Kapitel 10

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Auf meinem Weg stoße ich mit jemandem zusammen, schreie auf, verliere das Gleichgewicht. Doch ehe ich auf meinem Hinterteil landen kann, wird mein Handgelenk geschnappt und ich werde zurückgezogen.
"Dürfte ich erfahren, wohin dich dein Weg führt?"
Hm, Christopher. Warum hab ich das Glück, ausgerechnet ihm zu begegnen?

"Guten... Morgen?, Christopher. Ich such Alexandra, sie hat mir eine wichtige Frage nicht beantwortet."
"Alexandra ist hier?"
Seine Stimme verliert die Ruhe und wird für einen Augenblick verwundert.
"Was ist das? Sie wissen ja gar nicht, wer sich in Ihrem Zuhause aufhält!", fahr ich ihn an.
"Meistens kriegen wir nicht die Ehre, von unserer Anführerin besucht zu werden. Darum ist es wirklich überraschend. Du kannst deine Frage gern mir stellen."
"Wenn Sie sie beantworten... Warten Sie, erstmal eine Bitte. Können wir irgendwohin gehen, wo es Licht gibt? Ich fühl mich deutlich besser, wenn ich das Gesicht meines Gegenübers sehe."
Ich höre ein Schnauben und dann, wie eine Tür geöffnet wird. Licht strömt mir entgegen. Wie viele Zimmer gibt es hier?
"Ja, so ist es besser. Meinetwegen können wir hier bleiben.", lächle ich.
"Werden wir auch. Deine Frage?"
"Wie stark ist Miguel?"
Überraschung zeichnet sich auf Christophers Gesicht, ehe er wieder seine gefühllose Maske aufsetzt.
"Miguel ist sehr jung."
"Ich hab nicht danach gefragt."
"Er ist nicht stark."
"Hätte ich sterben können?"
"Ja, hättest du.", ertönt Alexandras nun harte und unzufriedene, vielleicht auch wütende Stimme.
Ich sehe sie hinter Christopher aus der Dunkelheit auftauchen. Etwas weiter weg finde ich auch Miguel. Ich frag mich, was sie mit ihm gemacht hat.
"Ich wusste nicht...", murmelt er mit dem Blick nach unten.
"Guten Morgen, Alexandra. Schön, dich wiederzusehen.", grüßt Christopher die Vampirin.
"Ich kann das leider nicht behaupten. Ihr habt nicht gut genug auf Miguel und Lilith aufgepasst.", entgegnet sie hart.
Ich blicke zwischen den drei Vampiren hin und her. Miguel steht mit hochgezogenen Schultern einfach da und hört wie ich den anderen beiden zu.
"Uns ist alles rechtzeitig aufgefallen.", verteidigt sich Christopher mit aufrechter Haltung.
"Euch. Wen meinst du damit? Ich habe gehört, es war Joshua, der die beiden bemerkt hat. Ihm hättet ihr, hättest DU, alles von Lilith erzählen können. Aber das hast du nicht getan. Als er es herausgefunden hat... Ist dir überhaupt klar, was ihr, was DU angerichtet hast?"
"Miguel ist keinesfalls stark genug."
Ich sehe Miguel fragend an und er guckt weg.

"Vielleicht braucht es weniger Kraft, als wir gedacht haben.", widerspricht Alexandra Christopher.
"Nicht möglich.",, entgegnet dieser und schaut mich lange an. "Nicht möglich.", wiederholt er lauter, ungläubiger.
Christopher hat also doch Gefühle. Und dann haut mir der Sinn ihrer Worte eins auf den Kopf. Ich gehe einen Schritt zurück und bleibe mit großen Augen erstarrt stehen.
"Ihr wollt doch nicht sagen... Miguel, was hast du getan?" flüstere ich geschockt.
Plötzlich hackt sich jemand von hinten an meinem Arm ein und, ehe ich mich versehen kann, stehe ich schon oben auf der Wendeltreppe. Ich werde umgedreht und blicke auf Joshua runter.
Im Erdgeschoss ist es schon hell.
"Sieh mir in die Augen.", fordert er mich auf und starrt in meine Augen.
Verständnislos sehe ich ihn an.
"In die Augen." wiederholt er mit Nachdruck, doch diesmal höre ich die Freundlichkeit in seiner Stimme.
"Du spielst die Gefühle auch vor.", sage ich traurig, blicke aber in seine tiefbraunen Augen.
"Nein.", widerspricht er.
Eine Weile ist alles still.
"Was machst du?", frage ich, weil er immer noch in meine Augen starrt.
"Nachsehen. Du hast einen zu guten Schutz, ist anstrengend."
"Hat mich Miguel verwandelt?"
"Nein."
"Bin ich jetzt also auch zum Vampir geworden?"
"Nein."
"Aber Alexan-"
"Nein."
"Christopher sagte a-"
"Nein."
"Aber-"
"Nein!!"
Joshua tritt eine Stufe höher und blinzelt.
"Wie ist das jetzt also?", frage ich weiter.
Er versucht, nicht die Augen zu verdrehen, scheitert aber daran.
"Du konntest nicht zum Vampir werden, weil du schon immer einer warst.", erklärt der Junge dann mit leisem Lächeln.
"Das versteh ich jetzt nicht."
Ich blinzle dreimal. Was meint er damit? Ich konnte doch nicht mein Leben lang ein Vampir sein!

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