Pause

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Die Stunde verging wie im Flug. Keiner unterhielt sich über einen Nachmittag mit Fingernägellackieren oder im Whirlpool abhängen. Keiner redete über den nächsten Urlaub in den Hamptons oder in Vermont. Es war herrlich.
Es klingelte zur Pause und alle begannen ihr Zeug zusammenzupacken ohne auf Mr. Mouhle zu hören, der uns noch etwas über den 2. Weltkrieg erzählen wollte. Ich schloss mich Rith an, die ihren Spind ebenfalls in der Richtung hatte, in der auch meiner lag. Schüler in allen möglichen normalen Klamotten, und nicht in sexistischen Schuluniformen, strömten in die Gänge. War ich froh nicht mehr diesen schrecklichen Rock anziehen zu müssen und in Hosen rumlaufen zu können.
Ich tauschte mein Sportzeug und das Geschichtsbuch gegen Englisch, Mathe und Französisch, die nächsten drei Stunden auf unserem Stundenplan.
Bevor ich überhaupt dazu kam meinen Spind selber zuzumachen, knallte er so laut zu, dass ich erschrocken zusammenzuckte. "Verdammt nochmal, James!", rief ich, als ich meinen vorgeblichen Bruder breit grinsend dort stehen sah, wo vor zwei Sekunden noch meine Spindtür war. Ich boxte ihn in die Schulter und funkelte ihn an.
"Hey, Max, kommst du?", hörte ich Rith von ihren Spind aus rufen, wo sich schon Polly, Cassy, Angel und Kim zusammen gefunden hatten, die so ziemlich alle begonnen hatten James zu beäugen. "Dir ist klar, dass ich dir in der Pause an der Backe kleben werde?" Mein Blick kehrte zu James zurück, den ich fassungslos anstarrte. "Nee, oder?" Ich stöhnte auf, verdrehte die Augen und lief an ihm vorbei auf die Mädels zu.
Ich konnte hören, dass er mir folgte.
"Leute, das ist mein Bruder James. James, das sind Rith, Kim, Polly, Cassy und Angel." Fast alle hoben lächelnd die Hand abgesehen von Angel, die ihm bloß zunickte. Ich beschloss, dass sie wohl nichts dagegen haben würden, wenn er mitkam, so wie sie ihn anschmachteten, also schaute ich sie bloß erwartungsvoll an. Angel kam als erste in Bewegung und ich folgte ihr, was bewirkte, dass James mir hinterherlief und somit der Rest der Gruppe ebenfalls.
"Wieso läuft dein Bruder bei uns kleinen Mädchen mit anstatt bei den Jungs aus seiner Klasse?", fragte Angel mich.
"Großer-Bruder-Komplex. Er kann einfach nicht aufhören mich beschützen zu wollen.", sagte ich laut genug, damit James es auch hören konnte. Er holte auf und legte einen Arm um meine Schultern, als wir auf den Schulhof rausgingen. "Tja, nach allem, was wir durchgemacht haben, muss ich das ja wohl."
Ich schnitt ihm eine Grimasse und befreite mich aus seinem Klammergriff. "Hört sich an als hättet ihr beiden ziemlich gefährliches Zeug erlebt.", bemerkte Kim, während wir uns auf und um einer der Bänke, die zwischen den Bäumen in Schulhof standen, versammelten.
"Na ja, wenn man im East End aufgewachsen ist, hat man grundsätzlich schon einiges erlebt.", antwortete ich leichthin. Den anderen hingen die Münder offen. "Ich dachte, du wärst vorher auf der Wellwood gewesen?", hakte Rith nach, die ihre Aufmerksamkeit einen Augenblick von James losreißen konnte.
Und ihre Frage war berechtigt. Das East End ist ungefähr das dreckigste Loch in D.C. und Wellwood eine der teuersten Privatschulen des Landes.
"War ich auch. Wie gesagt, ich hab ein Stipendium dort bekommen. Ihr glaubt gar nicht, wie lange ich jeden Tag für die Aufnahmeprüfung gebüffelt hab."
Die anderen waren beeindruckt, aber es war die Wahrheit. Kein unwichtiger Grund dafür, dass ich mich an der Wellwood beworben hab, war die Karriere meines Vaters. Als die Tochter eines Präsidentschaftskandidat konnte ich nicht auf meiner High School im East End bleiben.
"Und du bist auch dort aufgenommen worden?" Damit drehte sich das Gespräch wieder zu James und ich war froh darüber. Er wusste besser, wie unsere und insbesondere seine Rolle in unserer Geschichte genau aussah.
"Nein, ich hab die Schule eigentlich abgebrochen. Es lief alles etwas drunter und drüber, aber das hat sich jetzt gelegt und ich hol hier meinen Abschluss nach."
Kim, Rith, Cassy und Polly nickten verzaubert, während Angel über ihr Verhalten die Augen verdrehte. Ich fühlte mit ihr.
"Hey Leute, hat irgendjemand von euch die Französisch Hausaufgabe?" Wie aus dem Nichts kam Rémi hektisch angerannt und ließ sich neben Polly und Kim auf den Boden fallen. Cassy kramte ihr Heft aus ihrem Schulranzen und über gab es ihm. James warf mir einen Blick zu, der wohl sagen sollte: "Abschreiben, was wird dein Vater wohl dazu sagen, dass du dich mit solchen Leuten umgibst?"
Ich verdrehte genervt die Augen und schüttelte leicht meinen Kopf.
"Du musst wissen, Rémi kommt nicht oft zum Hausaufgaben machen.", erklärte Angel mir. "SuperWhoLock nimmt seine ganze Freizeit ein, aber frag mich jetzt nicht, was das sein soll."
Rémi's Kopf schoss nach oben, sein Blick empört. "Ich hab dir mindestens zehnmal erklärt, was das ist! Und meine ganze Freizeit nimmt es nicht ein, es ist nur manchmal schwer sich davon loszureißen."
Er klang regelrecht beleidigt, aber die anderen kicherten bloß.
James' Hand wanderte unauffällig zu seinem Ohr und ich wusste genau, dass er dort über einen Knopf etwas von seinen Kollegen gesagt bekam.
"Die Pause ist gleich aus. Max, wir treffen uns fünf Minuten nach dem Gong an deinem Spind, klar?"
"Yes, Sir!" Ich salutierte ihm gespielt und er verschwand mit einem Blick auf die umliegenden Dächer, um sicher zu gehen, dass er mich nicht ungeschützt zurückließ.
Verwirrt drehte Rémi sich zu mir um. "War das nicht der Typ, der sich heute Morgen auf der Straße ausgezogen hat?"
Ich prustete los. "Das hast du gesehen?!" Er wurde rot. "Na ja, bei dem Oberkörper..." Ein Räuspern folgte. "Ist er dein Freund?"
Ich unterdrückte ein Lachen und schüttelte den Kopf. "James? Na hoffentlich nicht, ich steh nicht so auf Inzest."
Rémi's Wangen wurden noch röter und die anderen bogen sich vor lachen.
Die Glocke beendete das Gelächter und wir machten uns auf den Weg zu meiner ersten Englischstunde.

Jaaa ich weiß, es war nicht besonders originell, aber ihr wisst jetzt ein bisschen mehr über ihre Vergangenheit und über unseren kleinen Fanboy :)

X*x hailey

Dear Mr. PresidentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt