Kapitel 1

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Das war nun schon das dritte Mal, das Luana ihn sah. In ihrem Vorgarten. Langsam fragte sie sich, ob er bei ihr einbrechen will oder so. Sie zog die Vorhänge noch etwas fester zu. Ihre Narbe begann wieder zu schmerzen; sie wollte wissen, woher diese Narbe stammte und wieso nur sie diese Narbe sehen konnte. Natürlich war es mystisch, aber sie verschwendete keinen Gedanken an das Unmögliche. In ihrer Grundschule und auch auf dem Gymnasium haben einige - fast alle - an Magie und so einen Scheiß geglaubt. Ihre Eltern auch, deswegen war sie vor einer Woche, ihrem 16. Geburtstag, von zuhause weggezogen, in der Hoffnung, der "Aberglaube-Zauber-Scheiß" würde ein Ende finden. Luana war schlau; sie hatte sich schon einen genauen Plan gemacht, wie sie am besten diesen Scheiß vermeiden kann. Nur Montags um 9 Uhr einkaufen gehen, da war so gut wie niemand draußen. Und ihre Arbeit - sie war ja nicht volljährig, also arbeitete sie an einem Buch, das sie an ihrem 18. Geburtstag veröffentlichen würde. Sogar an mehreren Büchern, ein Verlag würde sich schon finden.

Auf TV verzichtete sie ganz, heutzutage kam sowieso nur Schrott. Sie seufzte - der Junge lungerte wieder in ihrem Vorgarten herum. 'Beim 5. Mal', schwor sie sich in Gedanken, 'drohe ich ihm mit der Polizei.' Sie schlich die Treppe herunter. Ihre Eltern hatten ihr ein Haus gegenüber ihres Gymnasiums geschenkt, sie hatte zwar nur einen Realschulabschluss, aber was brauchte sie schon? Sie ging ins Bad und schaute aus dem Fenster. Ihr fiel etwas auf, was sie fast zum Umfallen brachte: Der Junge hatte dieselbe Narbe wie sie. Sie stützte sich am Waschbecken ab. Sie spürte, wie ihre Beine nachgaben und sie auf die Fliesen knallte. Dann wurde ihr schwarz vor Augen.

Das Nächste, was sie sah, war die Badezimmerdecke. Erst konnte sie sich nicht erinnern; dann kamen die Erinnerungen an die letzten 20 Minuten zurück. 10 Minuten hatte sie einfach dort gelegen. Dort, wo eigentlich Blut hätte sein müssen, war nichts. Rein gar nichts. Nichts. Niente. Nada. Ihren Kopfschmerzen nach, hätte sie schon verblutet sein müssen. Sie öffnete die Tür. Sie lief nicht erst hoch in ihr Schlafzimmer, sondern legte sich auf das Sofa im Flur. Augenblicklich war sie eingeschlafen.

Magic - a power for not everyoneWhere stories live. Discover now