Schwach sah ich die Lichter des Heims von weiten flackern. Ich hatte mich wieder auf gerappelt, denn ich wollte nicht aufgeben, keine Schwäche zeigen, keiner Angst zeigen. Ich kämpfte mich wie ein Ritter zum Heim, nur das ich humpelte und gekrümmt ging, nicht gehoben Hauptes auf einem Ross und von allen bejubelt, ritt. Vereinzelt liefen Personen achtlos an mir vorbei, als wäre ich nicht da,als wäre ich nur ein Geist. Mein Atem bließ kleine Wolken aus, die durch den Regen schnell zerfielen.... Wie ich. Die Wolken sind schwach. Sie sind hilflos. Sie sind lästig. Sie sind nutzlos. Abfall von Menschen. Wenigstens wusste ich nun, dass ich nie die Einzige dieser Art bin. Erschöpft stand ich im Heim. Ich hatte es geschafft, doch ich machte keine Anstalten mich zu beglückwünschen. Wie ein Häufchen Elend, rutschte ich an der Tür runter auf den Boden, dort wo ich hingehört. Mein Blick lag starrte auf meinen abgenagten Finger, welche ich auf meinen eingezogenen Beinen gelegt hatte. Dahinter verschwommen, der mit Schlamm bedeckte Teppich. "Cat! Steh auf und geh hoch in dein Zimmer!" Erschrocken zuckte ich zusammen und ein wimmern brach aus meiner Kehle. "Gott! Jetzt geh hoch",rief die Heimleiterin aufgebracht und verärgert. Ihre Stöckelschuhe verrieten wie schnell sie mit ihren kleinen fetten Beinen vorran stolzierte. Ich krallte meine Hand zu einer Faust, die abgekauten Fingernägel bohrte ich in meine Haut, nur um mit dem Schmerzen Kraft zu bekommen und aufzustehen. Kaum stand ich wackelig auf zwei Beinen und hob langsam den Kopf, schubste mich die kleinen Knubbelfinger der Heimleiterin und wieder. Ich lag im Dreck und mein Atem ging schwer. Wie ein Reh, das weiß, dass es gleich erschossen wird, lag ich dort. Über mein Sicht legte sich ein grauer schleier und in meinem Kopf leutet die Alarmglocken. Hilfe!! Hilfe!! Schrie alles in mir, doch es wäre nur ein Traum, wenn mich wer hören würde. "Bist du zu allem zu dämlich! Wenn du nicht sofort aufstehst gehst du auf die Straße Fräulein!" Mit diesen Worten riss mich die grauhaarige Frau hoch und der Geruch von Chanel Nr. 1 kam mir entgegen. Es betäubt für einen kurzen Moment meine Nase, bevor ich zur Treppe sah und mich aufraffte. Die spitz gepfeilten Fingernägel, die perfekte Waffe der Leiterin, bohrten sich in meinen Unterarm. Sie war der Löwe und ich seine wehrlos Beute. Sie schliff mich hoch, der Schmerz in mir fraß mich auf. Ich schrie (!) stimmlos. Ich brüllte stumm. Mein Kopf, der Einzige, der mich verstand. Jeder Schritt brachte mich zum Zittern. Zittern vor Angst, zittern vor Schmerz. Ein dumpfer Laut ertönte, ein kalter Luftzug ließen meine Haare kurz fliegen. Schon wieder. Wie wollen sie es mir noch deutlicher machen das ich nicht hier hin gehöre?? Wie? Wollen sie mich auf die Streckbank legen? Wollen sie mir einen Finger abschneiden? Körperlicheschmerzen machte mir nichts mehr aus, doch die seelischen trafen mich wie ein Hurrikan! Mein Schutzwall bröckelt, die Mauern stürzen ein, die ersten Soldaten sterben an Folgen. Mein Blick? Leer. Ich sah nichts. Ich wollte nichts sehen! Nie wieder! Ich wollte frei sein! Ich wollte bei ihm sein... Du wirst nie bei ihm sein! Guck dich an.STOP! Zeige ich Schwäche? Erneut? Was soll das? Nichts fühlen. Ich bin leer, weil die Menschen mir alles genommen haben. Nichts fühlen. So wie die anderen. Ich muss mich ihnen anpassen. Zeig ihnen nicht, dass du anders bist. Sei normal! Mein Gesicht verzog sich zu einem Gesichtsausdruck voller Schmerzen. Die Welt dreht sich weiter, aber ohne mich. Andere heben ab, ich bleibe hier liegen. Die Kälte zog hinein. Es fühlte sich am wie Frost, als sie meine Haut streichelte und sich das blutende Gewebe schmerzlich zusammen zog. Ein neuer Feind, doch ich war zu müde um auch ihn in Angriff zu nehmen. Ich schloss meine Augen und hob schmerzlich meinen Oberkörper beim atmen. So lag ich dort. In meiner Höhle, auf dem von Milben zernagten Holzfußboden. Ich starrte ins nichts. Mein Blick war leer, doch würde man in mich rein gucken, wären viele erschrocken und ich würde nur noch ekelhafter aussehen. Noch abscheulicher Wirken. Meine Augen fielen erschöpft zu und ich fiel in die Dunkelheit.
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Daddy
FanfictionJeden Tag trug ich ihn bei mir. Er war schon immer da und er sagte mir die Wahrheit: Was gab es besseres als Schmerzen und mit Schmerz zu vergessen? Ich war ein Außenseiter. Stumm. Keiner hörte meine Stimme, keiner bekam jegliche Freude von mir zu...