9. It's Time to..?

876 25 4
                                    

Peinlich berührt kratzte ich mich am Kopf.
War ich gerade wirklich kurz davor gewesen Hayes zu küssen?
Ich meine, er wollte es doch auch. Oder?

Oh scheiße! Wie sollte das jetzt zwischen uns weiter gehen? Ich konnte ihm nie wieder in die Augen schauen, so sehr schämte ich mich für die nicht begangene Tat.

"Ich glaube, ich gehe besser." flüsterte ich, mit heiserer Stimme. Er räusperte sich. Seine Hand hielt immer noch meine.

Ich wollte gerade aufstehen und weggehen. Da zogen mich zwei Arme nach hinten, drehten mich herum und klemmten mich fest, so dass ich mich kaum bewegen konnte.

Meine Herz raste und mein Atem ging immer schneller. Hayes' entschlossene Miene machte es nicht besser.
Eine Hand löste sich von meiner Taille und strich mir meine Strähne aus dem Gesicht.

Und dann. Ganz plötzlich, beugte er sich nach vorn und seine Lippen pressten sich verlangend auf meine.
Sein süßer Duft umhüllte mich und seine starken Arme waren um meinen Körper geschlungen.

Seine Lippen öffneten sich und seine Zungenspitze wagte sich seinen Weg zu meiner.
Wir genossen es beide, das merkte man ganz genau.

Ich wusste nicht, wie lange wir uns küssten. Doch als wir uns von einander lösten, hatte ich das Gefühl als hätte ich eigentlich schon lange Zuhause sein sollen.

Hektisch stand ich auf. Mein Blick durchkämmte fieberhaft den Raum nach meiner Tasche.
Als ich sie gefunden hatte, schulterte ich sie und drehte mich noch einmal zu Hayes um.

"Tschuldigung ich muss los." Sagte ich zu ihm, umarmte ihn unbeholfen und drehte mich auf dem Absatz um.

-

"Was?! Du bist einfach gegangen?" Schrie Lydia mich an.

"Tschuldigung." Sagte ich kleinlaut ins Telefon. "Ich wusste nicht was ich sonst machen sollte."

Mit dem Handy am Ohr, stand ich nun an der Bushaltestelle und musste mir seit knapp zehn Minuten Lydia's Geschluchze über irgendeinen Brian anhören.

Irgendwann hatte sie mich dann gefragt was ich denn so getrieben hatte, und als ich es ihr erzählt hatte. War sie kaum noch zu halten gewesen.

Sie gab mir Tipps, schrie mich an und schluchzte noch mehr weil ich ihn zum Abschied umarmt hatte.

"Er ist doch Ultra süß. Und dann sieht er auch noch so gut aus." Sie keuchte und es hörte sich kurz so an, als würde sie gleich wieder anfangen zu heulen. "Hat er noch irgendwelche Andeutungen gemacht, wie er dich findet oder so?"

Ich schwieg. Eigentlich hatten wir noch gar nicht über Gefühle oder so etwas gesprochen. Wahrscheinlich war er auch noch nicht bereit dazu.
Ja, das musste es sein! Er war noch nicht bereit mir zu sagen, dass er mich eigentlich total scheiße fand und mich nur aus Mitleid geküsst hatte.

Vielleicht fühlte er sich einfach verantwortlich für mich, weil er mich vor der Schule schon kennen gelernt hatte und ich niemand anderes kannte.

"Nein, wir haben noch gar nicht über so etwas gesprochen." Krächzte ich und jetzt war es an mir zu Schluchzen. "Ich glaube das brauchen wir auch nicht." Meine Stimme brach ab und ich fing an zu weinen.
Es kam mir vor, als wäre ein Staudamm gebrochen.

"Wie meinst du das? Ihr braucht das nicht..? HEULST DU ETWA?!"

"Nein..." Schluchzte ich. "Ich glaube einfach, dass ist nicht so gut... Das mit uns. Ich sollte ihm das sagen."

"Achja stimmt. Dein Leben ist ja sowieso scheiße, wäre besser, wenn du dich direkt umbringst." sie machte eine kurze Pause, dann fing sie an zu brüllen. "Der steht total auf dich. Wie lange braucht es noch bis dir das endlich klar wird?! Manchmal frage ich mich echt wo dein Gehirn geblieben ist. Hast du diese Nacht wieder nicht genug geschalfen? Du weißt doch ganz genau das du nicht richtig funktioniert, wenn du müde bist. Es ist ein Wunder, dass du überhaupt noch richtig reden kannst."

Ich schmunzelte. Lydia war einfach die beste. Oh Gott ich vermisste sie so.

"Ich hab tatsächlich zu wenig geschlafen.." scherzte ich und sie schnaubte.

"Du bist vielleicht eine." neckte sie mich liebevoll. "Versprich mir, dass du noch einmal richtig darüber nachdenkst, was du zu Hayes sagst. Okay? Ich muss nämlich jetzt los."

"Okay. Bis bald." flüsterte ich und lies mein Handy in die Hosentasche gleiten. Gerade in diesem Moment, fuhr der Bus um die Ecke.
Ich bezahlte und flüchtete auf den hinter letzten Platz.

Schweigend sah ich aus dem Fenster und lies den vergangenen Tag Revue passieren.
Doch meine Gedanken klammerten sich immer wieder an der einen Erinnerung fest. Der Kuss mit Hayes.

Eigentlich der Kuss von Hayes.

Er war so bestimmt vorgegangen, so drängend, als hätte er richtig darauf gebrannt mich zu küssen.
Seine Wärme, sein Geruch..
Ich kniff mir selbst in den Oberschenkel, als müsste ich mich für diesen Gedanken selbst bestrafen.

Ich durfte jetzt nicht so anfangen wie Lydia! Er war nur ein Junge! Keine Gottheit.
Ich würde einen kühlen Kopf behalten und sehen, wie er sich bei unserem nächsten Treffen verhalten würde. Und dann würde ich mich einfach anpassen.
Ja das war eine großartige Idee!
Anpassung war die beste Tarnung!

Far away//Hayes GrierWo Geschichten leben. Entdecke jetzt