Kapitel 1 - Und hier dachte ich, dass mein Leben nicht schlimmer werden könnte

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Lucy's POV

Ich sitze in meiner letzten Schulstunde Mathe und schaue aus den Fenster auf die dicke Linie Bäume, die immer weiter und weiter in das Herz des Waldes wuchs. Mein Stift tippte in einem stetigen Rhythmus auf die frische Seite meines offenen Aufgabenbuchs.

Zu sagen, dass ich nicht in diesem Klassenzimmer sein will, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts. Ich will dort draußen sein, im Wald, während ich mich selber antreibe so schnell zu rennen, dass meine Beine bei jedem Schritt brennen und meine Lungen sich mit jedem Atemzug heben. Ich will sicher nicht hier drinnen sitzen und zuhören, wie Mr Hayden weiter und weiter macht mit irgendeinem dummen Algebra bei dem ich mir sicher bin, ich würde es nicht einmal verstehen wenn ich aufpassen würde.

Ich kann fühlen, wie mein Wolf in Übereinstimmung mit mir grummelt, da sie sie das Geräusch der Stimme meines dummen Lehrers genauso hasst wie ich. Nicht dass mein Wolf und ich wirklich mal nicht über irgendetwas übereinstimmen, aber trotzdem, es ist so. Mein Lehrer ist langweilig, diese Stunde ist langweilig und ich kann nicht warten endlich hier raus zu kommen.

Versteht mich nicht falsch, ich hasse Schule nicht, aber es gibt nun mal Zeiten, in denen ich viel lieber frei sein würde als hier beschäftigt zu sein und so eine Zeit ist eben gerade jetzt.
Seufzend reiße ich meinen Blick von Wald weg und richte ihn auf die Uhr über der Tür des Klassenzimmers. 15 Minuten, noch 15 Minuten bis es klingelt und ich draußen sein kann und ich kann nicht mehr länger warten. Unglücklicherweise beschließen diese 15 Minuten sehr lange zu dauern während ich den Sekundenzeiger beobachte, der sich furchtbar langsam bewegte.

"Jacobs!" fährt mich Mr Hayden an. "Ich vermute mal du machst mit deiner Arbeit weiter, anstatt hier nur rum zu sitzen und zu tagträumen. Ich bin mir sicher du wirst finden, dass die Zeit sehr viel schneller vorbei geht wenn du sie nutzt und sie nicht bloß verschwendest!"

Ich höre unterdrückte Lacher aus der Klasse und kann nicht anders, als diese Stunde ein zweites Mal zu seufzen. Dieses Mal jedoch seufze ich wegen ganz anderen Gründen.
Ok, es ist nicht wirklich etwas neues dass ich die Ausgeschlossene des Packs bin. Ich bin der Omega, der Omega eines Packs mit 50 Wölfen und mein Leben besteht daraus, entweder konstant ignoriert oder konstant gemobbt zu werden. Schlecht für mich enthält diese Schule einen großen Prozentanteil dieser 50 (7 sind sogar Lehrer), was grundsätzlich bedeutet, dass mein Leben die Hölle ist. Ich bin nichts, ein niemand, nurnoch der Schatten des Mädchens das ich einmal war.

Ich war eigentlich nie so. An einem Punkt meines Lebens war ich eigentlich normal, aber alles fing an sich zu ändern als ich älter wurde.
Meine Eltern waren relativ hoch angesehen im Pack. Eigentlich waren sie wirklich hoch angesehen, nicht nur weil sie so viel zum Pack beigetragen haben sondern auch weil sie sich so gut mit unserem Alpha und der Luna verstanden haben.

Mein Vater war ein Jäger und ein verdammt guter dazu, deshalb war er immer Alpha David's erste Wahl in diesem Bereich.

Meine Mutter war Fährtenleserin, die Beste unseres Packs und sie und mein Vater trafen sich beide auf einer Jagdexpedition gegen Rouges.

Nachdem sie offiziell ein Paar waren weigerten sie sich, den anderen je zu verlassen. Wenn einer der beiden zum jagen raus ging, gingen beide... Ohne Ausnahme. So stark war ihr Band, so sehr liebten sie sich. Das ist aber auch warum, als einer ihrer Jagdtrips falsch lief, ich nicht ein Elternteil sondern beide verlor.
Ich war gerade erst 5 geworden als es passierte. Ich war draußen und spielte mit Justin als Alpha David zu uns kam und mir die schlechten Nachrichten brachte...

Die Jagdgruppe war überraschend von einem Pack Rouges angegriffen worden und meine Eltern kamen nicht mehr heim.

Ich kann mich noch an das Gefühl erinnern, als mein Herz in tausende kleine Teile zerbrach nachdem ich diesen einen Satz gehört hatte, diesen einen Satz der mein komplettes Leben von glücklich in die schmerzhafte Dunkelheit stieß.

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