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,,Komm schon, Babe, du musst was essen." flüstert Lara mir aufmunternd zu, doch ich öffne meinen Mund nicht, denn der Schock sitzt noch tief. Jedes Mal wenn ich meine Augen schließe, dann sehe ich wieder diese schrecklichen Bilder vor mir. Meinen Vater. Den Wissenschaftler. Den Drachen. Immer wieder bilden sich Tränen in meinen Augen und fließen über meine Wangen bis sie schlussendlich in meinem T-Shirt versinken. Mein Blick schweift von ihren wundervollen Augen zur Tür, in der gerade Rogers steht und das Schauspiel misstrauisch betrachtet. Voll Furcht schlucke ich schwer und als er feststellt, dass ich nichts esse, da lässt Lara vor Schreck den Löffel fallen und die Suppe hinterlässt auf meiner Hose einen dunklen Fleck. ,,Ach echt? Habe ich gar nicht mitbekommen." stöhnt Lara sarkastisch und dreht sich kurz zum Captain um, doch bald rennt sie durch die Küche auf der Suche nach Küchenrolle, um meine Hose sauber zu machen. Ohne jegliche Worte stehe ich von dem Hocker auf, der ein leises Geräusch von sich gibt, da ich ihn leicht zur Seite schiebe. Meine Füße treffen auf den kalten Boden und sofort zucke ich zusammen, denn bei meiner Flucht über die Glasscherben habe ich mir mehrere tiefe Schnitte auf den Unterseiten meiner Füße geholt und jede Berührung mit meinen Füßen tut jetzt weh. Vorsichtig setze ich einen Fuß vor den anderen bis ich vor Rogers stehe, der mir den Weg versperrt und sich keine Mühe macht mir aus dem Weg zu gehen. Während er mir versucht fest in die Augen zu schauen, starre ich vollkommen ängstlich und zitternd auf meine Füße. ,,Linn! Was machst du da?" schreit Lara durch die ganze Küche, doch ich drehe mich nicht um, ich bewege mich keinen Zentimeter. ,,Lass sie vorbei, Rogers." zischt sie und sofort macht der Captain einen Schritt zur Seite, damit ich an ihm vorbei laufen kann und in das Wohnzimmer gelange. ,,Ich habe eure Geschichten gehört." ertönt die Stimme des Captain's und sofort bleibe ich stehen. Woher weis er es? ,,Ihr hattet eine schlimme Vergangenheit." meint Rogers, nachdem Lara nichts erwidert hat. ,,Ach ja? Du kennst uns nicht, wie könnte einer wie du so etwas beurteilen?" ,,Ich habe auch jemanden verloren. Ich weis wie es ist. Wenn ihr so etwas nicht noch einmal erleben wollt, dann würden wir euch aufnehmen. Ihr könntet Avenger werden." ,,Wieso solltet ihr uns vertrauen?" ,,Deine Eltern sind nicht durch mich gestorben. Sie gehörten Hydra an. Hydra war dafür bestimmt zu fallen." ,,Ich weis. Ich habe meine Eltern eh nie geliebt. Eigentlich waren es nur meine Zieheltern, meine Echten haben mich ausgesetzt. Die Menschen, die du oder halt Hydra auf dem Gewissen haben, waren nur zwei mir gleichgültige Menschen." Mir stockt der Atem. Hat sie das gerade wirklich gesagt? Hat sie mich die ganze Zeit angelogen? Haben wir uns nicht immer alles gesagt? ,,Du solltest das deiner Freundin sagen." ,,Es würde ihr Herz brechen." Wut packt mich wie eine kalte Hand in der Nacht, die einen in schreckliche Alpträume zerrt. Meine Hände ballen sich zu Fäusten und ich drehe mich unter Schmerzen auf den Zehenspitzen um. Langsam gehe ich mit großen Schritten wieder in die Küche, um dort schnell von der Theke neben der Tür, ein Messer zu nehmen und den Captain an zu fallen. Meine Arme lege ich um seinen Hals und zerre ihn so auf den Boden. Schnell sitze ich auf ihm und fixiere mit meinen schmerzenden Beinen seine. Mit meiner einen freien Hand halte ich seine Hand zusammen auf den Boden. Das Messer halte ich ihm an den Hals, sodass er sich nur schwer wehren kann. Seine blauen Augen fixieren meine, doch ich werde nicht weich, sondern drücke ihn noch fester auf den Boden. Lara kreischt meinen Namen, doch wieso tut sie das? Will sie ihn retten? Sie war doch immer die, die ihn leiden sehen wollte. ,,Linn! Hör auf! Er kann uns helfen!" schreit sie und sofort höre ich Schritte hinter mir und bald packt mich eine Hand an der Schulter und zerrt mich vom Captain. Sofort werde ich gegen die nächste Wand gedrückt, doch ich kann kein Gesicht erkenne, denn bald wird es dunkel, als hätte jemand das Licht ausgemacht. ,,Lara..." wimmere ich und wieder fließen Tränen über meine Wangen und tropfen auf den Boden. Ich bin etwa überrascht, dass ich wieder rede, denn bis gerade eben war ich noch zu schwach und traurig dazu. ,,Lara?" wiederhohle ich und mit einem Mal wird das Licht angestallten, doch so schnell es kam, kehrt die Dunkelheit zurück. Nur kurz kann ich eine Person erkennen. Regelmäßig wird das licht an und aus geschalten und die Person oder das Wesen nähert sich mir. Gerade als es nur noch einen Meter von mir entfernt ist, da geht das Licht an und nicht wieder aus. Ich sehe meinen Vater vor mir, nur das etwas anders an ihm ist. Anstatt seiner Augen sieht man zwei blutende Löcher und es scheint als würde er Blut weinen. Seine wundervollen blauen Augen sind verschwunden. Sein Mund ist genau so verblutet und zugenäht, dennoch sieht es so aus, als würde er lächeln. ,,Du bist gekommen, Tochter." ertönt seine Stimme in meinem Kopf und sofort halte ich mir die Ohren zu, um seine schreckliche Stimme nicht mehr zu hören, doch immer wieder schallen seine Worte in meinem Kopf. ,,GEH WEG!" schreie ich, doch er verschwindet nicht, sondern kniet sich vor mich hin und starrt mich mit seinen kalten Augenhöhlen an. ,,Ich gehe nicht weg. Ich bleibe für immer bei dir, Tochter." ertönt wieder und wieder seine Stimme in meinem Kopf und bereitet mir schmerzhafte Kopfschmerzen. Das Wort ,,Tochter" wird immer und immer wieder in meinem Kopf wiederhohlt, sodass es bald immer lauter wird und nicht wieder aus meinem Kopf geht. Schließlich streckt er seine kalte und weiße Hand, die die einer Leiche gleicht, nach mir aus und legt sie auf meine Wange. Sofort erscheint es mir, als würde die Wärme aus mir entfliehen und mich Kälte einnehmen. Voller Angst starre ich ihm in die Augen und sehe mich bald wieder in einem Spiegel, hinter mir mein Vater, der eher einem toten Monster ähnelt und langsam verändert sich mein Aussehen. Mein Mund fängt an zu brennen und ich sehe wie meine Mundwinkel einreißen und meine Lippen aneinander genäht werden. Dann ist zuerst mein linkes Auge dran, durch das ich nur noch rot sehe und nachdem er mit meinem rechten fertig ist, da sehe ich nur noch rot. ,,Werde nicht so wie ich." flüstert das Monster von Vater.

[Faceless] ➵ S.RWo Geschichten leben. Entdecke jetzt