Nummer 4

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Es klopfte an Adoras Tür. Sie schreckte hoch. Ihre Tante. Vor lauter weinen hatte sie nicht gehört wie sie die Treppe zu ihrem Zimmer hoch kam. Hastig wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht und setzte ein gezwungenes Lächeln auf. Adora wusste zwar das sie ihrer Tante nichts vormachen konnte aber es war doch jedes Mal einen Versuch wert.

"Herein", die Tür zu ihrer Schlafkammer schob sich auf und eine schlanke Frau um die 40 stand im Türrahmen. Sie war sehr schön, hatte langes dunkelbraunes gerades Haar und trug ein schwarzes Samtkleid das bis auf den Boden reichte und mit dunkelroten Spitzen verziert war. Es lies ihre Tante noch jünger aussehen und Adora konnte gut verstehen dass ihre Tante viele Verehrer hatte. Nur leider war ihr Herz genau so schwarz wie ihr Kleid.

"Was ist passiert?" "Nichts", log Adora. Sie hatte angst vor ihrer Tante. Sie war die böse Stiefmutter und Adora Schneewittchen. Zumindest fühlte Adora sich so. Nur war ihre Tante noch hinterhältiger.

"Lüge mich nicht an, Schätzchen." Ihre Stimme klang lieb aber Adora wusste wie geheuchelt das war. Ihre Tante trat nun ganz ins Zimmer hinein und kam auf Adoras Bett zu. Diese setzte sich auf. Sie traute ihrer Tante nicht.

"Schätzchen?", ihre Tante setzte sich auf Adoras Bett und strich ihr über das seidig schwarze Haar. Sie beugte sich immer tiefer über Adora und flüsterte ihr ins Ohr: "Du weisst das ich die nächste Perle will. Mach keine Dummheiten Kind." Jetzt klang ihre stimme drohend und Adora hatte wirklich Angst vor ihr. Sie wusste was für ein Monster ihre Tante sein konnte. Schliesslich hatte sie den Nebel ihr zu verdanken.

Als sie damals nach dem Unfall mit Jaden völlig aufgelöst, verängstigt, panisch und verwirrt nachhause kam wusste sie nicht das dies alles das Werk ihrer Tante war. Sie hatte alles brühwarm erzählt und ihre Tante tröstete sie und meinte, daran sehe man mal wieder was für Schweine Männer doch seien.

Adora hatte dieses einschneidenden Erlebnis versucht zu vergessen. Trotzdem träumte sie noch Nächtelang von dem Vorfall.

Jaden tauchte nie wieder auf. Die Polizei suchte nicht sehr lange. Jaden wurde zwei Wochen vor seinem Verschwinden 18 und die Polizei glaubte er sei ein Ausreisser der nun endlich sein Leben geniessen wolle. Adoras Mitschüler hatten die Theorie das Jaden mit ihr durchgebrannt wäre um zu heiraten den Adora wechselte die Schule. Ihre Tante hatte das veranlasst. Aber als zwei Monate später ein Mädchen aus Adoras  alten Schule ihre Grosseltern Besuchte die gegenüber von Adoras neuen High School wohnten und sie zufällig Adora sah wie sie aus dem Schulgebäude kam, hatte diese Theorie eine Lücke.

Adora wusste nicht was ihre Tante mit den Nebelperlen machte. Sie musste aber jede einzelne Perle ihr abgeben. Bisher waren es vier. Sie hatte es nur einmal versuch die Perle vor ihrer Tante zu verstecken. Aber ihre Tante, die wusste alles. Sie war ausgerastet und Adora kassierte mehr als nur eine Ohrfeige.

Nach dem Vorfall mit Jaden ging Adora den Männern hauptsächlich aus dem Weg. Sie versuchte ihnen nicht in die Augen zu sehen geschweige denn sie zu berühren. Sie hatte angst das sich das grausige Schicksal wiederholte. Sie zog sich immer mehr von der Aussenwelt zurück und verschloss sich in ihrer Kammer.

Aber da hatte sie die Rechnung ohne ihre Tante gemacht. Sie dachte bis zu einem Speziellen Zeitpunkt, ihre Tante hätte nichts damit zu tun.

Eines Tages als sie von der Schule heim kam, stand ein stattlicher junger Mann vor der Tür. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie den Typ erst sah als sie in ihn hinein gelaufen war, weil er direkt vor ihrer Haustür stand. Adora hatte ihn entsetzt angeschaut und war ins Haus gerannt. Die Tür hatte sie ihm einfach vor der Nase zugeschlagen. Panik machte sich in ihr breit, das sich das Geschehnis in der Bibliothek vor ihrem inneren Auge immer wieder abspielte. Woher wusste der Unbekannte überhaupt wo sie wohnten?

Das Haus von Adoras Tante stand mitten in einem Wald. Der Wald gehörte ebenso zu dem grossen Anwesen. Adora wusste nicht woher ihre Tante so viel Geld hatte oder warum sie so reich war. Das Haus war riesig. Es hatte zwei kleine Türme an den Ecken und eine grosse Eingangshalle mit einer breiten Marmortreppe die rechts und links ins Obergeschoss führten. Im Erdgeschoss befand sich der Salon, der grosszügiger Speisesaal und die Küche. Auch die Unterkünfte für die Bediensteten waren dort.

Adoras Tante hatte vier Angestellte. Es waren alles Frauen wie sich verstand. Adora traute niemandem von ihnen. Ihre Tante sprach nicht oft über sie aber wenn sie es tat, dann war es nichts gutes.

Was also machte ein wildfremder Mann auf ihrem Anwesen? Wenn er sich im Wald verirrt hätte, dann wäre er nicht hierher gekommen weil ein grosser Zaun das Grundstück einzäunte.

Adora versuchte nicht mehr daran zu denken. Er war ja ausgesperrt und ihre Tante hatte viel zu tun. Die würde nicht bemerken das jemand vor der Tür stand.

Ca. drei Minuten später rief ihre Tante nach ihr.

"Adora, du hast Besuch." Die Zuckersüsse Stimme ihrer Tante lies sie erstarren. Es war geplant. Dieser Fremde war eingeladen worden. Und es gab nur einen einzigen Grund warum.

Er war Perle Nummer vier gewesen. Adora versuchte es zu verhindern aber gegen ihre Tante hatte sie keine Chance. Wenigstens ging es schnell. Seither hatte es keine Zwischenfälle mehr gegeben. Adoras Tante sprach nicht darüber und sie machte auch keine Andeutungen, das sie bald eine neue Perle wollte. So normalisierte sich Adoras Leben wieder mehr oder weniger.

AdoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt