Epilog

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„Ich habe mir nun die Geschichte angehört. Beide Seiten."

Das Thing war schon lange vorbei, aber Egil hatte es geschafft, einige ältere Jarls bei sich zu versammeln, um über Marits Schicksal zu entscheiden.

Er selbst hatte immer noch gewisse Zweifel, was seine Urteilsfähigkeit anging. Auch wenn es ihm bewusst war, dass diese Frau bestraft werden musste, so hatte er immer noch Skrupel, obwohl sie ihm immer nur schaden wollte. Aber Familie ging ihm nun mal über alles.

Genau deswegen wollte er es einem anderen überlassen das Urteil über Marit zu sprechen.

Fara stand neben ihm und hielt seine Hand.

Immer wieder erstaunte es ihn, wie sehr ihre alleinige Anwesenheit ihn beruhigte.

Er holte tief Luft und lächelte sie an.

Thorvald, der älteste anwesende Jarl rieb sich nachdenklich über die Nase.

„Eigentlich ist es uns bewusst, dass Marit eine höhere Stellung innehatte. Diese hat sie allerdings durch ihr Verhalten verspielt. Ich habe mir erlaubt auch mit anderen zu reden. Mit Marits Töchtern und mit einigen Bewohnern dieses Gutes hier."

Egil blieb ruhig, während Marit auf kreischte.

„Keiner von ihnen hat eine gute Meinung von mir! Sie sind alle gegen mich, weil ich die Einzige war, welche die Wahrheit erkannt hat."

Thorvald sah sie böse an.

„Zügle deine Zunge, Weib! Es ist wahr! Keiner hat ein gutes Haar an dir gelassen und die meisten bewunderten Egil dafür, dass er dich trotzdem so lange behalten hat."

Marit schnaubte empört auf.

„Keiner von ihnen ist hoch genug gestellt über mich zu urteilen!"

Thorvald lächelte sie an.

„Und wer, deiner Meinung wäre denn geeignet dazu?"

Marit zuckte arrogant mit ihren Schultern.

„Die Götter!"

Thorvald nickte.

„Deswegen haben wir beschlossen, dass du verbannt wirst. Da dir niemand einen Mord nachweisen kann, können wir dich auch deswegen nicht zur Rechenschaft ziehen."

Marit grinste selbstgerecht, doch Egil wusste, was das bedeuten konnte.

Auch Thorvald zeigte wenig Verständnis dafür.

„Außerdem wirst du Egil eine Geldbuße bezahlen. Er hat dich versorgt mit einem Dach über den Kopf und Essen. Sogar für Kleidung hat er gesorgt. Und du hast dies alles mit Füßen getreten, als du seiner Frau geschadet hast! Wir beschlagnahmen deinen Besitz, da wir annehmen, dass alles von Egil kommt!"

Marit wurde auf einmal kreidebleich.

„Ihr könnt mich nicht mittellos verbannen!"

Thorvald zuckte mit den Schultern.

„Können wir nicht? Du hast selbst gesagt, dass nur die Götter über dich urteilen können. Und das werden sie."

Er winkte den Wachen zu, welche die kreischende Marit aus dem Langhaus führten.

Egil sah zu Farah.

„Bist du zufrieden damit?"

Sie lachte leise.

„Ich bin zufrieden, wenn du es bist. Und ich sehe es dir an, dass es so ist."

Sie küsste ihn kurz auf die Wange und ging dann zu den anderen Frauen, um das Essen auf den Tisch zu bringen. Nach so einem Tag war es üblich, dass gefeiert wurde.

Und nun hatten sie allen Grund zu feiern.

Ja, Egil war zufrieden mit dem Urteil.

Auch wenn sie alles verdient hätte war ihm nicht wohl bei dem Gedanken eine Verwandte zum Tode zu verurteilen. Aber mit einer Verbannung konnte er leben.

Cyr und Randulf näherten sich ihm.

„Du scheinst zufrieden zu sein.", fing Cyr vorsichtig an.

Egil schnaubte.

Warum fragten ihn das alle?

„Ja, es ist ein gerechtes Urteil. Ich stelle mich nicht dagegen."

Randulf grinste.

„Du bekommst ihre ganze Habe. Wenn es nach einigen Leuten geht, würden sie Marit am liebsten ohne irgendetwas davon jagen. Doch ihre Töchter haben ein wenig Mitleid mit ihr. Sie werden ihr ein Pferd und ein kleines Paket zur Verfügung stellen."

Trotzdem war sich Egil sicher, dass Marit nicht lange überleben würde.

Auch wenn es sich anders anhörte, war die Verbannung mit einer Todesstrafe gleich zu setzen.

Jeder Wikinger hatte das Recht einen Verbannten zu töten oder ausrauben zu lassen.

Aber das war dann nicht mehr sein Problem.

„Wann wirst du Fara nun endlich heiraten?", fragte Cyr.

Egil lächelte leicht.

„Noch bevor du wieder deine Heimreise antrittst. Es wird so langsam Zeit!"

Cyr nickte zufrieden.

„Es ist schade, dass sie sich für ein Leben hier bei dir entschieden hat. Allerdings kann ich sie nun verstehen. Hier hat sie zum ersten Mal das Glück gefunden, dass ihr so lange verwehrt geblieben war."

Er schlug Egil lachend auf die Schulter.

„Aber du weißt, dass ich sie zu mir hole, wenn du einen Fehler machst!"

Egil grinste.

„Das werde ich schon nicht! Ich habe lange genug auf so eine Frau warten müssen!"

Kaum hatte er das gesagt, verließ er die zwei und ging zielstrebig auf Fara zu. Er schnappte sie und warf sie sich über die Schulter.

„Egil!", kreischte sie. „Die Gäste! Die Feier! Ich muss arbeiten!"

Er tätschelte leicht über ihren Hintern und ging mit ihr in ihre Räume. Das Gejohle seiner Männer dröhnte ihnen hinterher.

„Oh, mein Weib, wir werden feiern. Aber anders, als du es dir wahrscheinlich vorgestellt hast!"

-ENDE-



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Mir ist klar, dass einige mit dem Urteil über Marit nicht einverstanden sind und sich lieber ein "blutigeres" Ende gewünscht hätten. Allerdings habe ich lange recherchiert. In so einem Fall war es wirklich nur möglich, die betreffende Person zu verbannen. Nur Mord war mit der Todesstrafe zu belegen. Da ich doch so nahe an der Realität bleiben wollte, blieb mir nur die Verbannung. Die war allerdings mit der Todesstrafe gleich zu setzen. (Wie ich ja auch geschrieben habe)

So, ansonsten hoffe ich, euch hat der Miniroman gefallen.

Danke an Ramona, Nancy, Melanie und Cole die mich bei allem unterstützen, was ich so von mir gebe und auch alles immer lesen!


Ich hoffe, ich sehe den einen oder anderen Leser auch in meinen anderen Romanen.
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Noch eine kleine Anmerkung. Nachdem ich so viele Anfragen bekommen habe, schrieb ich einen Folgeroman. Eirik ist der Sohn von Egil und Fara. Ihr erfahrt auch, wie es mit den zwei weiter geht.
Wenn euch Rette mich! gefallen hat, habt ihr vielleicht auch Spaß mit Eirik.

Und nun fange ich mit dem letzten Band der Wikinger-Reihe an. Tjelvar!

Rette mich!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt