuteilen.
Cool, dass du den Weg zu dieser Geschichte gefunden hast! :)

Familiarity [Tardy] | OSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt