Kapitel 1: Aufgewacht

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Ich öffne meine Augen und erblicke die hellen Strahlen der Sonne. Der Geruch vom frisch gemähten Gras steigt bis in meinen Kopf und der Schatten des Baumes fällt auf mich. Ich will mich aufrichten doch mich stoppt etwas. Schmerz. Mein Kopf brummt und ich lege mir langsam die Hand auf die Stirn.
"So warm.."'
Meine Stirn brennt quasi.
"Wow, du bist ja wach"
Eine tiefe männliche Stimme ertönt hinter mir. Ich stehe auf und aus reflex zog ich ein Schwert. Er hebt seine Arme als Zeichen, dass er mir nichts antun will. "Hey, hey ! Ich mach ja schon nichts"' , sagt er kichernd. Ich ziehe meinen Schwert trotzdem nicht ein und bin immer noch in meiner Angriffsposition. Erst jetzt realisiere ich was ich hier tue und lasse meinen Schwert fallen. Mir ist so schlecht.
"Sag mal, bist du Okay ?", er schaut mich etwas besorgt an.
"J-ja..", stottere ich.
"Sieht nicht so aus, kleine'', er kichert und reicht mir die Hand. "Komm, ich lass dich in mein bescheidenes Haus"
Soll ich ? Soll ich mitkommen ? Er gibt mir einen Weg mich auszuruhen, wenn ich sie nicht annehme ? Dann kann ich sehen wie ich hier draußen klar komme. Ich habe mich entschieden. Ich streckte meine Hand aus und lege sie vorsichtig auf seine. Er lächelt mich mit einem warmen Lächeln an, hebt mir mein Schwert auf, drückt mir den in die Hand und lacht leicht. "Falls du Angst bekommst, kannst du mich jederzeit erstechen."
Diese Worte faszinierten mich auf einer Weise und steckte es ein.
Mir wird immer kälter und die Hand dieses Jungen ist sehr warm. Ich betrachte ihn, seinen Muskelaufbau und seine Größe. Weiße Haare. Schwarzes Fell. Ich glaube er ist ein Wolf. Er ist einen halben Kopf größer als ich.
Ich. Was ist mit mir ? Welche Rasse bin ich ? Wie sehe ich aus ? Ich schaue automatisch auf meine Hände und betrachte sie. Graues Fell..weiße Pfoten... Nach einer Weile kommen wir an, es ist ein dunkles Haus und sieht nicht sehr 'Besucher-freundlich' aus . Wir betreten das Haus und die Tür knirrscht als man sie öffnete.
"Tut mir leid, wenn es unordentlich ist. Ich habe selten Besuch", er kratzt sich am Kopf und lächelt leicht.
"Kein Problem."
Irgendwie bin ich ihm gegenüber misstrauisch. Irgendwas stimmt hier doch nicht, warum lässt er denn jemand Fremdes in sein Haus ? Er muss sich dann wahrscheinlich gut verteidigen können, denn wer sonst lässt eine Person, die man nie im Leben gesehen hat, bei sich rein ? Der Typ ist echt komisch..
"Hast du Durst ?", er lächelt mich leicht an und hat schon zwei Gläser in der Hand.
"Tee wäre gut"
Ich muss an meinen Zustand denken, am besten wäre wirklich ein Tee, ich hoffe ich werd dann nicht immer noch diese Schmerzen ertragen müssen. Er schüttet etwas Wasser in einer Kanne, macht sie zu und stellt sie aufs Herd. Ich glaub er hat nicht so die besten Sachen der Welt aber immerhin hat er Essen, Trinken, ein Bett, eine Badewanne und eine Toilette. Das sind eines der wichtigsten Sachen die man braucht. Ich habe das Gefühl, dass er alleine wohnt aber irgendetwas hindert mich an diesem Gedanken. In dem Moment höre ich Schritte, die die Treppen runter gehen.
"Hm..?" Ich schaue durch die Küchentür und erwarte, dass jemand rein kommt.
Der schwarze Wolf lacht: "Komm schon raus kleiner."
In meinem Blickfeld streckt sich ein Kopf hinter der Tür. Ein kleiner Junge- wieder ein Wolf. Schwarzes Fell, grün-leuchtende Augen und einen wedelnden Schweif. "Großer Bruder, wer ist das ?"
Diese süße, recht hohe Stimme des kleinen verzaubert meine Ohren. Ich wette, wenn er um etwas bettelt, bekommt er einfach alles. Ich muss innerlich leicht lachen aber diese Schmerzen hindern mich dabei. Ich spüre wie mir der Schweißtropfen die Stirn runter läuft. Mir ist kalt, doch ich bin gleichzeitig kochend heiß. Ich spüre langsam meine Beine nicht mehr und klappe etwas zusammen. Ich halte mich sofort an der Theke fest und stütze mich.
"Hey, alles in Ordnung ?", er geht auf mich zu und haltet meinen Arm. "Du siehst echt blass aus" Er legt seine Hand langsam auf meiner Stirn und schaut verwundert. "Du hast ja Fieber !"
Schnell nimmt er meinen Arm, legt diese um seine Schulter und hilft mir aufs Sofa zu legen.
"D-du musst nicht-"
"Pscht. ", er unterbricht mich. Ich halte sofort meinen Mund und schließe langsam meine Augen. "Bleib liegen, ich kümmere mich um dich.", er steht auf und verschwindet. Mir wird immer kälter und plötzlich verfalle ich in einen Schlaf.
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Rennen. Ich renne durch einen Wald. Alles ist verschwommen aber ich höre schreie. Ich versteh sie nicht. Es sind Wörter, doch ich kann nichts entziffern. Rennen.. Rennen.. Rennen..
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Meine Augen öffnen sich. "Nh..." Ich richte mich auf und merke zwei Decken auf mir liegen. Ich schaue sie an, dann schaue ich mich um. Ich liege immer noch im gleichem Zimmer.
"Du bist ja wach", er kichert, "hatten wir diese Situation nicht schon mal ?"
Ich nickte nur, ich weiß nicht warum er kichert.
"Sag mal, wie heißt du eigentlich ?", er rührt den Löffel im Tee gegen den Uhrzeigersinn.
"Kate"
Es kam wie von Automatisch. "Interessant. Ich bin Kagim, schön dich kennenzulernen Kate", er lächelt mich an.
"Wie spät haben wir denn ?"
"Du hast 3 Stunden geschlafen, falls du das wissen willst !" , er lacht.
So ein süßes lachen.
"Hattest echt hohen Fieber - muss ich gestehen", er schaut mich bemitleidend an.
"Ach echt..?", ich fasse mir an die Stirn. Normaltemperatur. Ich bin erleichtert, mir geht es endlich besser.
"Ich hab dich noch nie in dieser Gegend gesehen. Von wo kommst du ?", er trinkt einen Schluck seines Tee 's.
Stich.
Wer bin ich ?
Es folgt stille.
"Hey, sag doch was, Kate ?", er stellt seine Tasse hin und schaut mich an.
"I-ich.. Weiß es nicht..", ich konnte nichts mehr sagen ich bin gerade selbst überfordert. Was mach ich hier eigentlich ?! Warum weiß ich nur, dass ich Kate heiße und eine Wölfin bin ?! Wer bin ich !?!
Ich fasse mir am Kopf und kann nicht von der Decke weg schauen.
"Wie, du weißt es nicht ?", er stützt sich mit seinen Ellenbogen am Tisch und haltet die Hände unterm Kinn.
"Ich habe keine Ahnung ! Ich weiß nur, dass ich Kate heiße !", ich stehe direkt auf und suche einen Spiegel. Ich will mich sehen. Sofort !
"H-Hey !", Kagim steht auf und läuft mir hinterher. "Sag nicht, dass du gehen willst !", er fasst mich am Arm und zieht mich zu ihm.
"Ich will sehen, wer ich bin !", ich reiße mich los und stehe dann vor einem Spiegel.
Schwarze, lange Haare die bis unterm Po reichen. Die Spitzen sind im dunklem blau-ton. Mein linkes Auge ist blau und das rechte ist Lila. Mein Fell ist hellgrau mit weißen Pfoten. Mein Schweif hat auch am Ende etwas weiß. Unter meinem linken Auge habe ich einen Stern-Tattoo. Mein Scheitel ist in der Mitte, doch ich trage einen XXL-Seitenpony auf der linken Seite.
Ich legte meine Hand am Spiegel und starre mich mit leicht offenem Mund an.
"Hübsch"
Ich drehe mich zu Kagim, der mir gerade ein Kompliment machte. "D-danke", bringe ich leise heraus und schaue mich weiter an. Ich fasse die Spitze meines Ponys und bestaune mein Haar. "Es ist so lang..", ich streiche durchs ganze Haar.
"Hat bestimmt lange gedauert", er tretet mir näher und legt seine Hände auf meine Schultern und streckt seinen Kopf an meiner rechten Wange. "Du darfst solange hier wohnen bis du dich wieder erinnerst, ist das Okay für dich ?"
Das zärtliche, leise flüstern verführt mich.
"Natürlich", ich lasse mich von ihm lösen und verbeuge mich. "Vielen Dank !", ich kneife meine Augen zu und warte auf eine Antwort.
Eine Hand ist an meiner Schulter gelegt und ich schaue zu Kagim hoch. "Bitte erhebe dich wieder", höre ich ihn sagen. Ich richte mich auf und ein Mundwinkel zuckt nach oben. Er gibt mir ein warmes lächeln zurück und führt mich die Treppe hinauf. "Solange schläfst du in meinem Zimmer. Ich übernachte auf dem Sofa."
"Ok.", ich betrete sein Zimmer und bin geflasht. "Du hast es echt ordentlich hier !"
Er kichert. "So ist es, wenn man der Älteste im Haus ist"
"Du wohnst nur mit deinem kleinen Bruder ?"
Er nickt. "Unsere Eltern sind wegen ihrem Job ins andere Land gereist."
"Ah.."
Ob ich Eltern habe ? Habe ich Geschwister ? Wie stehe ich zu meiner Familie ? Suchen sie nach mir ? Haben sie es überhaupt gemerkt, dass ich weg bin ? Ich habe so viele Fragen aber.. Wer kann sie mir denn beantworten ?
...Keiner...
"Bedien dich an meinen Sachen, du kannst ja schwer immer das gleiche tragen !", er holt mir ein langes Shirt raus. "Geh erst einmal duschen, dann kannst du das ja anziehen."
Ich nicke ihm zu, nehme mir das Shirt und laufe aus dem Zimmer. "Hier entlang", er läuft vor mir und öffnet dann die hinterste Tür im langen Korridor. Ich laufe hinein und er stellt mir das Wasser warm, drückt mir ein Handtuch in die Arme und erklärt mir, welches Shampoo ich benutzen darf, beziehungsweise kann.
"Danke, Kagim..", ich schaue ihn an.
"Kein Problem", er legt seine Hand auf mein Kopf und wuschelt mir so die Haare durcheinander. Er lächelt, kichert leicht und verlässt das Bad.
Aus der Dusche kommt das Wasser wie heftiger regen. Das Gute ist, dieses Wasser ist warm. Ich ziehe mich aus, stelle mich drunter und spüre das schöne, warme Wasser auf mich prallen. Ich gebe ein verwöhntes Laut von mir und streiche mir durchs Haar. Es fühlt sich so gut an. Als hätte ich eine Ewigkeit nicht mehr geduscht.
Eine Weile später bin ich aus der Dusche und ziehe das Shirt an, das mir Kagim gab. Es riecht nach ihm.. Ich föhne mir mein Haar und betrachte mich im Spiegel. Ich starre wieder und beobachte meine Wimpern. Sie sind relativ lang... Es klopft. "Ja..?"
"Essen ist fertig", Kagims Stimme ertönt hinter der Tür.
"Ich komme schon"
Ich kämm mir meine Haare nochmal durch und mach mich auf den Weg zur Küche. Andauernd muss ich das Shirt runter ziehen, da ich das Gefühl habe, dass es mir hoch rutscht. Es ist mir etwas peinlich und ich erröte.
"Setz dich", er hatte den Tisch schon gedeckt gehabt. Es riecht nach Lasagne.
"Jaaa ! Lasagne !", der Kleine freut sich und starrt das Essen an. Er leckt sich die Oberlippe und will ein Stück nehmen.
"Stop !", Kagim schnappt sich die Hand seines Bruders und hebt eine Augenbraue. Der Kleine setzt sich wieder anständig hin, als wüsse er genau, dass er was Falsch mache. Ich versteh nicht genau warum Kagim ihn aufhielt. "Entschuldigung..", seine Stimme klang so süß verzaubert von der etwas traurigen Entschuldigung. Man kann da wirklich hinschmelzen. Ich begebe mich auf den freien Stuhl und setze mich. Gegenüber sitzt Kagim und unsere Blicke treffen sich. Er merkt sofort, dass meine Wangen pink sind und kichert leicht. "Okay, ihr dürft anfangen zu Essen."
Kagim bedient seinen Bruder und macht seinen ganzen Teller voll. "Iss alles auf und du wirst wie dein großer Bruder", er lacht leicht und wuschelt sein Haar. Ich finde die zwei total süß, sie haben eine gute Bindung zusammen und verstehen sich großartig. Der Kleine lacht und fängt an konzentriert zu essen. Ich schaue Kagim an und warte, bis er auch was genommen hat, um als letzte mir was zu nehmen. Er schaut in dem Moment zu mir.
"Nimm ruhig", er lächelt.
Ich nicke und greife die große Gabel. Ich nehme mit das mittlere Stück und lege es auf meinen Teller. Ich reiche sie nun Kagim und seine Hand berührt kurz meine. Er schaut mich an, lächelt und nimmt sich auch etwas vom Essen. Ich fange an zu essen und dieser Geschmack in meinem Mund explodiert. Ich habe lange nicht mehr so etwas in der Art gegessen ! Ich esse weiter und man hört nur noch das Klingen der Gabel wenn sie gegen den Tellerrand stößt.
Alle werden fertig und Kagim steht als erstes auf.
"Hat es euch geschmeckt ?", er sammelt die Teller ein und ist bereit zur Küche zu laufen.
"Es war super, großer Bruder !", der Kleine hebt seine Arme und umarmt Kagim kurz. Er hat so ein süßes lächeln, da lächele ich leicht mit. Kagim schaut mich an, ohne dass ich es merke und lächelt leicht. Er krault den Kopf seines kleinen Bruders und so verschwindet der Kleine in seinem Zimmer.
"Und dir ? Wie hat 's dir geschmeckt ?", er schaut mich an.
Ich nicke, "Es war sehr lecker"
Er lächelt, "Das freut mich"
"Sag mal, wie heißt dein kleiner Bruder denn ?", ich schaue etwas verwundert.
"Kirito"
Ich hebe meine Augenbrauen: "Der Name ist schön"
"Unsere Ma war fest entschlossen, Kirito oder er bleibe Namenlos", wieder das süße Lachen was mir im Kopf bleibt.
Ich lächelte kurz. "Dann hattet ihr auch keine andere Wahl"
"Kann man so sagen", er wischt den Tisch und schon ist alles sauber. Ich schaue mich kurz um und erhebe mich. Ich wollte gerade in Kagims Zimmer laufen als er mich aufhielt.
"Willst du schon schlafen ?"
Ich nicke still.
"Hm... Dann gute Nacht. ", er lächelte kurz und brachte mein Haar wieder durcheinander. Wenn er das macht fühle ich mich klein und hilflos. Irgendwie kann ich es nicht leiden, so behandelt zu werden. Aber momentan mache ich nichts dagegen, weil meine Lage wohl kaum anders zu beschreiben ist...
So geh ich ins Bett. Es ist auffällig bequemer, als ich es dachte in dieser Bruchbude. Ich leg mich automatisch Seitlich hin, decke mich zu und kuschel mit meinem Kissen.
Gedanken kreisten in meinem Kopf. Fragen. Fragen die ich nicht beantworten kann.
Habe ich auch schlecht gewohnt ? Aber warum diskutiere ich dann mit mir selber, wie es hier sei ? Werde ich eine Familie haben können ? Hab ich eher von meiner Mutter oder von meinem Vater das Aussehen ? Warum lebe ich ? Warum kann ich mich nicht erinnern ?

Eine Frage, an der ich fast gar nicht denken will.

Wer bin ich ?

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