Abschied

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Meine Mutter bezeichnete mich schon immer als Spätzünder.
Ich begann erst mit vierzehn mir Gedanken über mein Äußeres zu machen, meine "weiblichen Rundungen", wie sie sie nannte, kamen erst mit fünfzehn zum Vorschein und meinen ersten Freund hatte ich mit sechzehn einhalb.
Aber ich bin nicht nur ein Spätzünder, nein, ich bin auch ein richtiger Pechvogel.
Ich werde buchstäblich vom Unglück verfolgt. Überall, wo ich hingehe, häuft es sich und klebt wie schwarzer Teer an mir.
Und es macht auch vor meinen Mitmenschen nicht halt.
Und so auch an diesem Tag. Es schreit geradezu nach Klischee, wenn ich sage, dass es an einem kalten Freitag im November passierte. Zufälligerweise war dieser Freitag der dreizehnte des Monats.
Es hatte den ganzen Tag Lastwagenfüllungen an Schnee gegeben und die Straßen waren vollkommen vereist. Beim Abendessen mit meiner Mutter lauschten wir der großbusigen Nachrichtensprecherin, die ich immer noch nicht für Voll nehmen konnte, während sie von unzähligen Unfällen berichtete, die sich an diesem Tag ereignet hatten.
Eigentlich hörte ich ihr schon gar nicht mehr zu und stocherte nur Abwesend in meinem Essen herum, als plötzlich Bilder eines Live Berichtes über den Bildschirm huschten. Das klirrende Geräusch einer Gabel ließ mich hochschrecken. Ich sah in das starre Gesicht meiner Mutter, die weiß wie eine Kalkwand auf den Fernseher starrte.
"Ein neunzehn Jahre alter Fahrer eines roten Mizubishi geriet soeben in einen Unfall. Wir berichten live von der Unfallstelle über das Geschehen."
Zu diesem Zeitpunkt kam mir überhaupt nich in den Sinn, dass Nathan einen roten Mitsubishi fuhr.
Als ich dann aber sah, wie die Rettungskräfte die kläglichen Überreste des Wagens nach weiteren Verletzten durchsuchten, fiel mir das verbogene Nummernschild des Wagens auf.
Ich konnte nicht glauben, was is sah. Noch vor Ort wurde er für tot erklärt, die Sanitäter konnten nichts mehr für ihn tun.
Mir wurde kotzübel und mein Abendessen landete halb verdaut wieder auf dem Teller. Als meine Mutter mir zu Hilfe kam, wurde mir bereits schwarz vor Augen.

Genug Liebe für zwei LebenWhere stories live. Discover now