Was kann ich groß über unsere Beziehung erzählen?
Die Weise, auf die wir uns kennengelernt haben war nicht wirklich romantisch, wie wir angefangen haben miteinander auszugehen auch nicht und unsere Beziehung war, wie soll ich es sagen, vorbei bevor sie wirklich begonnen hat.
Nathan war älter als ich und natürlich war meine spießige Mutter zu Beginn nicht einverstanden, als sie erfuhr, dass wir miteinander ausgingen.
Er sieht, um ehrlich zu sein, auch nicht aus wie ein geborener Schwiegersohn. Aber deswegen gefiel er mir umso besser. Er hatte einige Piercings, die das Küssen meist schwieriger machten, als man meinen mag, er war an fast jeder Stelle seines Körpers tätowiert und die Hälfte seines Kleiderschrankes bestand aus zerrissenen Oberteilen und Jeans.
Doch für mich war er perfekt. Er war alles, was ich nie sein dürfte, weil meine Mutter der Meinung war, dass es sich für eine junge Dame nicht ziemte.
Er war vielleicht nicht perfekt, aber jeder seiner Fehler, den ich kennenlernte, brachte mich dazu, mich noch stärker in ihn zu verlieben. Beispielsweise die eine schwarze Strähne, die bei jeder Gelegenheit von seinem Kopf abstand, völlig egal, was er auch versuchte. Ich liebte diese Strähne, weil sie so rebellisch wie er war. Er ließ sich nichts gefallen und seine Haare hatten, so wie er, ihren eigenen Willen.
Wir waren ein sehr ungleiches Paar. Ich wirkte in seiner Gegenwart noch kleiner als ich tatsächlich war. Aber was ist schon meine Größe von einem Meter vierundsechzig gegen seine eins zweiundneunzig.
Meine Haare waren so glatt, das selbst Lockenwickler versagten und seine Haare explodierten nur so vor Voluminösität.
Mein 0815 Brünett hatte keine Chance gegen sein Schneewittchen-Schwarz.
Und während er ein totaler Mädchenschwarm war, geriet ich schneller in die Friendzone, als meine Mutter fragen könnte, was diese ominöse "Frändsoun" ( frei interpretiert nach der Weise, in der sie es ausgesprochen hat) denn eigentlich ist.
Umso verblüffter war ich, als mich dieser Typ eines Tages aus heiterem Himmel ansprach. Bald stellte sich jedoch heraus, dass er mich nur mit jemandem verwechselt hatte.
Doch an diesem Tag hatte sich das Glück dafür entschieden, mich wenigstens anzusehen, bevor es wieder verschwindet. Irgendwie hatte ich durch ein Wunder seine Aufmerksamkeit erregt und wir begannen zu schreiben, uns zu treffen und dann kam mein Geburtstag.
Eigentlich feiere ich nie, aber Nathan hatte mich überredet mit ihm einen Film anzusehen. Er holte mich also zuhause ab und wir fuhren zu zweit auf seinem Motorrad in Richtung Innenstadt, zu meiner Verblüffung geradewegs am Kino vorbei und fanden uns bald auf einer abgelegen Landstraße wieder. Es kam mir erst etwas komisch vor, aber da ich wusste, dass ich den Absprung bei voller Geschwindigkeit nicht ohne einige Blessuren überstehen würde, hoffte ich, dass es sich um eine Überraschung und keine lang durchdachte Entführung handelte, um von meinen Eltern Lösegeld zu verlangen.
"Nathan?", fragte ich besorgt, "Wohin fahren wir?"
Als Antwort auf meine Frage hielt er an. Wir standen am Fuß eines Hügels, er nahm mich an der Hand und gemeinsam liefen wir nach oben.
Mein Atem stockte.
Vor mir erstreckte sich die schönste Aussicht die ich je gesehen hatte. Bevor ich etwas sagen konnte kam Nathan zu mir und flüsterte: "Happy Birthday, Alva."
Plötzlich wurde mir klar, wie nah er mir war. Mein Kopf war auf einmal völlig leer, als sich Nathan zu mir nach unten beugte und einen flüchtigen Kuss auf meinen Lippen hinterließ.