Annas Sight: Meine Haare klebten an meinem Gesicht und Regenwasser tropfte von meiner Kleidung auf die polierten Fliesen, was ein leises Platschen von sich gab. Wieder so ein scheiß Tag... dachte ich mürrisch und schniefte. Draußen war es ziemlich kalt und der Regen machte das Ganze auch nicht besser. Die Kälte bohrte sich durch meine schwarze Strickjacke bis auf meine Knochen. Der Pudel am Empfang wurde durch mein Schniefen auf mich aufmerksam und sah mich grinsend an. Glotz' nicht so. Hast du noch nie einen nassen Menschen gesehen, oder was., dachte ich genervt. Allerdings verkniff ich mir diese Bemerkung und trat näher an den Tresen heran. „Anna Jameson. Ich brauche nur Antidementiva.", erklärte ich knapp und klatschte ihr meine Bescheinigung auf die blanke, weiße Oberfläche. „Ah ja... verstehe.", murmelte der Pudel und beäugte das Rezept. „Das Materiallager ist oben. Du kennst den Weg?", fragte sie und reichte mir meinen Zettel. Meinerseits kam nur ein Nicken und schon war ich auf dem Weg nach oben. Hastig lief ich die Treppen hinauf. Ich hasste das Krankenhaus. Alles war weiß... so unschuldig. Und der Geruch verursachte Kopfschmerzen. Mein Kopf pochte. Wie konnte ein steriler Ort immer noch nach etwas riechen? Egal. Ich wollte hier einfach so schnell wie möglich wieder weg. Keuchend kam ich im 3. Stock an und riss stürmisch die Tür auf. Fuck... Vor mir war kein Materiallager mit einem Arzt, sondern ein abgedunkelter Raum mit einer kleinen Leinwand und einem Projektor. Mehrere Leute saßen in einem Stuhlkreis versammelt. Da sieht einer beschissener aus, als der andere. Verdutzt sahen sie mich an und erwarteten anscheinend eine Erklärung."Ich – ähm...", stotterte ich und suchte nach den Worten für eine anständigen Entschuldigung. „Möchten Sie sich zu uns setzen?", fragte mich ein relativ junger Mann in einem karierten Hemd. Ich schätzte ihn auf Mitte 30 und sein Drei-Tage-Bart konnte mal wieder einen Rasierer vertragen. Das war anscheinend der Leiter dieser Gruppe. „Tut mir leid. Ich will ihre Seelsorge-Runde hier nicht stören. Und ich bin nicht an einer Moralpredigt interessiert. Danke.", sagte ich schnell, machte auf dem Absatz kehrt und knallte die Tür zu. So war ich eben. Immer etwas direkter als nötig. Oh Gott, war das peinlich... rasch ging ich ein paar Räume weiter zu dem Raum, in dem die Ärzte ihre Medikamente aufbewahrten. Ein junger Typ öffnete die Tür und ließ mich rein. Er war wohl neu hier. Die letzten male, als ich hier war, hatte ich ihn nie gesehen. „Antidementiva", war das Einzige, was ich sagte. Der Neue sah mich verwundert an und fuhr durch seine geligen Haare. „Sind Sie dafür nicht etwas jung?", fragte er belustigt, verstummte jedoch, als er meinen warnenden Blick sah. Seufzend stand er von seinem Bürostuhl auf und kramte kurz in den Regalen, worraufhin ich eine Box mit den Tabletten bekam. „Dankeschön.", sagte ich etwas zu sehr betont und machte mich auf den Weg nach Hause.
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Bloody Hope
RomanceSie sind auf den ersten Blick komplett verschieden und doch recht ähnlich. Plötzlich kreuzen sich ihre Wege und das Leben der beiden ändert sich von Grund auf. Eine Geschichte über Liebe und Krankheit. Eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt.