Was heißt schon 'Perfektion'?

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Ist es nicht eigentlich so, dass, wie so vieles andere auch, Schönheit, Gefallen an etwas, auch die Perfektion im Auge des Betrachters liegt? Ob etwas perfekt ist oder nicht ist also völlig subjektiv und wird jedes mal mit einem anderen Maß gemessen. Betrachten wir mal ein Glas. Es ist sauber, hat keine Ränder oder Muster, es ist einfach ein schlichtes Glas. Mit einem Sprung. Schon ist es nicht mehr schön, sauber und perfekt wie es aus der Produktion kam. Betrachten wir ein anderes Glas. Es hat einen dickeren Rand und unzählige Sprünge. Es sieht sogar fast aus wie ein Muster. Es ist schön, so war es geplant. Der Hersteller fand es irgendwann mal perfekt. Wovon hängt es also ab, ob etwas perfekt ist? Ob wir es auch so gewollt haben, ob es sich mit unseren Vorstellungen und Erwartungen deckt. Sind es also unsere Erwartungen und Ansprüche die sich nicht mit dem begnügen können, was wir können oder haben? Was wir sehen? Wenn wir uns mit weniger zufrieden geben, sind bestimmte Momente, Werke, Projekte dann eher "perfekt"? Was passiert mit uns, wenn wir an alles Hohe Ansprüche stellen, so hoch, dass sie alles von uns abverlangen? Kommt drauf an, ob wir es wollten oder nur jemand anderes. Ob wir mit Leib und Seele daran hängen oder wir für die Erwartungen eines anderen schuften. Ob wir jemandem eine Freude machen wollen oder nur schnell was zu erledigen haben. Schnell, schnell eben den Abwasch, den Müll runter bringen. Oder zum Picknick am Teich hätte aber noch das und das gefehlt, die Mücken haben genervt oder, irgendjemand hat den Kuchen (an dem der ganze gestrige Abend gebacken wurde) in den Teich geworfen. Oder ist einfach nur gestolpert. Alles hin! Es sollte doch perfekt werden. Nagut, dann gibt's eben keinen Kuchen, die Kekse sind auch sehr lecker. Oder, zu viel süßes lockt sowieso nur Tiere an. Wie wär's statt dessen mit einem Spiel, statt nur zu essen? Alles eine Frage der Einstellung. Muss wirklich alles so perfekt sein? Sind unsere Erwartungen nicht ein bisschen übertrieben? Sind wir mal ehrlich, sie treiben uns doch all zu oft an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Ach, meine Nerven! Ich hab schon wieder Kopfschmerzen.

Ein anderes Beispiel:

Kürzliche wurde bekanntgegeben, dass Supermärkte nicht mehr nach 22 Uhr geöffnet haben sollen (zumindest da wo ich wohne). Wie finden Sie das? Der Kunde ist König! Das ist doch schön, nicht? Alles muss zur höchster Zufriedenheit sein, wenn etwas nicht meinen Wünschen entspricht, es nicht so ist, wie ich es mir vorgestellt hatte, meine Erwartungen nicht erfüllt wurden, dann gibt es etwas zu beanstanden! Warum mit weniger zufrieden geben, wenn ich alles kriegen kann? Haben wir es wirklich so nötigt uns, auf gut deutsch, den Zucker in den Arsch blasen zu lassen? Können wir uns wirklich nicht mit weniger zufrieden geben? Das zweitbeste ist einfach nicht gut genug? Wenn ich so an meine Oma denke, so fällt mir auf, dass sie anders ist. Allgemein hin scheinen es die Älteren unserer Gesellschaft (noch) ruhiger angehen zu lassen. Und häufig kommen dann so junge Gören wie ich daher und rennen schnell um sie rum, weil ich es eilig habe, weil ich schneller bin und keine Zeit habe zu warten. Schnell, schnell, schnell!!! Avanti, avanti! Komm in die Pötte, der Bus wartet nicht. Gut, Pünktlichkeit ist durchaus ganz praktisch ne, aber Ampeln können ja so gemein sein. Warum heute? Jede rote Ampel nehme ich mit! Das ist einfach nicht fair. Ich sehe Ampeln als Zwangspausen in unserem hektischen Leben. Völlig ungewollt, denke ich mal, denn die Ampeln regulieren ja nur wer gerade stehen muss und wer weiter darf. Dass dabei kurze Pausen entstehen ist halt ein Nebeneffekt. Wenn Sie das nächste mal an einer roten Ampel stehen (besser nur als Fußgänger), dann machen Sie doch mal kurz die Augen zu und atmen tief ein und aus. Vielleicht nicht ganz so tief, es ist ja immer noch eine Straße. Aber nutzen Sie einfach diese Pause, die Ihnen geschenkt wurde! Sie müssen stehen bleiben, Sie können nicht mehr hektisch weiter fahren/rennen! Ein kurzer Ausstieg aus der ruhelosen Betriebsamkeit. Warum denn nicht?

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