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(Christian)
Auch, wenn ich mir eigentlich vorgenommen habe, den Rest des Tages vom Apartment aus zu arbeiten, kann ich mich nicht mehr konzentrieren. Der kurze Blick auf Ana hat mich vollkommen aus der Bahn geworfen, auch wenn ich es ungern zugebe. Aber ihre taubenblauen Augen, von denen ich das Gefühl hatte, dass sie mich direkt ansahen, schwirren noch immer in meinen Gedanken. Das Gefühl, was mich schon die ganzen Monate nach ihrer Trennung begleitet, taucht auch jetzt wieder auf. Ich vermisse Ana. Sehr sogar.

Reiß dich zusammen, Grey!, schimpfe ich zu mir selbst und raufe mir durch die Haare, als ich mich in meinem Drehstuhl im Arbeitszimmer zurück lehne. Sie will dich nicht mehr. Das haben ihre Abweisungen dir doch klar gemacht. Ich verziehe das Gesicht, weil ich weiß, dass mein Unterbewusstsein recht hat. Alle meine Versuche, Ana zurück zu gewinnen, hat sie abgewiesen. Kommentarlos. Bis auf den Ipod, auf den ich ihr die Lieder gezogen habe, die ihr zeigen sollten, was ich für sie fühle, hat sie jegliche Geschenke entweder ignoriert oder direkt wieder über den Boten zurück geschickt. Auch auf Nachrichten und Anrufe reagiert sie nicht. Einerseits macht mich ihr verhalten wütend - verdammt, wie stur kann ein Mensch sein?! -, aber andererseits stimmt es mich traurig. Sie lässt mir keine Chance mein Fehlverhalten zu entschuldigen.

Du bist ein komplett abgefuckter Mistkerl. Sieh zu, dass du deine Scheiße in den Griff kriegst, Grey, höre ich sie noch immer wütend und den Tränen nahe schreien. Sie hat recht. Ich bin komplett abgefuckt. Aber ich habe vor mich zu ändern. Für Ana. Nur für sie. So wie ich jetzt bin kann ... nein, darf sie mich nicht lieben.

Aber... liebt sie mich überhaupt noch, wenn es so wäre, würde sie doch auf meine Versuche, sie zu erreichen eingehen, oder nicht? Ich raufe mir erneut durch die Haare und starre auf die Holzmaserung meines Schreibtisches. Fuck! Warum habe ich sie nur mit dem Gürtel geschlagen? Ich habe sie verletzt und es nicht gesehen! Warum habe ich damals meinen Mund nicht aufbekommen und ihr gesagt, was ich für sie fühle?

Ehe ich weiter von meinen Gedanken geplagt werde, stehe ich auf und ziehe im Schlafzimmer meine Sportsachen an. Ich brauche Bewegung. Und das dringend. Ich muss meinen Körper bis an seine Grenzen bringen, um runter zu kommen. Da ich keine Sub mehr seit Ana habe, muss ich dieses Bedürfnis mit Sport decken. Aber das ist mir nur recht. Der Gedanke, eine andere Frau in meinem Sielzimmer zu haben, gefällt mir nicht. Ich will nur Ana zurück. Ohne sie will ... kann ich nicht leben.
Ich werde mich ändern, Ana, verspreche ich ihr stumm. Meinetwegen bekommt sie alles, was sie will. Sie bekommt ihren Herzchen-Blümchenscheiß und das Mehr, was sie sich so sehr von mir gewünscht hat. Einfach alles.

Bevor ich in den Aufzug steige, gebe ich Gail bescheid, dass ich joggen gehe. Meine Haushälterin nickt und verspricht mir das Essen vorzubereiten. Ich bedanke mich knapp und fahre nach unten in den Eingangsbereich des Escalas. Wie erwartet ist hier nichts los. Nur der Portier sitzt am Empfangsschalter.

Vor dem Gebäude sprinte ich los. Normalerweise würde ich den ganzen Weg in einem gemächlichen Tempo laufen, allerdings habe ich die Absicht, meinen Körper anzustrengen, weshalb ich das Stechen meiner Lunge, das langsam kommt, nachdem ich die dritte Runde im Park gelaufen bin, willkommen heiße. Es lenkt mich von meinen Gedanken ab.

Schließlich muss ich doch anhalten und nach Luft schnappen. Meine Lunge brennt, ebenso wie die Muskeln an meinen Beinen. Erst jetzt merke ich, dass ich den Park verlassen habe und mitten in einem kleinen Wohnviertel stehe. Mein Blick fliegt durch die Gegend und bleibt schließlich an einem Hauseingang stehen. Eine Blondine kommt heraus und steigt in einen Mercedes. Kate Kavangah. Die Freundin von meinem Bruder und Mitbewohnerin von Ana. Ana... Ob sie zuhause ist?

Die Journalistin schließt die Tür des Wagens und startet den Motor. Bevor sie erkennt, dass ich hier stehe, ziehe ich die Kapuze meines Sweaters tief in mein Gesicht und tue so, als würde ich Dehnübungen machen. Erst als der Wagen an mir vorbei gefahren ist, richte ich mich wieder auf und schiebe die Kapuze wieder von meinem Kopf. Sie würde es sicher nicht gutheißen, wenn sie mich hier sähe. Wahrscheinlich würde sie mich zum Teufel jagen und mir erzählen, dass Ana mich nicht sehen wollte. Auf diversen Familienessen hat sie mir stets von der Seite meines Bruders aus finstere Blick zugeworfen, die ich aber geflissentlich ignoriert habe. Ihr war ich keine Rechenschaft schuldig. Besonders, da Ana ihr sicher schon alles erzählt hat. Unwillkürlich frage ich mich, was Ana ihrer Freundin anvertraut hat. Hat sie ihr die ganze Wahrheit erzählt? Vom Vertrag... vom Gürtel? Oder hat sie irgendeine Ausrede erfunden? Ich hoffe letzteres. Aber wenn Kavangah irgendetwas über meine Neigungen wissen würde, hätte sie mich sicher schon darauf angesprochen, da bin ich mir sicher. Sie nimmt sonst auch nie ein Blatt vor den Mund. Und wenn es um ihre Freundin geht schon gar nicht.

Inzwischen hat es angefangen zu regnen, was für Seattle wirklich nicht verwunderlich ist. Mein Blick liegt noch immer auf der Eingangstür des Apartments. Soll ich es wagen? Soll ich einfach hinein gehen und klingeln? Würde Ana mir öffnen? Wahrscheinlich nicht, aber ein Versuch ist es wert. Also straffe ich die Schultern und gehe auf den Eingang zu. Bevor ich aber die Tür, die in das Treppenhaus führt, öffne, hole ich mein Blackberry hervor. Ich sollte sie wenigstens anrufen, bevor ich überraschend vor ihrer Haustür stehe. Also scrolle ich meine Kontakte durch und tippe ihre Handynummer an. Auch, wenn sie inzwischen mehrmals ihre Nummer gewechselt hat, hat Welch sie mir immer wieder ausfindig machen können. Dazu musste er nur die Anruferlisten von Kathrine oder Ray, Anas Stiefvater, haben.

Nachdem ich kontrolliert habe, ob mein Anruf unterdrückt angezeigt wird halte ich mir zögernd das Handy ans Ohr und lausche dem Freizeichen. Nach wenigen Augenblicken hebt sie endlich ab und meldet sich mit ihrem Nachnamen. Ihre Stimme zu hören, lässt mein Herz automatisch schneller schlagen und dieses Gefühl, sie einfach nur halten zu wollen, breitet sich wieder in meiner Brust aus. Ich höre sie am anderen Ende leise atmen. Sie wartet auf eine Antwort. Verdammt, was soll ich sagen? Auf einmal ist alles, was ich ihr gerne gesagt hätte, wie weggefegt. Die Wort fehlen und mein Kopf ist wie ein luftleerer Raum. Wieder einmal raufe ich mir das nasse Haar und überlege fieberhaft, was ich sagen soll.

„Bitte hass'mich nicht, Anastasia", schießt es plötzlich aus meinem Mund, ehe ich es verhindern kann. Die Person am anderen Ende zieht scharf die Luft ein, was mich zusammenzucken lässt. Also hasst sie mich. Ich hätte es wissen müssen!

Eine ganze Weile herrscht Schweigen zwischen uns. Ich lausche angestrengt ihrer Atmung, um kein Wort, so leise es auch sein mag, zu überhören. Sag doch etwas, Ana, flehe ich stumm. Die Stille zwischen uns halte ich nicht aus. Wo ist nur ihr freches, vorlautes Mundwerk hin?

Schließlich höre ich vom anderen Ende ein Seufzen. Endlich. „Christian... Ich hasse dich nicht", höre ich Anas Stimme sagen. Jetzt ist es nicht ihre Stimme, die mein Herz zum Rasen bring, sondern der Inhalt ihrer Worte. Sie hasste mich nicht! Beinahe hätte ich einen Salto vorlauter Freude hingelegt, reiße mich aber dennoch zusammen.

Nur, dass sie dich nicht hasst, heißt das noch lange nicht, dass sie dir noch eine Chance gibt, mahne ich mich selbst und atme tief durch.

„Es tut mir so unendlich leid", flüstere ich, ebenso leise wie meine Worte vorhin. Das Handy presse ich fest an mein Ohr, während ich es fest in meiner Hand halte, als sei es mein rettender Strohhalm, der mich vor den tosenden Wellen rettet und an den ich mich klammern muss. Ana, bitte vergib mir.

Die Frau am anderen Ende atmet tief durch. „Ich weiß", antwortet sie und dann knackte es in der Leitung. Wieder tönte das Freizeichen an meinem Ohr.

Sie hat aufgelegt. Einfach so. Verwirrt starre ich den Bildschirm meines Blackberrys an, bevor ich durch das milchige Glas der Haustüre blicke. Sie hat einfach so aufgelegt! Neben meiner Wut - niemand legt bei Christian Grey einfach so auf! - breitet sich auch Verzweiflung in mir aus. Habe ich sie nun vollends verloren? Die leise, kleine Hoffnung, die sich bei ihren Worten bei mir breit gemacht hat, verpufft. Immer noch verwirrt stecke ich das Blackberry in die Tasche meiner Jogginghose.

Eine Bewegung, die ich durch das Milchglas der Tür wahrnehmen kann, erregt meine Aufmerksamkeit. Jemand kommt an die Tür und öffnet sie. Ich brauche einen Sekundenbruchteil, ehe ich erkenne, dass Ana vor mir steht. Ihre großen taubenblauen Augen, sehen mich verweint an, bevor sie den Blick senkt. Am Liebsten würde ich ihr einen Finger unter das Kinn legen, damit sie mich wieder ansieht. Allerdings beherrsche ich mich gerade noch rechtzeitig.

„Komm rein", sagt die junge Frau vor mir leise. Den Blick noch immer gesenkt, öffnet sie die Tür noch etwas und lässt mich eintreten. Vollkommen perplex über ihre Reaktion folge ich ihr durch das Treppenhaus bis das Apartment von ihr und Kathrine.

Erst, als die Tür sich hinter uns schließt, wage ich es und greife nach ihrem Arm - der furchtbar dürr ist. Mit Leichtigkeit ziehe ich Ana an mich und drücke sie, fest aber nicht zu fest. Sie wehrt sich nicht gegen meine Annäherung. Nein, sie erwidert meine Umarmung sogar und schmiegt ihren Kopf an meinen Hals.

„Ich habe dich so vermisst", flüstere ich leise und vergrabe meine Nase in ihrem Haar. Sofort tritt der Duft von Äpfeln in meine Nase und ich schließe wohlig die Augen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 16, 2016 ⏰

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