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Hastig griff sie noch einmal nach ihrer Kamera und überprüfte alles wichtigen Funktionen. Nicht, dass sie das in den letzten zehn Minuten schon dutzende Male gemacht hätte, doch ihre immer stärker werdende Nervosität zwang sie dazu. Alle Routine, die sie normalerweise bei einem solchen Fotoshooting hatte, nützte hier nichts, um sie zu beruhigen. Warum nur hatte sie hierzu zugestimmt? Wahrscheinlich würde sie glorreich versagen und damit nicht nur sich, sondern auch ihrem Chef Simon jede Menge Ärger einhandeln.
„Amber, bist du soweit?"
Ruckartig riss sie den Kopf herum, stöhnte schmerzerfüllt auf, als die schnelle Bewegung ein deutliches Knacken auslöste. Josh, Verantwortlicher für dieses Shooting, sah sie fragend an, der Zweifel an ihrem Können stand ihm ins Gesicht geschrieben. Bisher hatte sie sich nicht von ihrer professionellsten Seite gezeigt. Nur leise und über ihre eigene Zunge stolpernd hatte sie dem ihr zugeteilten Assistenten Anweisungen geben können, wie er die verschiedenen Blitzlampen zu positionieren hatte.Zum einen, weil normalerweise eher sie es war, die diese Arbeiten für ihren Chef oder bei eigenen Shootings selbst übernahm und es deswegen schwierig für sie war, anderen Anweisungen zu geben. Andererseits, weil sie im Kopf bereits alle Posen durch ging, die sie ausprobieren und fotografieren wollte.
Langsam nickte Amber, schluckte schwer, um dann doch noch den Schein einer professionellen Fotografin zu wahren. „Ja, wir können anfangen!", meinte sie mit einem leichten Lächeln und legte die Kamera zurück auf den Tisch, auf dem auch ein PC aufgebaut war. An diesem würden Josh und vermutlich zwei, drei andere Redakteure des Magazins, für das die Fotos bestimmt war, die Aufnahmen direkt kontrollieren und so live entscheiden, ob sie mit Ambers Arbeit zufrieden waren oder nicht.
„Gut"
Josh war ihr noch einen letzten, skeptischen Blick zu und winkte dann einem seiner Mitarbeiter, der die stahlgraue Hallentür einen Spalt öffnete und den Grund aller Aufregung herein bat.
Sebastian Stan.Dies war nicht der erste Kontakt mit einem Prominenten für Amber - sie hatte Simon schon bei einigen Shootings mit dem ein oder anderen Schauspieler oder Musiker assistiert - doch es war das erste Mal, dass sie allein die Verantwortung trug. Und vor allem, dass sie es war, die bei einem solch wichtigen Termin hinter der Kamera stand.
Schnell wischte sich die junge Frau ihre schweißnassen Hände an ihrer locker sitzenden, schwarzen Stoffhose ab, während sie sich zu einem freundlichen Lächeln zwang. Gleichzeitig ließ sie den Schauspieler nicht aus den Augen, der zielstrebig auf Josh und damit auch auf sie zukam. Innerlich versuchte sie, irgendwie zur Ruhe und damit zur nötigen Professionalität zu kommen - großer Erfolg war ihr leider nicht beschert. Nicht, weil dieser Mann irgendetwas besonderes für sie gewesen wäre - seine Filme kannte sie nur deshalb, weil ihr Exfreund ein großer Marvel-Fan war und sie diese ihm zuliebe mit wenig Interesse angeschaut hatte - sondern weil die Angst zu versagen, mit jedem Schritt, den Sebastian auf sie zu machte, größer wurde.
Dass Amber überhaupt als Fotografin und nicht als Assistentin ihres Chefs hier stand, hatte sie nur einer glücklichen - oder eher unglücklichen - Fügung des Schicksals zu verdanken. Was anderes als eine heftige Lungenentzündung hatte Simon davon abhalten können, diesen Termin selbst wahr zu nehmen? Ausgerechnet jetzt, wo sich seine Bemühungen, sich unter den Zeitschriftenverlegern und damit auch Reichen und Berühmten einen Namen zu machen, endlich Früchte trugen? Nach einem halben Jahr harter Arbeit, das sie an Simons Seite verbracht und ihm wo es nur ging, geholfen hatte ... nun war ausgerechnet sie es, die den Erfolg aller Bemühungen auskosten durfte? Ja, das Magazin, für das sie fotografierten, war nicht die Vouge oder etwas vergleichbares. Aber es war ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Wenn es nach Simon gegangen wäre, hätte er sich selbst so sterbenskrank, wie er war, in diese alte Lagerhalle am Rande New Yorks geschleppt und hätte die Fotos selbst geschossen. Er hatte es zumindest versucht ... erst, als sein Körper seinen Dienst verweigert und er noch neben seinem Krankenhausbett zusammen gebrochen war, hatte der Fotograf eingesehen, dass seine Angestellte Amber auch nicht mehr Schaden anrichten würde, als er selbst in diesem Zustand.
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Photograph | Sebastian Stan
FanfictionWe keep this love in a photograph, we make these memories for ourselves. Where our eyes are never closing, hearts are never broken and time's forever frozen still. | Was als ganz normales Shooting beginnt, endet für die Fotografin Amber in Chaos. Da...