Da saß sie.
Im Regen.
Wahrscheinlich weinend in dem Glauben niemanden mehr auf dieser Welt zu haben.
Doch sie hatte mich, selbst wenn es für sie schwer zu verstehen war.
Sie hatte mich und ich hatte sie.
So war es schon immer gewesen und so wird es auch immer sein.
Langsam schritt ich auf sie zu.
Behutsam war ein jeder meiner Schritte, in dem Vorhaben sie nicht aufschrecken zu wollen, doch wahrscheinlich wusste sie schon, dass ich kommen würde.
Da ich immer komme.
Ob es ihr ganz Recht war, darüber war ich mir nicht ganz im klaren.
Leise und vorsichtig flüsterte ich ihren Namen, als wäre er etwas zerbrechliches und ungemein kostbares.
„Ich wollte nicht, dass du mich so sehen musst.", lachte sie leise ihren Rücken noch immer zu mir gekehrt.
Meine Hand fand fast schon wie von ganz alleine ihren Platz auf ihrer Schulter wieder.
Meine Bewegungen folgten nun fast fließend, als ich sie zu mir umdrehte.
„N-Nicht.", murmelte sie mit erstickter Stimme.
Nun war sie zwar zu mir umgedreht, aber ihr Gesicht war zum Boden gerichtet, sodass ich es nicht zusehen bekam.
„Du brauchst dich nicht zu verstecken.
Wein ruhig, wenn du weinen möchtest."
Meine Stimme und meine Gesichtsausdrücke wiederspiegelten wie immer was in mir innerlich Vorging nicht im geringsten.
Ruhig, gelassen ohne nicht einmal den Wink einer Emotion von außen und unruhig, besorgt von innen.
Sie krallte sich in meinem Hemd fest, aber ihr Gesicht blieb mir noch immer verborgen.
„Ich kann nicht.
Du würdest es nicht-"
Sie unterbrach sich und schüttelte schnell den Kopf.
„Ich sorge mich um dich.", murmelte ich.
Erneut hasste ich meine monotone Stimme dafür, dass sie ihr nicht einmal ein bisschen an Zuneigung und Zutrauen spenden konnte.
Ihr Griff wurde fester, wobei ihre Hände trotz allem noch immer ununterbrochen zitterten.
„Ich weiß, dass du das tust.
Das ist ja das Problem.
Du würdest es nicht schaffen mich weinen zusehen.
Du würdest komplett den Verstand verlieren.
Genau-"
Sie pausierte.
„Genau wie damals.", beendete ich ihren Satz.
Sie nickte nur stumm, wagte es, aber trotz allem nicht mir in die Augen zu blicken.
Der Gedanke an früher ließ sie zusammen fahren und anschließend noch mehr zittern, als sie es ohne hin schon tat.
Schweigsam platzierte ich meine Hände auf ihren Rücken und zog sie näher zu mir heran.
„Ich versteh schon, dann wein dich wenigstens an meiner Schulter aus."
Kaum eine Sekunde später erwiderte sie meine Umarmung und ich spürte wie mein Hemd noch nasser wurde, als es ohne hin schon war.
Ich hob meinen Blick dem dunklen Himmel entgegen und ließ den Regen auf mein Gesicht herab prasseln.
Wenigstens einmal wollte ich die Stimme der Zuneigung sein, die sie in solch schweren Zeiten umsorgte, so wie sie es immer für mich war.
Wenigstens einmal...
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Sooo, dass wars fürs erste Kapitel.
Danke fürs lesen.
Würd mich über eine Bewertung freuen.
Bis zum nächsten Kapitel.

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Kurzgeschichtensammlung Von Dir und Mir
RomansaEin weiteres Mal blickte er auf seine dahingekrakelten Notizen herab. Er hatte alles aufgeschrieben, so wie sie es ihm gesagt hatten. Jede einzelne Geschichte zwischen ihm und ihr. So vieles wollte er ändern, so vieles wollte er behalten. Doch auch...