Kapitel 1

27 2 0
                                    

Um 6:22 Uhr kam meine Mutter rein um mich zu wecken. Wie immer. Sie klopfte mit ihren Fingerknöcheln gegen die Tür, was mittlerweile ein sehr verhasstes Geräusch in meinem Leben geworden ist, und eine Sekunde später stößt sie unsanft die Tür auf, macht sie dann wieder zu und geht. Sie geht davon aus dass ich wach bin. Und wie immer bin ich es.

Und so beginnt ein normaler Schultag im Leben einer 16-Jährigen. Mein Morgen ist von vorne bis hinten durchgeplant. Ich habe eine Vorliebe fürs Planen. Wie jeden Tag arbeite ich mich durch den Prozess des Fertigmachens durch bis ich um 7:15 zum Bus laufe. Die Haltestelle ist nicht weit entfernt jedoch ist mein Schulweg und insgesamt der Weg von hier, Hamilton (Glasgow), zu irgendeinem anderen Ort zu lang und mühselig für meinen Geschmack. Ich muss viel zu früh los zur Schule und bin auch viel zu früh da, aber wenn ich einen Bus später nehmen würde wäre ich 5 Minuten zu spät.

Jedoch freue ich mich auf die Busfahrt. Jeden Tag erneut. Manchmal gehe ich nur darum in die Schule. Ich steige also wie üblich in den meistens noch leeren Bus ein. Dann fahre ich zwei Haltestellen bis der Grund dafür, warum ich gerne zur Schule fahre, dazu steigt. Er setzt sich immer neben mich, jedoch wechseln wir meistens keine Worte. Das machen wir nachmittags, wenn wir zusammen nach Hause fahren. Aber morgens haben wir beide bereits unsere Kopfhörer in den Ohren. Nichtmal eine Begrüßung ist drin. Gelegentlich, wenn einer von uns etwas wichtiges zu sagen hat oder es etwas zu besprechen gibt, dann nimmt er die Kopfhörer raus und guckt den anderen verlegen an, in der Hoffnung er würde merken dass hier eine Konversation stattfinden soll. Wenn ich diejenige bin die ihn ansprechen will, warte ich die ganze Fahrt lang auf den perfekten Moment. Aber wir haben uns morgens nicht oft was zu sagen.

Und da steigt er ein. Er checkt wie immer den Bus nach mir ab und steuert dann auf mich zu. Ich gucke unschuldig aus dem Fenster. Er setzt sich neben mich und stellt seine Game of Thrones Schultasche vor seine Füße. Die ganze Fahrt über denke ich daran dass er neben mir sitzt und überlege was er gerade so denkt. Jeden Tag, immer wieder. Heute sitzen wir vor einer Plastikscheibe. Meistens kann man darin die Gesichter erkennen. Ich kann ihn dadurch gut beobachten. Er mich aber auch. Heute habe ich zusätzlich noch eine kurze Hose an, ich fühle mich etwas unwohl weil er auch meine Beine durch die Scheibe beobachten kann. Ich gucke in sein Gesicht in der Scheibe. Er guckt mich auch an. Das passiert auf dieser Fahrt noch sehr oft. Irgendwie freut es mich, dass er mich anguckt. Wir haben eine sehr komplizierte Vergangenheit hinter uns.

Inder sechsten Klasse wurden wir beste Freunde. Wir befreundeten und über einen sogenannten Spy-Club. Der Junge, Derek, war unser Anführer. Ansonsten bestand der Club aus mir, Liss, Lucas und Niclas. Der Club hat mir alles bedeutet. Und mit der Zeit habe ich mich in Derek verliebt. 2 Jahre vergingen. Einmal löste sich der Club auf, danach fanden wir wieder zusammen. Dann wurden Leute aus dem Club geworfen, bis letzten Endes nur noch Derek, Lucas und ich übrig waren. Erzählt hört es sich vielleicht nicht so bedeutend an, jedoch war die Freundschaft mit Derek eins der wichtigsten Ding ein meinem Leben und bis heute die schönste Erfahrung in meiner Schulzeit. Zwei Jahre lang liebte ich ihn, zwei Jahre war er mein bester Freund. Doch dann fanden Derek und Lucas gleichzeitig neue Freundinnen. Lucas und ich wurden mit der Zeit zu Feinden und Derek vernachlässigte mich immer mehr. Anders gesagt, er vergab den beste Freundin Titel nicht mehr nur an mich. Und so kam es zu Streit. Alles was wir zusammen erlebt hatten in über zwei Jahren wurde an einem Tag, an dem Tag, wo wir darüber geredet haben, wo jeder seine Meinung gesagt hat, weggeworfen. Ich dachte damals es wäre nur einkleiner Streit, ich dachte dass das innerhalb von einer Woche wiedergeklärt werden würde. Doch Derek kam nicht wieder zurück. Die nächsten zwei Jahre verbrachte ich ohne ihn. Jedoch ohne je aufgehört zu haben an ihn zu denken oder wegen ihm zu weinen. Er hatte zu gravierende Spuren hinterlassen. Drei ganze Jahre war ich in ihn verliebt. Zwei Jahre war er mein aller bester Freund gewesen, und ich seine beste Freundin.

Spirited AwayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt