PROLOG

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„Namen sind Schall und Rauch"

Faust, Johann Wolfgang von Goethe

Mein Name, mein Name, mein Name, mein Name, mein ...

Ein Name sagt uns wer wir sind, weist uns als die Person aus die uns einfällt wenn wir den Namen hören. Ein Name sagt uns, dass wir gemeint sind, wenn der Klang eines fernen und ungeduldigen Rufens uns erreicht.

Bei Namen gibt es keine Regeln, bis auf die Eine: du gibt's dir niemals selbst einen Namen. Der Name der dir bei deiner Geburt gegeben wird, und meist schon im Mutterleib festgelegt wird, bleibt dir ein Leben lang und länger.

Hier, wo ich mich gerade befinde, sind Namen ebenso wichtig, wie der Grund, warum man hier ist. Meist wird dein Name nach einem freundlichen „Hallo", genannt, um zu vermitteln das die Fremden Menschen vor dir, ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit aufbringen (schließlich haben sie sich deinen verfickten Namen gemerkt). Auch soll das freundliche „Hallo", jedoch klingt es bei einem Drittel der Anwesenden als wären sie high, Akzeptanz gegenüber dir und deine Probleme vermitteln.

Mein Name.

„Mein Name, ist Tom und ich habe versucht meine Mom umzubringen."

„Hallo, Tom!" hallt es von den Wänden des 30 m² großen Raums. Mein Name ist nicht Tom.

„Hallo, Tom!" einer ist irgendwie immer dabei, der es nicht schafft im Takt zubleiben. Der Nachzügler ist eine junge Frau mit aschblondem Haar und einer ungesund gräulich wirkenden Haut. Sie schielt etwas und ein feiner Spucke Faden zieht sich ihren Mundwinkel entlang. Ich glaube Ihr Name war Barbara.

Mein Name ist nicht Barbara. Ich beobachte Barbara, da ich sie für Amüsant halte, jedenfalls Amüsanter, als Tom der uns etwas über seine Mama vorheult, die einmal Zuviel seinen Schwanz in der Hand hatte. Ich frag mich ob sie den Sturz aus dem zweiten Stock überlebt hat? Mist, ich hab nicht aufgepasst. Tom hat aufgehört zureden, heult dafür aber jetzt durchgehend. Männer die weinen sind erbärmlich.

Ich schaue in die Runde, der aus einem Stuhlkreis besteht, wie man ihn aus der Grundschule kennt, der immer nach einem Montag gebildete wurde, damit jeder der möchte von seinem Wochenende erzählen kann (Wobei es sich doch bei Sechs- bis Zehnjährigen recht eintönig abspielt, was an dem Mangel an Sex liegen mag). Hier erzählt Niemand von seinem Wochenende. Schade eigentlich, bei manchen kann ich mir durch aus vorstellen das sie am Wochenende einiges erlebt haben.

Bei diesem Gedanken fällt mein Blick auf eine zierliche Schwarzhaarige, die wild mit ihren Augen hin und her zuckt und an Ihren Verbänden, die Ihre Unterarme zieren, kratzt. Ihr Name ist Désirée und sie hat am Wochenende bestimmt einiges erlebt, da sie von Beruf eine Professionelle ist, die 10 € für einen Blow-Job verlangt.

Mein Name... Nein, mein Name ist auch nicht Désirée. Hallo, Désirée!

Oh scheiße, wir sind mit Dr. Weber 13 Anwesende! Kurz setzt mein Herz aus, bis mir wieder einfällt, dass ich ja gar nicht abergläubisch bin. Puh! Noch mal Schwein gehabt. Ich frage mich woher das kommt: Schwein haben... Ich muss Schmunzeln, was ich schnell durch das senken meines Kopfes kaschiere, da nun ein Vorhang von braunen Locken mein Gesicht verdeckt. Drecksloch, nicht mal mein Glätteisen haben sie mir gelassen. Als könnte ich damit ernsthaft jemanden verletzten... oder töten.

„Hallo, Steffen!" ich blicke auf.

Mein Name. Mein Name! Mein Name ist nicht Steffen.

Steffen sitzt mir genau gegenüber, und hat laut seiner Erzählung seine Freundin vergewaltig und dann versucht, sie mit einem Geschirrtuch zu erwürgen. Steffen sieht gar nicht aus wie ein Vergewaltiger. Er ist blond und hübsch für einen Jungen (er ist jünger als ich und deshalb noch kein Mann), außerdem hat er Sommersprossen auf der Nase. Ich beschließe nach dem Treffen, nicht in die Nähe von Steffen zugehen, er ist mir unheimlich. Außerdem glotzt er mir auf die Beine.

Mein Name, mein Name, mein Name.

„Caroline?"

Ich blicke auf, und bemerke dass ich angestarrt werde. Dr. Weber, der einen Doktor in Psychologie hatte und auch ein abgeschlossenes Studium in Philosophie und vorklinischer Medizin an der Philipps-Universität Marburg vorweisen kann, starrte mich mit seinen braunen Augen an, genau wie die anderen elf Kandidaten dieser illustren Runde. Das macht insgesamt 24 Augen.

„Möchten Sie sich uns heute vielleicht mitteilen, Caroline?"

Mein Name, mein Name...

„Hallo, mein Name ist Caroline..."

„Hallo, Caroline.", „Hallo, Caroline." erklingt das Echo Namens Barbara.

„...und ich habe meinen Mann umgebracht."

Mein Name.

Mein Name ist Caroline und ich habe meinen Mann umgebracht.

CarolineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt