Adora

Der Plan

Adora sass auf ihrem Bett und starrte auf den Hof hinunter. Ihre Tante trug das schwarze lange Kleid und einen Breiten Hut. Sie sah aus als ob sie aus einem Märchen kam, aber da das ganze Anwesen so aussah, störte das überhaupt nicht. Adora war nur verwundert wieso ihre Tante wegfuhr. Und wohin überhaupt? Ihre Tante verliess sonst nie das Haus.

Eine Woche hatte sie gesagt. Eine ganze Woche. Adora könnte einiges tun in dieser Zeit. Es war das aller erste mal, das sie ganz alleine in dem grossen Haus im Wald war. Sie könnte einiges über ihre Tante erfahren. Den eigentlich wusste Adora erschreckend wenig über sie. Oder sie könnte etwas über die Nebelperlen erfahren. Vielleicht auch etwas über sich selbst. Schliesslich wusste sie nicht warum sie so war wie sie war. Und woher das kam. Sicher war, dass sie etwas herausfinden würde. Und wo sie die Antworten finden konnte war auch klar. In dem Arbeitszimmer ihrer Tante. Dort durfte sie nämlich nicht hinein. Und wo sonst sollte man nach Informationen suchen die man nicht finden durfte als an einem verbotenen Ort?

Eine Kutsche fuhr auf den Hof, gezogen von zwei schwarzen Pferden. Adoras Tante konnte nicht Autofahren. Sie hielt nichts von dem "modernen Kram" wie sie immer abschätzig sagte. Sie interessierte sich viel mehr für die Vergangenheit. Von ihrem Wissensstand her über das Mittelalter, so dachte Adora, wäre sie eine sehr gute Geschichtslehrerin. Nur fehlte es ihr sehr am sozialen Aspekt.

Die Kutsche fuhr aus dem Hof und verschwand im Wald. Jetzt war sie tatsächlich weg. Adora konnte es fast nicht glauben. Eine Woche war sie auf sich allein gestellt. Eine Woche um sich selbst und ihre Tante besser kennen zu lernen. Eine Woche um all die Fragen zu beantworten, oder um noch mehr Fragen zu bekommen. Das wusste sie noch nicht so genau.

Sie schob die Tür ihrer Kammer auf und stieg die Treppe hinunter. Ihre nackten Füsse machten leise Patsch-Geräusche auf dem Steinboden. Als sie vor der Tür stand, hinter der sie noch nie war, fing ihr Herz an schneller zu schlagen. Sie was nervös. Langsam streckte sie Ihre Hand aus und legte sie auf den alten Messingknauf. Sie zitterte und langsam drehte sie an ihm.

Es war abgeschlossen. Das hätte sie sich ja denken können. Ihre Tante war nicht dumm. Adora überlegte sich gerade was sie nun tun sollte als sie Schritte im Gang hörte. Schnell drehte sie sich um und tat so als ob sie gerade vorbei gekommen wäre. Doch in Ihrer Hecktik stand sie auf den Saum ihres Kleides und klattschte der länge nach hin.

Adora trug wie ihre Tante auch immer Kleider. Sie hatte nur ein päärchen Hosen für die Schule aber meistens trug sie auch für den Unterricht einen Jupp oder einen Rock.

Ihre Tante konnte Hosen nicht ausstehen. Das fand sie viel zu Männlich und zu modern. Adora wollte ihre Tante nicht reizen und da sie ja sowieso nie Besuch hatten spielte es ihr auch keine Rolle in Mittelalterlichen Kleidern rumzulaufen. Ausserdem waren sie noch sehr bequem.

"Ist alles OK. Mrs.?", fragte das Dienstmädchen besorgt. Adora nickte nur und rappelte sich schnell wieder auf. Ohne ein Wort rauschte sie and dem leicht verdutzten Mädchen vorbei, zurück in Ihr Zimmer. Sie hätte sich selbst Ohrfeigen können. Warum war sie so tolpatschig?

In ihrem Zimmer angekommen warf sie sich aufs Bett. Sie musste einen Plan entwickeln, und zwar ein richtig guter. Sie musste die Zeit nutzen so gut es ging. Wie kam sie nur in das Arbeitszimmer hinein? Adoras Tante trug immer einen Schlüssel um den Hals. Auch als sie fortfuhr hatte sie ihn bei sich. Bestimmt ist das der Schlüssel zum Arbeitszimmer. Wofür sollte er sonst sein? Aber vielleicht hatte Ihre Tante ja noch einen Zweitschlüssel.

Adora holte einen Block heraus und einen Schreiber. Jetzt konnte die Planung beginnen.