◀ Kapitel 3

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Seit diesem Gespräch in der Bar vergingen ein paar Tage, und immer wieder fand ich mich in Gedanken daran wieder, was Ömer mir erzählt hatte. Es hatte mich tief beeindruckt, wie offen und ehrlich er über seine Vergangenheit sprach. Vor allem war ich erstaunt, wie sehr er trotz allem an seiner positiven Einstellung festhielt. Ömer schien einfach ein herzensguter Mensch zu sein, und das war etwas, das in der heutigen Welt nur noch selten vorkam. Doch bei jedem Gedanken an ihn stellte ich mir immer wieder die Frage: War ich bereit, mich auf jemanden wie ihn einzulassen?

Meine Grübeleien wurden jäh unterbrochen, als mein Bruder Berkan mich aus meinen Gedanken riss. „Rüya, hallo? An was denkst du? Ich hab dich jetzt schon fünfmal gerufen!", sagte er und stubste mich leicht an. Verwirrt blinzelte ich und brauchte einen Moment, um wieder in die Realität zurückzufinden. „Was?", fragte ich etwas abwesend.

„Ich wollte wissen, ob du Lust hast, ins Kino zu gehen", wiederholte er geduldig und musterte mich neugierig.

„Ähm, nein, keine Lust. Geh doch mit Sibel", schlug ich vor und lächelte süß, in der Hoffnung, dass er darauf anspringen würde. Sibel hatte schon seit einer gefühlten Ewigkeit ein Auge auf Berkan geworfen, aber er war in Sachen Liebe blind wie ein Maulwurf.

Doch anstatt meinem Vorschlag zuzustimmen, verzog er das Gesicht. „Was soll ich bitte mit deiner Freundin? Für mich ist sie wie eine Schwester, und du weißt das", sagte er mit einem Achselzucken. Autsch. Das war hart.

„Sie ist 24, fast so alt wie du, und dazu ist sie verdammt hübsch. Du stehst doch auf Türkinnen. Was passt dir denn an ihr nicht?", hakte ich nach, halb belustigt, halb genervt.

Berkan seufzte genervt und legte den Kopf schief. „Ja, aber Sibel sieht nicht mal richtig türkisch aus. Sie hat diese blonden Haare, die sind ja ihre Naturhaarfarbe, und das gibt ihr einen deutschen Look. Wenn sie braune Haare hätte, so wie du, könnte ich es ja noch verstehen."

„Ach, du bist echt unmöglich!", murmelte ich genervt. Berkan und seine komischen Vorstellungen von Frauen. „Ehrlich, warum siehst du das nicht? Sie ist lieb, hübsch und kennt dich schon ewig. Würdest du dich nicht freuen, eine Frau zu haben, bei der du weißt, dass sie dich niemals hintergehen würde?"

Er seufzte erneut, dieses Mal etwas nachdenklicher, und lehnte sich gegen den Türrahmen. „Natürlich würde ich das, aber... ich sehe sie einfach nicht so. Für mich ist sie wie eine kleine Schwester, die ich beschützen muss, verstehst du? Ich kann mir da einfach nichts anderes vorstellen."

Ich schnaubte frustriert. „Du bist echt blind, Berkan. So blind." Mit diesen Worten erhob ich mich und verschwand in mein Zimmer. Ich ließ mich aufs Bett fallen und spürte einen Schwall Mitleid für Sibel. Sie hatte so viel für ihn übrig, aber er würde es wahrscheinlich nie sehen. Wie konnte jemand so blind sein?

Gerade als ich in meine Gedanken versunken war, vibrierte mein Handy auf dem Nachttisch. Neugierig griff ich danach und sah, dass ich eine WhatsApp-Nachricht von Ömer erhalten hatte.

„Selam, wie geht es dir? Ich musste gerade an dich denken."

Mein Herz machte einen kleinen Sprung. Wie süß konnte ein Mensch nur sein? Doch bevor ich mich in irgendwelchen Tagträumen verlor, rief ich mich selbst zur Ordnung: Stopp, Rüya! Reiß dich zusammen! Nur weil du Rüya heißt – was „Traum" bedeutet –, musst du doch nicht gleich anfangen zu träumen!

Ich schrieb schnell zurück: „Aleyküm selam, mir geht es gut, danke. Und dir? Wieso musstest du an mich denken?"

Er antwortete fast sofort: „Mir geht es auch gut, wenn es dir gut geht. Ich weiß nicht, mein Herz hat sich zusammengezogen. Seit der Bar, als ich dich nach deiner Nummer gefragt habe, dachte ich, du würdest dich melden. Hast du aber nicht. War ich zu voreilig?"

Die arrangierte Sache [ÜBERARBEITUNG]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt