Kapitel 2

410 17 8
                                    


"July?" Es klang eher wie eine Frage statt einer Begrüßung. Er hielt mir die eine Hand hin und sah mir in die Augen.

Die Situation war merkwürdig, fast schon surreal.
Das einzige, was noch erahnen ließ, dass wir uns kennen, war, dass er meinen Namen noch kannte. Ansonsten schaute er mich an, wie er jede andere Frau anblicken würde.  Mir kam das ganz gelegen, dann müssten wir nicht in alten Erinnerungen schwelgen.

Aber noch bevor ich seine Hand ergreifen, geschweige denn ihn begrüßen konnte, unterbrach uns der Fotograf, der gerade den Raum betreten hatte.

Gut. Je weniger ich mit Antoine sprechen muss, desto weniger würden wir miteinander zu tun haben müssen.

"Très bien, ihrr keeennt eusch alsoo schoon?!" rief der Fotograf und sprach mit übertriebenen französischem Akzent. Er war wohl eindeutig keiner.

"Flüchtig" antwortete ich freundlich, als ich ihm, statt Antoine, dann die Hand reichte.

Ich konnte seinen nachdenklichen Blick auf mir spüren.
Wie er sich fragte warum ich gegangen war, was er falsch getan hatte.

Aber er war schon längst darüber hinweg, müsste er. Schließlich hat auch er bestimmt weitere Beziehungen geführt. Er lässt sich zumindest nichts anmerken. Er bleibt professionell.

Und das muss ich auch, zumindest äußerlich.

Der Fotograf wies uns unseren Platzt und unsere Positionen.
Für die ersten Foto sollte ich mich gegen ihn lehnen und Antoine sollte den tatoowierten Arm über meine Brust verschrenken.
Allerdings hatten wir direkt ein Problem, denn mit meinen 10 cm Schuhen war ich um einiges größer als er. 
Also zog ich die Schuhe aus und wir drapiert uns wieder in der Position.
Jules, so hätte sich der Fotograf uns vorgestellt, verlangte von mir sexy in die Kamera zu schauen, während Antoine auf meine Lippen blicken sollte.

So oder so ähnlich wurden alle Bilder und passten perfekt als Titelbild.  Wir gingen uns beide umziehen- natürlich getrennt- und gingen zu dem Team, das die Fotos bearbeitete. Insgesamt sah alles so gut aus, dass ich mich und Antoine gar nicht richtig erkannt hätte. Ich kaufte dem Paar auf dem Foto dies Szene ab. Es sah wirklich sexy aus...

Später wurden wir auch noch von einer Redakteurin Interviewt. Er als französischer Fußballgott und ich als Newcomer Model. Ein langes Interview, bei dem es genau um meine Welt ging, die Karriere. Ich erzählte, wie ich mich hocharbeitete- die ganzen Männer mit denen ich hatte schlafen müssen, ließ ich aus- und nun auf eigenen Beinen ein Unternehmen in der Modewelt leiten wollte.

Antoine erzählte von der bevorstehenden Europa Meisterschaft, weshalb er hier auch wieder wohnte. Danach würde er wieder in Madrid leben. Dann sprach er noch über seine letzte Saison und dass er absolut gefragt wäre. Er zähle als Torjäger des Jahres. Dann wurde er gefragt, wie begehrt er bei Frauen wäre. Antoine antwortete ziemlich bescheiden und meinte, dass es ausreichen würde, um gelegentlich die Polizei rufen zu müssen. Wir mussten alle lachen.

Richtung Ende des Interviews, wie hätte es anders kommen können, wurden wir auch zu unserem Privatleben befragt.
Beim Antworten auf die Frage "Sie sind doch bestimmt eine Frau mit vielen Verehrern, haben sie vor, sich zu binden?" stockte mir kurz der Atem.

Normalerweise würde ich direkt sagen: "Ich bin Pariserin". Damit hätte sich die Frage erledigt und die Redakteurin hätte wissend und lächelnd genickt. Jeder wusste, was das hieß. So auch Antoine. Ich wollte den selben Fehler wie damals nicht wiederholen, aber trotzdem musste ich meine Standart Antwort geben. Immerhin wird dieses Interview meine Karriere unterstützten und knallharte Pariserinen kommen in unserer Branche gut an.

"Ich bin Pariserin."

Und da war auch schon das wissende Nicken und das Lächeln im Gesicht, das verriet, dass sie Bescheid wusste und im Grunde genau das gleiche dachte. Antoine schaute zu mir, während ich sprach, aber reagierte nicht anders als jeder andere. Auch er nickte wissend.

Die Frau wandte sich nun ihm zu.

"Und wie sieht ihre Zukunft aus?"

Antoine sah mich nicht an, als er antwortete, warum sollte er auch.

 "Ich sehe alles entspannt, was das Leben angeht. Ich habe keine Vorstellung, ich lasse es auf mich zu kommen. Das Schicksal entscheidet."

"Wie romantisch" Die Redakteurin lächelte gezwungen. 

In Paris leben eine Menge Frauen. Aber die echten Pariserinen sind wir, ein paar Hände voll. Die Frauen, die Karriere machten und sich auch nur für die Karriere hingaben. Nur für die Karriere, nicht etwa einem Mann wegen. Nein, ich weiß das klingt hart, aber sie dienten eher zum Spaß. Zum Dampf ablassen nach der Arbeit. Und manchmal sogar als Unterstützung. Jede Frau kann sich das aussuchen. zu welcher Seite von Frauen sie gehören möchte. Für mich hat es mein Vater entschieden.

Er wollte sein einziges Kind genauso erfolgreich sehen, wie er es ist. Und so wurde ich zu der, die ich nun bin. Eine Pariserin.

 Das ist merkwürdig und sonderbar, alle schauen einen an, erkennen dich an deinem Aussehen. Aber gibt einem auch das Gefühl über dem Gesetzt zu stehen.

"Aber sprechen wir doch über  das Hier und Jetzt, Monsieur Griezmann. Wie leben sie momentan und vor allem mit wem?" Die Frau vor uns holte mich wieder in die Gegenwart zurück. Sie zwinkerte erst Antoine zu, dann mir.

Hä? Ich meine, warum?

Antoine war gerade am Antworten.

"Ich bin noch auf der Suche. Ein One-Night-Stand hier und da hilft. Es ist aber auch keine langzeit Lösung."

 Es überraschte mich, dass er so offen sprach. Damals war das anders.

"Und lassen sie mich raten", sprach sie nun mich an, " Sie sind Pariserin. Das reicht schon, nicht war?"

Wir alle lachten und ich murmelte ein halbherziges "genau".

Und damit war das Interview auch schon beendet. 




Forever Together ~ GRIEZMANN Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt