Die Türglocke läutete als Til Gordon das Diner an der Ecke betrat. Der Wind wehte ein paar vereinzelte Schneeflocken hinein und die Tür schloss sich langsam hinter ihm. Er klopfte kurz seinen Mantel ab und schaute sich im Laden um. Es waren noch ein paar Bänke an der Fensterfront frei. Ben Stocks sass mit seinen beiden Enkelkindern, Sarah und Jessie, auf einen der Bänke und frühstückten gerade. Officer McCampen befand sich an der Bar und stopfte sich einen Donut rein. Der Zuckerguss klebte an seinem Schnauzbart und sah aus wie eine frische Ladung Ejakulat, was Til zum schmunzeln brachte. Dein Freund und Helfer. Auch beim abspritzen. dachte er amüsiert und steuerte auf einen der freien Bänke zu. Betty hatte Til schon beim reinkommen gesehen und kam mit der Kanne heissen (und ziemlich schlechten) Kaffe auf ihn zu. Er kam nicht mal dazu sich zu setzten, als sie schon eine Tasse auf den Tisch stellte. "Wie immer Til?" fragte sie mit ihren einstudierten Lächeln. Eine Strähne ihrer braun gelockten Haare wippte lässig hin und her. "Wie immer." sagte er und lächelte zurück. Ihr wohlgeformter, üppiger Busen tanzte davon und Til schaute ihr noch kurz nach, wobei sein Blick eher ihren Hintern fixierte. "Seien sie froh dass glotzen nicht strafbar ist, Mr. Gordon." kam es von der Bar. Til löste seinen Blick und schaute zu McCampen. "Zu deinem Glück, hält dich kein Cop an, wenn du mal wieder im Dienst betrunken bist!" konterte er und setzte sich. Innerlich zu kochen, aber nicht darauf zu reagieren, nahm McCampen einen Schluck seines Kaffees und schaute teilnahmslos in die Zeitung.
Ben, der genau hinter Til sass, beugte sich zu ihm rüber. "Ich wollte nochmal danke sagen, Mr. Gordon, dass sie mir im Garten geholfen haben. Sie wissen ja, in meinem Alter kann ich mich nicht mehr so gut bücken und das Sehvermögen lässt auch mittlerweile zu wünschen übrig." Til lächelte. "Keine Ursache. War mir ein Vergnügen." "Ich habe sie noch gar nichts bezahlt." sagte der alte Mann und zog seine Brieftasche heraus. "Ist schon in Ordnung Mr. Stocks. Hab ich gerne gemacht und ausserdem war das Essen ihrer Frau mehr als köstlich." antwortete er und dachte an den Sauerkrauteintopf mit Hackbällchen welchen es gegeben hatte. "Dann lassen sie mich wenigstens ihr Frühstück bezahlen. Das bin ich ihnen Schuldig." beharrte er und Til nickte kurz. Betty kam mit einen Teller voll Speck, Rührei und Pfannkuchen zurück und stellte es vor Gordon hin. "Lass es dir schmecken." sagte sie und legte die Rechnung unter den Salzstreuer auf den Tisch. "Danke Betty. Bist ein Engel." sagte Til. Am hinteren Ende des Diners, dort wo die Jukebox stand und es zu den Toiletten ging, beobachteten vier junge Männer belustigt das Geschehen. Til hatte sie nicht bemerkt, doch das änderte sich mit folgenden Zwischenruf: "Hey Gordon! Wieder Ärger mit den Bullen anzetteln wie?" Die Äusserung kam von Josh Kleinman, ein ziemlich talentierter Quarterback der High School von Davenport. Genau dem Ort, wo er seit diesen Frühling arbeitete. Von leben wollte keine Rede sein. Til hielt sich meist mit kleinen Jobs über Wasser und reiste lieber im Land umher. Viele Mitbürger waren weniger erfreut über ihn, aber dass machte ihm nichts aus. Er hatte nicht vor länger hier zu bleiben. Wenn der Schnee geschmolzen war und die Strassen wieder befahrbar, wäre er weg. Soll das Kaff doch vom Teufel geholt werden. Nur um Ben und seiner Familie wäre es schade gewesen, es waren nette Menschen (die einzig netten, die keine Angst vor Fremden hatten).
Til blickte kurz auf und erkannte den Zwischenrufer. Josh sass dort, in seiner High School Jacke mit den blauen Ärmeln und den bestickten DN und dem Tiger darauf, neben ihm die anderen drei halbstarken Versager. Der Zwischenruf kam nicht von ungefähr. Josh und seine Kumpels haben ihm angeschwärzt, wobei es mit seine Schuld war. Er hätte es mit Ende dreissig wissen müssen, dass man keine Strassenrennen mehr fährt. So kam es, wie es kommen musste. McCampen gab ihn einen Strafzettel und eine ziemlich (wie er fand) dämliche Aussage. "Ich krieg dich schon noch. Tagediebe wie du, sind in Davenport nicht willkommen." drohte der Officer. Til gab sonst was drauf.
Der Schneesturm hatte zugenommen und immer mehr türmte sich der Schnee auf und bedeckte schon fast die ganze Mauer bis zu den Fenstern. Es war kalt geworden, irgendwie unnatürlich kalt. Mr. Stocks lehnte sich wieder zu Til rüber. "Wären sie so freundlich und passen kurz auf Jessie auf? Ich geh mit Sarah schnell zur Toilette." Til schob sich gerade einen Speckstreifen in den Mund und nickte zustimmend. "Siferlich." kam aus seinem vollen Mund und setzte sich rüber. Jessie, gerade mal sechs Jahre alt, lächelte. "Til, der lustige Gärtner." sagte sie und kicherte verstohlen. "Hi Jessie." antwortete Gordon. "Habt ihr heute noch was vor mit eurem Opa?" fragte er um die Kleine zu unterhalten. Ihre Zöpfe wackelte hin und her als sie nickte. "Ja, ganz viel. Wir wollen doch ins Museum, Mammuts anschauen. Wissen sie was das ist?" sie klang ganz aufgeregt und bevor er antworten konnte, plapperte sie schon weiter. "Das sind ganz alte Elefanten." sagte sie und streckte ihre Arme, so weit wie sie konnte, auseinander. Er lächelte. "Wirklich?" fragte er verblüfft und heuchelte Unwissen. "Spielst du Aufpasser für das kleine Nigermädchen?" rief Josh in den Raum. Gordon wollte gerade aufstehen und dem Kerl endlich die Abreibung seines Lebensverpassen, als McCampen schon einschritt. "Ruhe dahinter, oder wollt ihr ne runde auf der Wache verbringen?" sagte er in einem dominanten Ton und blickte die Jungen finster an. Die Rabauken lachten nur und zeigten Til obszöne Gesten. Ben kam mit Sarah endlich zurück und Gordon wollte auf seinen Platz zurück gehen, als Ben ihm am Arm festhielt. "Machen sie sich nichts draus, Mr. Gordon. Die Jugend weiss doch nicht, was sie da redet." "Bitte, nennen sie mich Til, ich mag diese Höflichkeitsfloskel nicht." Ben grinste. "Nur wenn du endlich Ben zu mir sagst." erwiderte er und da reichte ihm Til die Hand um der Freundschaft willen. "Ok Ben." sagte er und Stocks nahm seine Hand.
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Vier Jahreszeiten
Horror4 Jahreszeiten - Eigenständige Kurzgeschichten. Einfach reinlesen und für einem Moment in eine andere Welt abtauchen. Frühling - Vater und Sohn Sommer - Die Anwaltsgehilfin Herbst - Der Fotograf Winter - Im Diner Cover by @Storyhappens