D für Drama, dumme Menschen und Dickdarm

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"Was zur Hölle?", keuchte Alice geschockt während sein Geist langsam unsichtbar wurde. "Ich habe...etwas gesehen. Diese Schönheit, diese Brillanz, das ist etwas, das ich bisher noch nie erlebt habe." "Was? Was hast du gesehen?", hakte Benjamin nach. Sie antwortete: "Ich glaube...deinen Verstand oder sowas. Ich habe deine innere Schönheit entdeckt." "Du spinnst", meinte der angeblich Schöne misstrauisch. "Das kaufe ich dir nicht ab." "Bitte glaube mir", flehte die Frau. "Ich denke, dass die Droge dich in das Innere eines Menschen sehen lässt", fuhr sie fort. Der kompetente Vater ihrer zukünftigen Kinder erwiderte angewidert: "Das ist doch ekelhaft! Also ich wollte nicht wissen, wie ein Darm wirklich aussieht."

"Viel Spaß beim Sezieren, Idiot", lachte Alice. Ben stieg in das schrille Lachen ein. Er konterte nach einigen Minuten: "Deshalb bin ich Drogendealer geworden. Dieser Job ist weitaus weniger ekelerregend als deiner. Und er ist interessanter. Man trifft viel nettere Leute, lernt viel über Chemie und so ein Zeug." Sie nahm die Provokation nicht als Vorlage für eine Diskussion, dafür war sie zu müde - woran alleinig ihr Beruf und John die Schuld trugen - und hasste die Schule zu sehr.
"Aber eines wundert mich", begann Alice ihre Rede. "Du bist auf der Straße aufgewachsen, hast dein Leben dort verbracht. Seit dem Kindesalter erlebst du täglich Schießereien und andere Verbrechen. Eigentlich müsste man meinen, du seist ein harter Typ, doch wieso hast du dann Angst vor menschlichen Innereien und Blut?" Benjamin zögerte, bevor er sprach. "Wenn du es wirklich wissen willst, erzähle ich dir meine Geschichte. Die Geschichte eines Mannes, der einfach nur eine liebevolle, nette Familie haben wollte. Das traf auf meine Mutter auch zu, sie war die freundlichste und lebendigste Frau, die ich je kennenlernen durfte. Nun ja, hin und wieder war sie streng. Aber sie tat alles für mein Wohlergehen." Er ließ ein kurzes Räuspern vernehmen, bevor er fortsetzte: "Eines Tages kam mein Vater von der Arbeit nach Hause. Er hatte wohl einen besonders schlimmen Tag gehabt. Und nachdem ich die beiden streiten gehört hatte, versteckte ich mich im Nebenzimmer. Sie hatten schon oft gestritten, aber noch nie so heftig. Meine Mutter hat versucht, ihn zu beruhigen, doch er war ein alter Sturkopf. Schließlich nahm er seine Pistole und zielte auf ihren Magen. Sie hatte großes Glück, dass mein Vater ein schlechter Schütze war, sodass die Kugel sie nur gestriffen hatte, aber so viel Blut...und so viel Fleisch." Die plötzlich einfühlsame Frau nahm ihn mitleidig in die Arme. "Du hast es gesehen, nicht wahr?", vermutete sie. Benjamin bejahte: "Er hat es vor meinen Augen getan. Als ich seine Pistole gesehen habe, bin ich ins Zimmer gestürmt, doch es war zu spät. Ich konnte gerade noch durch einen Schrei die Nachbarschaft alarmieren, bevor er einen zweiten Schuss hätte abfeuern können. Er war so ein Dreckskerl. Die Wunde hat sich nämlich dann entzündet. Sie konnte es nicht schaffen." Alice hatte Tränen in den Augen.

"Okay, das ist ein Grund", gab sie betreten zu. "Es tut mir leid, dass ich mit dem Thema begonnen habe." Auch ihr Freund würde vermutlich gleich das Geschehnis in Tränen ertrinken lassen. "Ist schon in Ordnung. Irgendwann muss ich es dir doch erzählen", murmelte er, mit den Gedanken in ferner Vergangenheit. Die Frau sah es ihm nach und schenkte ihm ein paar Minuten der Stille. Die Stille beschwerte ihren Geist und schön langsam fielen ihre Lider zu. Es war ein anstrengender Tag gewesen. Mit einem letzten Verstehen, wieso Benjamin weder Muttertage noch Vatertage leiden konnte, fiel sie in tiefen Schlaf.

* * *

Der Duft von heißem Kaffee ließ sie ihre Augen öffnen. Sie hatte viel zu lange schon kein Koffein mehr zu sich genommen. Schlaf war zwar auch gut, um wach zu bleiben, aber die Lösung war schließlich Kaffee. Alice nahm dankbar die Tasse entgegen, die Benjamin ihr lachend vor die Nase hielt und trank, bevor sie besorgt fragte: "Wie spät ist es? Sag nicht, du hast mich wieder verschlafen lassen! Ich muss verlässlich sein, wenn ich diesen Kindern ein Vorbild sein möchte." Betreten sah der Mann zu Boden. Er hatte bisher noch nicht auf die Uhr geschaut. Für ihn war das nicht so wichtig, zu wissen, wie spät es war. Falls jemand gerade Ware haben wollte, wurde ihm einfach eine SMS gesendet. Ein wenig altmodisch, aber effizient.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 09, 2016 ⏰

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