Pasta der Monats

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Herr Fischer, Herr Fischer

"Bist du dir deiner Sache wirklich sicher, Kapitän?", frage ich den weißbärtigen Schiffsführer mit versucht beiläufiger Stimmlage. Sein Blick ist starr auf die stürmischen Weiten des Atlantiks gerichtet, als er über das Tosen der einschlagenden Wellen hinweg antwortet: "Hinterfrag mich nicht jedes Mal, du vorlauter Bengel!" Sein barscher Tonfall verfehlt seine gewünschte Wirkung keineswegs, denn mein Blick wandert für einen Moment gen Boden.

"Wir werden diese Inseln bereisen und wenn da wirklich so viele Schiffs- und Flugzeugunglücke geschehen sind, wird es da richtig fette Beute geben!", blafft der alte Seebär, während ein kurzes Grinsen über sein narbiges, sonnengegerbtes Gesicht huscht. Sicher aus Vorfreude. Mein Kapitän ist bekannt für seine unersättliche Gier. Wäre die Bezahlung und sein ansteckender Ehrgeiz nicht Anreiz für mich, würde ich dem alten raffgierigen Bastard mehrere Kugeln zwischen die Augen jagen.

Mit mehreren ruckartigen Bewegungen, reiße ich mich selbst aus den ablenkenden Gedankengängen und widme mich wieder dem Ablesen der Navigationswerten. "Alles normal soweit", bete ich vor mich hin. Ist zu so einer Art Ritual geworden. "Keine Auffälligkeiten", füge ich konzentriert hinzu, während mein Blick zwischen dem blinkenden Nautik-Radar, den diversen Kompassen und die Ferne des Atlantiks wechselt. Das Wetter hätte definitiv besser ausfallen können. "Die See ist eine raue Mutter, was, du Landei?", rezitiert der alte Kapitän amüsiert, wie so oft. Ein gequältes Seufzen meinerseits ist die Antwort.

Seit unserer ersten gemeinsamen Segelfahrt, bringt dieser alte Penner solche nervigen Phrasen. Wenn ich nur könnte, wie ich wollte, doch dann müsste ich das sowohl meiner als auch seiner Familie beibringen. Kein allzu förderlicher Gedanke.

"Stell die Frage", beginnt eine fremde, verschwommene Frauenstimme zu hauchen. Mein Körper reagiert darauf mit einer eisigen Gänsehaut. Die Stimme kommt von meiner Rückenseite aus. Wunderschön betörend. Ich habe das unbeherrschbare Verlangen, diese Stimme erneut zu hören. Wirbele um. Nichts in Sicht. "Welche Frage?", erwidere ich mit etwas brüchigerer Stimme. "Was willst du?", ranzt mich mein Kapitän barsch an, während sein Blick das erste Mal vom Meer abweicht. Seine Adleraugen mustern mich eindringlich. Dieser Blick bringt mich wieder auf den Boden zurück. Hab mir das vermutlich nur eingebildet, zu lange Zeit auf dem Meer verbracht. "N-Nichts. War nur ein... Tagtraum, schätze ich", gebe ich unterwürfig zurück. Der Seebär lacht lustlos auf und wendet sich wieder der Meerseite zu. Damit sagt er mir, dass solche Banalitäten seiner Aufmerksamkeit absolut nicht würdig sind. Ich seufze schwer und widme mich wieder meiner Arbeit. Als mein Blick auf die navigatorischen Gerätschaften fällt, durchfährt mich ein kurzer Schock.

  "Kapitän? Die Gerätschaften. Das, ehm... das müssen Sie sehen!", stottere ich leicht panisch. "Was denn jetzt wieder!?", blafft er immer genervter, doch als er die verrückt spielenden Geräte sieht, wird seine Stimme spürbar freundlicher: "Okay. Das ist merkwürdig. Aber damit war hier zu rechnen. Wir werden geradewegs weitersegeln!" Seine Worte wirken überhaupt nicht so, wie er es sich scheinbar gedacht hat. Die Nadel der Kompasse drehen sich permanent, was mir eine Sache klar offenbart: Wir segeln blind. "Stell die Frage!", wiederholt die verschwommene Frauenstimme und für einen kurzen Moment habe ich das Gefühl, vor dem breiten, vom Regen verwaschenen Sichtfenster eine verzerrte Gestalt wahrzunehmen. Die Gänsehaut ist wieder da und mir ist, als würde mein Geist ohne mein eigenständiges Zutun eine Frage im Geiste formen. Mein Mund bewegt sich von selbst. Ohne, dass ich den körperlichen Befehl gegeben habe, spreche ich die entscheidende Frage: "Herr Fischer, Herr Fischer, wie tief ist das Wasser?"  

Kapitel 1: 20.11.1897

"Hey August. Wie ist der Kurs?", fragte ich meinen kränklich wirkenden Ersten Maat. Jener antwortete nicht sofort. Mich beschlich der äußerst unangenehme Gedanke, dass mein jahrelanger Gefährte, welcher mich bei zahllosen Seefahrten begleitete, einer dieser tückischen Seefahrerkrankheiten anheimfiel. Wir waren bereits seit einigen Wochen unterwegs. Denn obschon unser Kahn durch den schier rasanten technischen Wandel sich einiger netter Aufrüstungen erfreute, würde unsere Reise noch einige lange Zeit in Anspruch nehmen.

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