Kapitel 3

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Während er für uns einen Weg durch die Menge bahnt, blicke ich mich nach bekannten Gesichtern um. Schwerer als man denkt. Es gibt kaum jemand der nicht tanzt, rumknutscht oder sich von mir wegdreht. Trotzdem habe ich dieses unschöne Gefühl beobachtet zu werden. Meine Augen suchen unruhig die Menge ab.

Und plötzlich entdecke ich Yannic.
Für einen kurzen Moment trifft mich einer seiner eiskalten Blicke, doch dann wendet er sich zu seinem besten Kumpel Marc. Er sieht einfach noch genau so aus wie früher. Für einen kurzen Moment sehe ich vor meinen Augen, wie Amy an seinem Hals hängt. Ich bin zu froh, dass sie Schluss gemacht hat. Meiner Meinung nach hatte er sie nicht verdient - er hat sie nie wirklich geliebt. Jede Gelegenheit genutzt bei der er sie betrogen konnte.

Und dann immer diese abschätzigen Blicke zu mir.

Ich glaube er hasst mich. Er hasst mich aus dem Grund für den ich nichts kann. Dass meine Eltern reich sind. Ich weiß von Amy, dass er mit 5 weiteren Geschwistern und einer allein-erziehenden Mutter in der Nähe des Bahnhofs wohnt, in einem der grauen Hochhäuser. Ich weiß auch so wie die meisten meiner Schule, dass er schon längest abhängig ist, regelmäßig kifft und Drogen nimmt.

Ich glaube ich stehe schon länger auf seiner Abschussliste. Anfangs war mir es egal, ich habe die Vorurteile und die Lästereien an mir abprallen wie bei all den anderen. Doch irgendwie hat es sich geändert. Ich merke der Hass ist stärker geworden, die Blicke kälter, die Lästereien mehr und die Vorurteile heftiger. Ein Schauer fährt mir den Rücken runter.

Ich muss wohl Bens Hand fester gedrückt haben, denn er bleibt plötzlich stehen und schaut mir besorgt ins Gesicht. "Alles ok bei dir?". "Äh ja klar alles gut soweit", sage ich eine Spur zu fröhlich. Er zieht nur eine Braue hoch, setzt dann aber den Weg in Richtung Bar fort. Der feste Händedruck von ihm beruhigt mich. Ich mustere ihn von hinten. Er ist so unglaublich ... - was ist er denn? Er ist so süß, so wunderhübsch, charmant, fürsorglich und stark. Ich frage mich selber woher ich mir die Erlaubnis nehme schon so viel über ihn auszusagen, obwohl ich ihn doch gerade erst kennengelernt habe. Ich schiebe den Gedanken bei Seite, vergesse, dass ich von Yannic beobachtet werde und grinse einfach über beide Ohren.

Wir kommen an der Bar an, und Ben bestellt 2 Drinks. "Was war denn vorher?". Es fühlt sich wie ein Schlag in den Bauch an, als Yannic's Gesicht wieder vor meinen Augen auftaucht. Für einen Moment hat er mich aus der Bahn geworfen bevor ich mich wieder gefasst habe. "Wieso was sollte denn gewesen sein?". Ich versuche meine Panikattake zu überspielen und trinke einen Schluck von meinem Drink. Ben schaut mich misstrauisch an. "Mila, du kannst es mir sagen." Er streicht mir vorsichtig eine Haarsträne aus dem Gesicht. Schon nur der Klang seiner Stimme als er meinen Namen gesagt hat lässt augenblicklich mein Herz schneller zu schlagen. Ich blicke in seine Augen. "Man sieht dir an, dass irgendetwas nicht stimmt. Dein Gesicht ist wie ein offenes Buch. Du solltest dir echt noch ein Pokerface antrainieren. Aber was auch immer ist...du kannst es mir sagen, - wenn du willst."
Ich habe das Gefühl, er wäre mein eigener Beschützer. Und ich spüre das Verlangen ihn an mich zu ziehen und ihn zu küssen. Um ihn zu spüren - zu spüren, dass er da ist. Dass er für mich da ist. Damit ich meine Angst vor Yannic runterschlucken kann. Alleine bin ich nicht vielleicht nicht mehr fähig dazu.

Alles was ich jedoch mache ist ihn anzustarren und mich nicht vom Fleck zu rühren. Ich bin kurz davor, ihm zu sagen, dass Yannic mich beobachtet, aber schließlich ich entscheide mich doch lieber für den Versuch eines Pokerfaces. An Bens Blick erkenne ich jedoch, dass es mir eindeutig misslingt. Im Augenwinkel erkenne ich Yannic, der sich ganz zufällig neben uns einen Drink bestellt.

"Wollen wir tanzen?" frage ich Ben also. Diesmal bin ich die jenige, die für uns beide einen Weg durch die Menge bahnt. Ich schleife ihn schon fast hinter mir her so eilig habe ich es plötzlich. Möglichst weit entfernt von der Bar bleibe ich stehen.
Ich bin froh, dass ich ganz gut tanzen kann. Ich habe früher 4 Jahre lang Hiphop getanzt, doch meine Mutter hat es mir irgendwann verboten, "da diese Art zu tanzen etwas rebellisches und unkontrollierbares hat, was nicht zum Stil unserer Familie passt". Wenn es nach meinen Eltern ginge, wäre ich jetzt gar nicht hier. Ich würde warscheinlich als Hobbys nur Sprachkurse belegen und an Schachwettkämpfen teilnehmen. So kommt es mir zumindest vor.

Ben sieht mich die ganze Zeit an. Ich erwidere seinen Blick. Ich spüre die schneller werdenden Schläge meines Herzens bis ich gar nichts mehr denken kann und mir alles egal wird. Es gibt nur noch Ben und mich. Ich gehe einen Schritt auf ihn zu, selbst überrscht warum alles so schnell geht. Jaja, Alkohol öffnet Türen... Immernoch Auge in Auge. Ich lege meine Arme um seinen Hals. Ich spüre seine Hände an meiner Hüfte. Unsere Gesichter sind sich ganz nah. Mein Herz rast. Ich denke nur noch eins: Küss mich. Alles was ich will ist, seine warmen Lippen auf meinen spüren. "Mila, habe ich dir schon gesagt, dass du unglaublich hübsch bist?" Ich wende meinen Blick nicht ab. Küss mich. Meine Hände wandern zu seinem Gesicht. Ich spüre wie er mich an sich zieht. Ich schließe meine Augen.

Im nächsten Moment merke ich, wie ich falle. Der Boden ist hart. Mein Kopf dröhnt von dem Aufschlag. Als ich versuche die Augen zu öffnen, sehe ich ein Gesicht über mir. Aber es ist nicht Bens Gesicht in das ich blicke.

Mit Dir bis in alle EwigkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt