Zuhause

10 0 0
                                    

Ermüded von der Nacht und dem langen Weg schritt ich langsam zu der Straße, die mich zu unserem Haus führte. Es lag in einem schönen, ruhigen Dorf. Aus dem Wohnzimmerfenster im ersten Stock konnte man weit über die Felder sehen, die noch ganz verschneit waren. Es war bereits April, doch ließ sich nur selten die Sonne erblicken. Leichte Sonnenstrahlen blendeten meine müden Augen, als ich abbog und entlang der Hecken lief.

Ich genoss die Stille. Nichts, kein Auto, das über die Straßen brummte, kein Mensch, der mich sehen würde, nicht mal seine beste Freundin. Sofort schluckte ich und ein kurzes Zucken konnte man in meinem sonst flüssigen Gang wahrnehmen. Mir grauste es. Dieser Gedanke. Sie und er. So wie damals. Vor meinen Augen. Trotz meines riesigen Wolfes schüchterte es mich ein, machte mir Angst und ließ mich schrecklich eifersüchtig werden. Wenn ich ihr doch einmal zeigen könnte, wie gefährlich ich war. Mit welcher Kraft sie es aufnehmen würde. Doch ich konnte nicht, man würde mich jagen, sogar einsperren, wenn ich jemanden verletze oder drohe. Für immer. Man würde mich ein gefährliches Monster nennen.

Ich spürte, wie mein Körper sich zusammen zog und sich langsam zurück verwandelte. Es schmerzte ein wenig, doch war es auszuhalten. Die ersten Male taten weh, da ich nicht wusste, wie sehr es schmerzte und wie lange es dauerte.

Nun stand ich nackig vor der schweren Haustür. Niemand war zu sehen, mein Freund war wohl noch nicht wieder Heim gekommen. In seiner Arbeit musste er manchmal nächtelang durcharbeiten, wodurch er sehr viel Stress zur Zeit hatte und seit einigen Wochen ziemlich genervt davon war. Ich bückte mich, um den Notfallschlüssel unter der Matte zu greifen, mit dem ich knackend die Tür öffnete und in die warme Luft des Hauses hinein lief. Mit einem lauten Seufzen ließ ich mich auf unser Bett fallen. Es war nur für eine Person geeignet, doch wir hatten damit nie Probleme, es war ganz praktisch. Schmunzeld dachte ich an das Ehebett seiner Großeltern, was er uns bald aufbauen würde. Es stand eine gefühlte Ewigkeit untem im Keller, war aber noch außer des verstaubten Gewandes noch gut in Schuss.

Meine Augenglieder schlossen sich schwer, bis ich in einen tiefen Schlaf verfiel. Leider träumte ich wie schon lange nicht mehr von diesem Wochenende, mit ihm, seinen Freunden und ihr. Jeder Schritt wiederholte sich in meinem unruhigen Schlaf, stundenlang. Durch das Geraschel einer knisternden Jacke öffneten sich meine Augen leicht und wiedersetzten sich nur schwer der mittlerweile strahlenden Sonne, die durch das Fenster schien. Ich sah, wie sich eine Tür öffnete, dabei leise Schritte in den Raum traten und vor meinem Bett stehen blieben. Warme, leicht feuchte Lippen drückten sich vorsichtig auf meine. Genüsslich erwiederte ich, drückte sie fester an seine, spürte ein langes Kribbeln im Bauch. Er unterbrach manchmal viel zu schnell diese unglaublich vertrauten und schönen Momente. ,,Na Mausi." Er sah mir tief in die Augen, wobei er mich vor der grellen Sonne schützte. Ein breites Grinsen überzog meine roten Wangen. Mein Blick verfing sich mit seinem, sodass wir uns gegenseitig Sekunden lang schweigend musterten. Genüsslich betrachtete ich sein helles Blau in seinen Augen, tief schimmernd und glänzend. Er rüttelte an seiner fast unauffällig wirkenden Brille um sie wieder richtig zu positionieren, dann beugte er sich wieder zu mir. Küsste mich.

Nach einigen Stunden Schlaf erwachte ich wieder und hörte das schnelle Tippen seiner Finger, die die Tastatur überliefen. Schwer erhob ich mich und streckte die Arme weit aus. Gähnend schlürfte ich am Wohnzimmer vorbei und machte mir einen heißen Kakao, wobei mein Körper angelehnt am Tresen war und meine Arme sich verschränkt hatten. Ich muss ihn darauf ansprechen. Sie darf damit nicht durchkommen, in unserem Haus, auf meinen Stühlen sitzend, unseren Strom verbrauchend. Niemals.

Me PredatorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt