Kapitel 1

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Frustriert stehe ich vor dem Badezimmerspiegel.

Irgendwie ist heute nicht mein Tag, das spüre ich, irgendetwas wird heute passieren und das will ich nicht. Ich darf die Kontrolle nicht verlieren.

Ich hätte diesen verdammten Job nicht annehmen dürfen. Meine Haare stehen wild ab, die Beine und Achseln sind unrasiert und dunkle Schatten unter meinen Augen blicken mir entgegen. Und nicht nur das, ich bin auch noch viel zu spät dran. Für meine Verhältnisse.

Schnell springe ich unter die Dusche und Wasche meine Haare mit dem Zeug, dass mir Ivonne zum Geburtstag geschenkt hatte. Ich wurde stolze 22 Jahre alt, das Shampoo hat mindestens das doppelte an Euro gekostet.

Irgendwie traurig.

Als ich nach meiner Spülung greife, langt meine Hand ins Leere. Wo zum Teufel....?

Ich sollte besser aufhören so viel zu fluchen, das gehört sich nicht. Aber ohne Conditioner gehe ich eben nicht aus dem Haus. Also stellte.ivh das ganze Bad auf den Kopf.um den passenden Conditioner zu finden.

Dann nur noch die Kleinigkeiten, die sich allerdings als äußerst heikel entpuppten.

Ich rasierte mich, schnitt mich, suchte ein Pflaster. Fand keins. Improvisierte.

Ich zog meine Strumpfhose an, sie hatte ein Löchlein am Knöchel, also wieder aus und eine neue an. Die alte in den Müll.

Und so weiter...

Letztendlich habe ich es rechtzeitig zu meinem mintfarbenen Käfer geschafft.

Angezogen, dezent geschminkt und mit Fönfrisur. Ich bin schließlich Pariserin. Die Leute müssen dies erkennen und denken:

"Oh, ihr Leben hätte ich gerne. Ihr Leben ist bestimmt perfekt und organisiert."

Auch dann, wenn es das nicht wirklich ist. Es muss nur so wirken. Denn so ist unsere Gesellschaft, es kommt nur auf unsere Oberfläche an, niemanden lassen wir näher an uns heran, so dass er das unordentliche, faule, Netflix guckende Mädchen nicht entdecken kann.

So sind Pariserinen.

Selbstbewusst, stark, zielstrebig, skrupellos, unabhängig.

Modisch, schlank, nach Chanel duftend im Dior-Kostüm.

Rote Lippen, rote Wangen, die Frisur vom Star-Friseur.

Hochgebildet und verheiratet, vielleicht verheiratet.

Die Ehe muss nicht glücklich sein. Die Pariserin hat viele Liebhaber. Viele Affären. Sie bricht ihre Ehe, egal ob sie liebt oder nicht.

Sie hat vielleicht, nur vielleicht, Kinder. Nicht mehr als eins. Sonst ruiniert sie sich ihre Figur. Sie arbeitet, auf jeden Fall.

Die Karriere ist lebenswichtig, nötigenfalls schläft sie sich an die Spitze der Macht.

Kein Mann bringt ihr Leben durcheinander, sondern sie das der Männer.

So sind unsere Regeln.
Die jede Pariserin still mit sich selbst vereinbart hat und nie brechen würde. Sie halten sich an dieses äußere Erscheinungsbild. Sie binden sich daran.

Sie sind wie ein Netztwerk, eine zielbewusste Macht gegen die Männer. Sie benutzen Sie. Sowie es die Männer früher Taten.
Sie halten alle immer zusammen.

Das sind die Pariserinen, die in der oberen Gesellschaftschicht leben. Quasi dort regiereren. Die Frauen an der Spitze von Frankreich.

Auch ich gehöre zu ihnen. Nur, dass ich nicht, noch nicht, verheiratet bin und meine Ehe nicht brechen könnte.

Aber sonst bin ich genauso, in jedem Punkt. Auf manches bin ich auch nicht wirklich stolz.

Mein Vater hatte mal mit Aktien spekuliert und hat große Gewinne erzielt.Er kümmert sich um meine Finanzen, mein Studium und meine Einkäufe. Eigentlich alles was ich bräuchte.

Ohne ihn wäre ich überhaupt keine richtige Pariserin...

Ich jedoch, will unabhängig sein, wohne deshalb in einem gemütlichen Altbau, statt in einer luxoriösen topmodernen Wohnung im Stadtzentrum. Fahre den süßen Käfer meiner verstorbenen Mutter, statt einen schwarzen BMW oder Audi mit getönten Scheiben. Ich lebe eigentlich ganz normal, wie Studenten eben. In Paris.

Bis auf die Kleidung, meine ich. Die muss teuer sein und von berühmten Labels. Denn die Erscheinung war ja die, die zählt. Sie ist das einzige, das mich mit dem Geld meines Vaters in Verbindung bringt.

Aber auch deswegen habe ich diesen Job angenommen. Ich baue mein eigenes Imperium auf. Ich bin eine renommierte junge Frau in der Businesswelt und jetzt werde ich noch zusätzlich modeln. Bald werde ich mir alles selber erarbeiten, alles.

Im Auto lege ich meine Luis Vuitton Tasche auf den Beifahrer Sitz ab und kaue Kaugummi. Ich liebe diesen Käfer, aber es lohnt sich nun wirklich nicht zu fahren. Ich wohne doch direkt neben diesem hippen Lagerhaus, das wir als Location nutzen werden.

Seufzend nehme ich also meine Tasche wieder in den Arm und gehe zielstrebig und mit großen Schritten über den Zebrastreifen, zwei Straßen entlang und warte auf eine Ampel. Kurz werfe ich einen Blick auf meine Daniel Wellington Uhr und muss erneut seufzen, noch 2 Minuten und sechsunddreissig Sekunden. Das Schaff ich, ist ja schließlich nur noch eine Straße. Die Ampel schaltete auf grün und ich war gerade im Begriff die Straße zu überqueren, als ein Typ mit einer tief ins Gesicht gezogenen Kapuze, mich anrempelte und trotzdem zügig weiter lief, während ich auf meinen hohen Prada Schuhen die Straße weiter entlang taumelte. Dabei knickte ich einmal um und brach mir einen Fingernagel ab, als ich versuchte mich aufzufangen.

Was für ein Tag...

Noch rechtzeitig kam ich in der Rue de la Belle an und wurde auf das Shooting vorbereitet.

Ein Unterwäschen-Shooting.
Hatte ich mir auch denken können. Denn das Magazin war berühmt für die Cover mit Sexappeal. Und es war das Magazin, dass den jährlichen Titel 'sexiest man/woman alife' ausgerufen hat. Eigentlich perfekt für meine Karriere.

Ich wurde geschminkt und meine Haare wurden gelockt, dann wurde mir ein schwarzer Slip, sowie der dazu passende, spitztenbesetzte BH gegeben.

Als ich zu dem Platz ging, bei dem wir die Fotos machen würden, blickte ich in das bekannte Gesicht eines blonden jungen Mannes, der nur mit den passenden Boxershorts zu meinem Aufzug bekleidet war...



























Forever Together ~ GRIEZMANN Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt