Das letzte Lächeln

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Ich wusste zwar das es dazu kommen würde, allerdings dachte ich es würde länger dauern.

Bis zu meinem 10. Lebensjahr war mein Leben normal so wie das der meisten anderen. Mit 10 Jahren begann ich, sagen wir mal zu denken, weil Kinder sind ja doch noch sorgloser und denken weniger nach. Um genau zu sein begann ich tiefgründiger zu denken...ein großer Fehler wenn man eigentlich das Leben genießen wollte.

„Hahaha"

Ich begann alles zu hinterfragen und machte mir Gedanken über alles Mögliche, naja und über alles Unmögliche. Unmöglich ist eigentlich falsch, da ich nichts für unmöglich hielt. Ich bin abergläubisch und bin mir sicher, dass es Geister, Dämonen, Götter und was weiß ich nicht alles gibt. Ich finde es naiv zu denken, dass es etwas was man noch nie gesehen hat einfach nicht geben soll. Überleg mal... du läufst nachts alleine durch die Straßen, alles ist dunkel, du siehst dich nicht um und läufst einfach grade aus. Und dann erschießt dich jemand von hinten. Hast du den Mörder gesehen? Nein. Aber er war trotzdem da. Und selbst wenn ihn jemand gesehen hat, wenn er gleich darauf stirbt kann er es niemandem sagen.

Bei dem Gedanken musste ich schmunzeln...

Und wenn man bedenkt wie ängstlich die Menschen sind und wie schnell sie panisch werden, und was Regierungen alles geheim halten nur um Massenpaniken zu vermeiden, dann ist es doch gut möglich, dass alles was es angeblich nicht geben sollte doch existiert, oder?

Mit der Zeit hab ich den Glauben in die Menschheit und mein Vertrauen verloren. Ich wurde immer und immer wieder enttäuscht und belogen. Ich verabscheue Lügner und Heuchler. Das habe ich ihnen auch immer zu verstehen gegeben. Ich begann mit, keine Ahnung 11 oder 12 Jahren? Jedenfalls, in der Zeit hab ich angefangen nur noch schwarz zu tragen, schwarz sagt viel aus, ich finde schwarz poetisch. Natürlich hatten die Leute sofort ihre Vorurteile, alle, Fremde, "Freunde" und Blutsverwandte. Ich sage absichtlich nicht ,Familie' da ich finde Familie sind Leute die man ins Herz geschlossen hat, die man vermisst wenn sie weg sind. Sowas hab ich nicht. Und jetzt werde ich auch keine mehr brauchen. Ich hab nicht nur schwarz getragen, ich habe meine Augen sehr stark schwarz geschminkt und bin so oft ich konnte mit roten Kontaktlinsen oder anderen die einen nichtmenschlichen Eindruck machten rumgelaufen. Ich habe Hass entwickelt, auf die Menschen und auf mich, aber hauptsächlich auf die Menschen deshalb wollte ich weder normal noch menschlich aussehen. Ich habe mich seit meinem 10. Lebensjahr in meine Fantasie geflüchtet, habe eine Geschichte und eine Familie erschaffen...hätte ich meine Fantasie nicht gehabt hätte ich mich mit 10 schon umgebracht, weil mir alles zu viel wurde. Mein erster Selbstmordversuch war eine Woche nach meinem 13. Geburtstag, ein Freitag. Hat nicht geklappt. Ich habe noch 4 Jahre länger existiert, leben kann man das nicht nennen, mir wurde alles egal und mein Hass, Misstrauen wurden größer.

Mit 15 hab ich angefangen zu rauchen, Schlussfolgerung meines Vaters: ich ficke mich durch die Stadt, besaufe mich jeden Tag, bin wahrscheinlich schwanger, nehme Drogen und rauche mindestens eine Schachtel am Tag. Meine Eltern haben auch immer wenn ich schlief oder nicht da war mein Zimmer durchsucht. Schön das man seinen Eltern vertrauen kann egal was passiert. Angelogen haben sie mich auch zu oft, meine Mutter war für mich eine Heuchlerin. Ich hab sie gehasst.

Mit der Zeit hab ich angefangen mich für den Tod, Folter, Waffen und ähnliches zu interessieren. Horror, Splatter und Psycho hab ich immer geliebt. Ich bin zwar nicht durch die Straßen gerannt und hab Leute abgestochen aber ich habe Interesse entwickelt und wollte es wenigstens einmal vor meinem Tod versuchen.

Mit 15 war ich mir sicher ich würde nicht älter als 30 werden, irgendwann würde ich einfach alles frei lassen. Ich hab gewusst irgendwann würde ich genug von der Welt haben, jemanden töten, einen Platz suchen an dem ich sterben wollte. Ich wollte immer in einem Wald sterben, au feiner Lichtung in deren Mitte ein Stein war, groß genug das man problemlos darauf sitzen könnte, und alles wäre bedeckt mit Schnee. Der Schuss eines Polizisten würde dann alles beenden.

Dass es mit 17 schon soweit seien würde überraschte mich nicht wirklich.

Und damit wären wir in der Gegenwart.

Jetzt laufe ich nachts um was weiß ich wie viel Uhr durch den Wald und suche eine Lichtung oder irgendwas. Die Polizei dürfte auch nicht mehr weit weg sein. Ich hab die Leichen schließlich nicht versteckt und hab mir nicht mal Mühe gegeben leise zu sein. Ich habe meine Eltern einfach erschossen. Ziemlich langweilig wie ich finde.... Aber es fiel mir nicht schwer.

Es ist Januar, die Temperaturen sind also auch dementsprechend aber mir war nicht kalt. Keine Ahnung warum aber ich konnte schon immer bei -10°C in kurzen Klamotten rumrennen. Es schneite seit ca zwei Stunden und der Wald sah auch bereits sehr verschneit aus. Ich liebte Schnee... Er war wunderschön und hatte so eine Wirkung auf mich die ich nicht erklären kann. Mir kam irgendwann mal der Gedanke das Schnee das gefrorene Fell weißer Hasen sein könnte...Ich mochte den Gedanken irgendwie, dabei musste ich immer schmunzeln. Und während ich so über den Schnee nachdachte, und ab und zu mal fast vor einen Baum lief, wurden die Bäume weiter vorne weniger. Ich ging weiter und als ich weit genug gegangen war und die Bäume aufhörten konnte ich nicht anders als laut loszulachen. Da war sie. Diese Lichtung die ich mir immer vorgestellt hatte. Auf der ich meinen Tod so oft durchgespielt hatte. Sie war groß, bestimmt um die 300m Durchmesser, bedeckt mit Schnee, umringt von Bäumen, tief im Wald und in der Mitte der große Stein. Kein Plan was ich davon halten soll aber es gefällt mir. Ich betrete die Lichtung und gehe auf den Stein zu. Ich setze mich und warte darauf das die Polizei mich findet, währenddessen werden meine Fußspuren wieder zugeschneit. Nach einer Weile ist das Bellen von Hunden und das Geschrei von Polizisten zu Hören. Jetzt sammeln sich ein Gutes Dutzend Polizisten und ein paar Spürhunde am Rand der Lichtung vor mir. Ich sitze aufrecht und sehe den Polizisten abwechselnd direkt in die Augen. Es ist still geworden.

Polizist: „Frau S..."

„Sprechen sie diesen Namen nicht aus!"

Ich hasse diesen Namen, ich habe seit Jahren so gut es ging einen anderen verwendet. Der Polizist sieht kurz, etwas verunsichert wie ich finde, zu einem seiner Kollegen herüber. Ich musste wider schmunzeln und gab ein leises Kichern von mir. Der Polizist sieht wieder mich an, ich ihn ebenso.

Polizist: „Mrs, Sie werden des Mordes an ihren Eltern beschuldigt, nehmen Sie die Hände hoch! Widerstand ist zwecklos, Sie sind umzingelt!"

Ich starre ihm weiter in die Augen. Auf meinem ausdruckslosen Gesicht breitet sich ein Grinsen aus und ich fange wieder an zu kichern.

„Ich habe mir das Ganze nochmal durch den Kopf gehen lassen und nehme eine kleine Änderung vor."

Mit diesem Satz nehme ich die Norinco NC 226 aus der kleinen Tasche die ich dabei habe und halte sie mir an die rechte Schläfe.

„Ich nehme ihnen die Arbeit ab."

Das letzte Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus und ich drücke den Abzug der Waffe.

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