Kapitel 1

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Ich rannte schnell die Treppe zur Küche herunter. Verdammt, ich war mal wieder spät dran.. Das war typisch für mich.

Mein Eltern saßen schon gemütlich am Tisch und frühstückten, aber ich hatte dafür keine Zeit, ich musste meinen Bus bekommen, der in weniger als 10 Minuten fuhr.

Ich schmierte mir schnell ein Brot und schnappte mir einen Apfel.

„Viel Glück!", rief meine Mutter. Ich ging zu ihr, gab ihr einen Kuss auf die Wange, schenkte meinem Vater ein Lächeln und rannte aus dem Haus.

 Wie gerne ich mich zu ihnen gesetzt hätte, dachte ich, als ich zur Haltestelle lief, die glücklicherweise nicht weit weg war.

 Ich war auf dem Weg zu meinem ersten Casting. Ja, ein Casting. Ich war Tänzerin. Heute suchten sie Tänzer für eine neue Tanzformation. Sie wollten Tänzer, die gut genug waren, um die aktuell beliebtesten Acts gut aussehen zu lassen und das Publikum zu begeistern.

Ich fühlte mich dieser Aufgabe gewachsen. Zumindest glaubte ich das...

Ich wohnte in einem Stadtteil von Hamburg, der schon an Schleswig-Holstein grenzte. Das bedeutete, dass ich jeden Tag eine halbe Stunde bis in die Innenstadt brauchte und vom Hafenleben nicht allzu viel mitbekam. Auch meine alte Schule lag näher an meinem zu Hause als an Speicherstadt und co.

Das Casting fand in der Stage School statt, eine Musical-Schule, die Musicaldarsteller ausbildete. Als kleines Mädchen wollte ich immer Musicaldarstellerin werden. Ich war schon immer ein großer Musical-Fan und mich faszinierte es, zu singen, tanzen und zu schauspielern, und das alles in einem Stück. Aber ziemlich schnell wurde mir bewusst, dass ich zwar tanzen konnte und auch nicht die schlechteste Schauspielerin war, mir jedoch einfach die Stimme für diesen Beruf fehlte. Glücklicherweise musste man kein Schüler dieser Schule sein, um am Casting teilzunehmen. Jedoch eigneten sich die Räume perfekt.

Die Stage School lag in Hamburg-Mitte und der Bus fuhr dahin ca. 40 Minuten. Wenn ich den jetzt nicht bekommen würde, müsste ich auf den in 10 Minuten warten und würde es nicht mehr rechtzeitig schaffen.

Ich bog gerade um die Ecke der Straße, in der die Haltestelle lag, als ich den Bus sah. Er hielt gerade. Ich sprintete los, so schnell ich konnte. Kurz bevor die Türen schlossen, sprang ich hinein. Der Bus setzte sich in Bewegung und ich hatte es doch geschafft, mitzufahren. Erleichtert ließ ich mich auf einen Sitzplatz am Fenster fallen und beruhigte meinen Atem. Meine Tasche auf dem Schoß liegend sah ich nach draußen. Ich dachte darüber nach, wie es wäre wenn sie mich wirklich nehmen würden. Was für Möglichkeiten mir offen stünden. Aber auch, wie enttäuscht ich wäre, wenn ich es nicht schaffen sollte.

Ich hatte so hart darauf hingearbeitet, und außerdem war dies schon das dritte Casting, an dem ich teilnahm. Und damit auch das letzte, was mir meine Mum erlauben würde. Natürlich unterstützte sie mich mit dem Tanzen voll und ganz, aber sie wollte, dass ich erstmal studiere oder einen Beruf erlernte oder wenigstens etwas "Ordentliches" machte, weil bei meinem Traumberuf immer das Risiko bestand, es nicht zu schaffen und dann mit leeren Händen und ohne Anhaltspunkte dazustehen - und vor allem ohne Geld. Ich verstand sie ja, aber ich wollte nichts anderes. Ich wollte mich an keiner Uni einschreiben,  um irgendetwas Langweiliges zu studieren. Ich wollte mir keinen Kellner-Job suchen, um erstmal das Geld zusammen zubekommen. Ich wollte nur tanzen. Das war mein größter Wunsch.

Ich wühlte in meiner Tasche herum, um nachzusehen, ob ich auch alles dabei hatte. Klamotten, Schuhe, die CD mit meiner Musik,... Plötzlich klingelte mein Handy. Es war Chloe, meine beste Freundin. Ich nahm ab.

„Jamie?? Bist du schon da? Ich hab verschlafen, man!" Sie war total aufgebracht, aber das war irgendwie typisch für sie. Sie machte immer Panik, auch wenn gar nichts los war.

„Chloe beruhig dich, ich sitz im Bus. Bin noch nicht mal in der Nähe." Ich musste kichern.

„Oh, na dann..." Ich sah sie zwar nicht, aber ich wusste ganz genau, wie rot sie gerade anlief. „Ich wollte dir doch noch Glück wünschen! Alles Gute, Süße. Du schaffst das, ich glaub an dich! Hau sie um, du hast das Zeug dazu."

„Danke, Honey. Ich hoff's..."

„Und ich weiß es. Du packst das! Ich hol dich danach ab und dann erzählst du mir wie's war, ok?"

„Alles klar. Danke, C." Ich legte lächelnd auf. Deshalb war sie meinte beste Freundin. Sie war vielleicht etwas verpeilt, aber sie war für mich da, wenn's drauf ankam, machte mir Mut und ich konnte immer auf sie zählen.

Glücklicherweise war noch nicht so viel Verkehr und ich kam rechtzeitig an der Stage School an. Ich stieg aus und lief ca. 5 Minuten, bis ich endlich da war.
Am Empfang sagte ich meinen Namen und bekam eine Nummer.

Ich lief die Treppen hoch zum Tanzsaal. Meine Knie zitterten. Ich glaube, ich war noch nie so aufgeregt in meinem Leben, wie jetzt gerade.

Ich stand in der Tür zum Saal und sah junge Tänzer und Tänzerinnen. Es waren Frauen und Männer, die alle perfekte Körper und eine unglaubliche Körperbeherrschung und Körperspannung besitzten. Und das konnte ich nur aus ihren Erwärmungen heraus sehen... Zudem schienen sie alle älter als ich zu sein.

Ich gehörte hier doch gar nicht hin. Hatte ich überhaupt eine Chance?

THE BLONDE COUPLE - Niall Horan Fanfiction (German) *ON HOLD*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt